Landleben.
Ich hatte während dieser Tage in dem, unmittelbar neben
dem meines Wirthes, gelegenen Hause des Herrn Cätschik gewohnt,
des armenischen Pächters der petroleum - Quellen, den
ich in Rangun kennen lernte, und der die Güte gehabt hatte, an
seine Freunde in Mandalay zu schreiben. mich sein leer stehendes
Haus bewohnen zu lassen. Da es für eines der besten in der
Stadt galt, wunderten sich dieselben sehr, dass ich es nur provisorisch
occupiren wollte und fortfuhr, nach einem anderen Logis
zu suchen. Indesa waren-es mancherlei Gründe, die mich dazu
bewogen. Mein Besuch Birma’s hatte zum vornehmsten Zweck
das Studium des Buddhismus; aber ich hatte doch aus vielfachen
Gesprächen in Rangun so sehr die hohe Wichtigkeit einer Wiederaufnahme
des alten Landweges nach China via Bhamo erkannt,
dass ich meinen Aufenthalt im Lande gerne zugleich für einen
kurzen Ausflug durch die angrenzenden Gebiete benutzt hätte.
Solche Unternehmungen waren, wenn beabsichtigt, immer vereitelt
worden, weil Ausländern*) von dem Könige, der ihr Freund
nicht ist — und aus sehr natürlichen Gründen —, nicht erlaubt
wurde Uber Mandalay hinauszugehen, und sie nur bis zu dieser Stadt
in sein Reich eingelassen waren. Nur dem Chef der französischen
Mission, Bischof Bigandet, und dem englischen Missionär Kin-
*) No foreigners (sagt Hannay), except the Chinese, are allowed to navigate
the Ifawaddi above the choki of Tsampaynago and no native of the country even
is permitted to proceed above that post, excepting under a special license from
the government.
caid war es gelungen, einmal bis Bhamo vorzudringen. Weiter-
hinaus sollten noch die Unruhen in Yunan, zwischen Mohame-
danern und Buddhisten, ein grosses Hinderniss sein, derentwegen
auch die sonst jährlich die birmanische Hauptstadt besuchende
Caravane oftmals ausblieb.
Die Abneigung des Königs kennend (die jetzt durch den
Friedensschluss hoffentlich beseitigt sein wird), hatte ich gedacht,
in Mandalay ruhig für einige Zeit zu verweilen, bis ich der
Sprache völlig mächtig wäre, und dann unerkannt, oder wenigstens
unauffällig, weiter zu reisen. Ein eigentliches Verbot bestand
nicht, aber der Fragende war sicher abschläglich beschieden
zu werden. In diesen Plan konnte mir meine damalige Wohnung
nicht passen. Nicht nur wurde ich beständig um medicinische
Besuche angegangen und dadurch von meinen sonstigen Beschäftigungen
abgezogen, sondern ich wurde auch viel bekannter, als
mir lieb war. Das Haus des Herrn Ter - Minas war schon an
sich der Sammelplatz der Armenier, und viele vornehme Birmanen
kamen auch oft Geschäfte wegen dahin. Vater Abbona, das Haupt
der katholischen Mission, Herr Camaretta, der portugiesische
Minister des Königs, und der sogenannte Kalawun, d. h. ein
Armenier, der von dem Könige als Consul der Fremden bestellt
war, gaben mir beständig Winke, dass es passend sein würde,
beim Könige üm Audienz zu bitten, und bei weiterem Drängen
würde ich keine passenden Ausflüchte mehr gefunden haben, ihr
zu entgehen. Und dem Könige bekannt zu werden, war gerade,
was ich zu vermeiden wünschte. Nachdem ich ihn einmal gesehen
und von ihm gehört hätte, dass Reisen im Norden ihm nicht
lieb sei, wäre die Ausführung nur schwieriger geworden. Ich
glaubte nun, wenn ich mich in einem abgelegenen Dorfe in der
Umgegend Mandalay’s einquartierte und mich dort still verhielte,
dass nach einiger Zeit mein Dasein wieder aus dem Gedächtnisse
verschwinden würde, und ich hatte deshalb schon seit länger
meinem Diener dahin gehende Aufträge gegeben und war selbst
oft mit ihm in der Nachbarschaft umhergestreift, um eine passende
Localität zu finden. Ich fand sie schliesslich auch, aber die Sache
wendete sich in einer sehr verschiedenen Weise.