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 Möglichkeit  eines  günstigen  Einflusses,  der  sich  auf ihre Civilisi-  
 rung  ausüben  liesse.  Ich  bin  oft  gefragt  wofden,  wie  die  
 Chinesen, wenn  sie  alle  die Fortschritte  unserer hohen Kultur in  
 Dampfschiffen,  Eisenbahnen,  Telegraphen  vor  sich  entfaltet  
 sähen,  doch  immer noch  in  ihrem  selbstgefälligen  Stolze  und  der  
 Verachtung  der  Barbaren  verharren  könnten.  Die  Sache  liegt  
 inde.->s  sehr  einfach.  Sie  läugneh  nicht,  dass  wir  in  gewissen  
 Künsten weit fortgeschritten  sind,  aber  dies  sind  in  ihren Augen  
 die  handwerksmässigen  KünSte  mechanischer  Fertigkeit.  Sie  
 constituiren  für  sie,  da ihnen  der Sinn  für den naturwissenschaftlichen  
 Forschungsgang  fehlt,  noch  nicht  eine Ueberlegenheit in  
 dem, was den denkenden Menschen ziert und auszeichnet.  Um ihre  
 geistigen Erzeugnisse gegen die der  fremden Barbaren abzuwägen,  
 ist  ihnen  die Vergleichung  leicht  genug gemacht.  Sie  nehmen  
 eines jener in Hunderttausenden über ihr Land geschwemmten und  
 zu Krämerdüten verbrauchten Tractätchen,  das  in  einem  für  sie  
 gräulichen  Jargon  und  oft  ebenso  gräulicher Logik  jedem  „be-  
 nighted native  of China“,  so  gut wie  „of Germany“  erklären  soll,  
 was kein Verstand der Verständigen versteht, und stellen diese Production  
 gutgemeinten  aber  schlecht verwendeten Eifers  neben die  
 Werke  ihres  Confucius  und  anderer grossen Philosophen.  Der  
 Beweis  liegt  dann  schwarz  auf  weiss  vor.  Vielleicht mag man  
 sich  trösten,  in China vor  dem  ältesten Culturvolk zurückstehen  
 zu  müssen,  mit  dem  selbst  die  gelehrten  und  vielgewandten  
 Jesuiten  schwer  zu  schaffen  hatten;  aber  haben  wir  doch  die  
 Schande  erlebt, dass  ein hochgestellter Würdenträger  sich von den  
 wilden  Schwarzen  in  seinen  eigenen  Religionsschriften  unterrichten  
 lassen musste.  Er hatte  sich  in Europa gescheut,  die verpönten  
 Bücher  zu  lesen  und  sah  sich  jetzt  gezwungen,  sie  in  
 Afrika  aus  der Natur  zu  lernen.  Manche  der Missionäre  sehen  
 selbst das Verkehrte der vorgesehriebenen Masssegeln  ein, können  
 aber  allein  nicht  gegen  das System  ankämpfen.  In meiner Erinnerung  
 leben  die  Bilder  lieber  und  werther  Bekanntschaften  
 edler Männer  der  protestantischen  Gesellschaften,  die  das  Gute  
 nicht nur wollten, sondern auch schufen, und unter den katholischen 
 Missionären muthiger Glaubenskämpfer, die  in völlig  entsagender  
 Hingebung ihr Leben der Erreichung des vorgesteckten Zieles weihten. 
   Und mit.solchen Kräften allerdings  Hessen  sich grosse Resultate  
 gewinnen, lägen nicht die Schwierigkeiten  in der Sache  selbst. 
 In  Hinterindien  wurde  ich  einst  von  einer  trefflichen  
 Dame,  der Frau  eines Missionärs  und von  den besten Absichten  
 geleitet,  durch  ihre  Schule  herumgeführt.  Sie  examinirte  die  
 Kinder  in Geographie,,Geschichte,  Rechnen  u.  s.  w.,  worin  sie  
 recht  gute  Antworten  gaben,  und  hatte  es  vernünftigerweise  
 unterlassen,  wie  in  einigen  Instituten  der kaum  an Kleider gewöhnten  
 Karen  geschieht,  einen Unterricht im Klavierspielen  und  
 ’Sticken  hinzuzufügen.  Dann  sagte  jedes Kind  sein Sprüchlein,  
 und  auch  das war  recht hübsch  und  schön.  Die Kleinen waren  
 zwischen  6 — 11  Jahren,  meist  frisch  aus  ihren Wäldern  oder  
 Dörfern,  und  für  ihr Alter,  wie  in  Indien  überhaupt, sehr aufgeweckt. 
   Darauf kam  die Bibelstunde.  Ich  sass neben  ihr,  und  sie  
 sagte:  Nun  Kinder,  dieser  Herr  wird  auch  eure  Zweifel 
 lösen können  und  uns  eine - genauere Erklärung geben.  Sehen  
 Sie,  lieber Doctor,  wandte  sie  sich  an  mich,  wenn  ich  anfange  
 die Bibel  zu  lesen,  so  nehmen  meine  Schüler  immer gleich  an  
 den  ersten Versen  der Genesis Anstoss.  Sie  fragen,  woher das  
 Licht gekommen,  und wie von Tag und Nacht gesprochen werde,  
 ehe  es noch Sonne  und Mond gab.  Sie nannte mir die verschiedenen  
 Erklärungen,  die  sie  aus  den den Missionären  als Hülfs-  
 büchern  gegebenen Bibelcommentaren  geschöpft  hätte,  und von  
 denen  die  eine  der  buddhistischen  Idee von  den  selbstleuchtenden  
 Körpern  der Byamha  ziemlich  nahe  kam,  aber  die neugierigen  
 Gamin’s,  die mit ihren  lebhaften Augen  an  unserm Munde  
 hingen,  schienen  dadurch  nicht  befriedigt.  Ich  rieth  ihr,  die  
 Sache  möglichst  allegorisch  zu wenden,  um  dem  Geiste  freien  
 Spielraum  zu lassen,  doch  der das Wissen  suchende Zweifel muss  
 sich  zuletzt  meist  mit  dem Glauben  abfinden.  Der frische Sinn  
 sträubt sich, das Undenkbare  zu denken,  aber:  der Bien  der muss. 
 Auch mein Herr Professor wollte mich auf das Glatteis  führen.  
 Er hielt einen Vortrag Uber den  ewigen Umschwung der Kalpen,  
 wo  nach  den  unveränderlichen Gesetzen  des Werdens  aus  zer