gewandten Höflinge des Prinzen hatten früher vielfach in Gesprächen
durch Querfragen heraus zu bringen gesucht, wie es
eigentlich mit den Papieren stünde, die sie wussten, dass ich
aus Rangun mitgehracht hätte. Auch Uber meine Nationalität
wünschten sie in’s Klare zu kommen. Ich hatte ihnen nie verhehlt,
dass ich ein Deutscher sei, obwohl ich den Namen erst erklären
musste und ziemliche Mühe hatte, ihnen die Vorzüge unserer
bundestäglichen Verfassung klar auseinander zu setzen. Die
Verständigeren indess begriffen die republikanischen Einrichtun-
-gen meiner Vaterstadt, worüber sie sich gern unterhielten, und
dadurch zur Erkenntniss ihrer eigenen Sclaverei zu kommen
schienen. In diesen geographischen Lectioneri hatte ich indess
die anglosächsischen *) Beziehungen zwischen Deutschen und
Engländern in solcher Weise zusammengeknotet, dass ihr Kopf
Mühe haben musste sie wieder zu entwirren, und war das schon
durch die Natur der Sache gegeben, da auf so weiter Perspective
kleinere Unterschiede von selbst verschwinden. Der mit den
Flotten über die Erde getragene Nimbus des englischen Namens
war damals meine einzige Protection (denn die deutsche See-
Expedition Preussens hatte die Küsten Birma’s nicht berührt),
und ohne die Zeilen des Gouverneurs von Rangun hätte ich mich
weniger sicher gefühlt. Dieselben bedeuteten an und für sich
nichts, aber ich hütete mich wohl sie zu zeigen, und spielte nur
bei Gelegenheiten in einerWeise darauf an, dass die birmanische
Phantasie Spielraum hatte zu Vermuthungen. Und das ist für
sie genug, um sich ins Geheimnissvolle zu verlaufen. Weiteres
würde riskant gewesen sein. Auch in den vagsten Ausdrücken
durften nur solche Worte gebraucht werden, von denen ich
nöthigenfalls jedes einzelne vertreten konnte, denn hätten sie bei
ihren stets von einem ändern Punkte erneuten Kreuzexamina-
tionen einen Widerspruch ertappt, so wäre ihr Recht des Stärkeren,
das sich immer in Schach halten lässt, ein sanctionirtes ge*)
Auch in Afrika und auf den Südsee-Inseln werden gewöhnlich die Deutschen
von den Eingebornen in nähere Beziehung zu den Engländern gesetzt,
während sie wieder Franzosen und Portugiesen neben einander stellen.
wesen und hätte dann um so weniger Rücksichten gekannt.
Nothlügen sind Lügen, die unnöthige Noth machen und jede
Verletzung der Wahrheit ist eine Dummheit, weil sie sieh selbst
bestrafen muss. Im Uebrigen war die Stellung der Fremden in
Mandalay zu der Zeit eine ganz und gar schutzlose. Ein Friede,
wie oben bemerkt, war selbst mit England nicht abgeschlossen,
und obwohl Dr. Williams sich schon seit einiger Zeit in Rangun
aufhielt, hatte er doch noch keinen officiellen Charakter. Deshalb
würde seine Unterstützung, wenn ich vielleicht im äussersten Falle
darauf zurückgekommen wäre, auch nicht weit haben gehen können,
und ausserdem war er gerade damals temporär selbst nicht zum
besten am Hofe angeschrieben. Ausser auf ihn, würde ich mich
aber auf'Niemanden in Mandalay haben verlassen können, und
ich wohnte nicht einmal in Mandalay, sondern im Palaste, was
eine Stadt für sich ist. Mit den intriguanten Armeniern hatte
man besser so wenig zu tliun, wie möglich, und mein alter Freund,
der allerdings auch kein Mann der That gewesen sein würde, war
ohnedem auf einer Geschäftsreise in Rangun abwesend.
Auch mein Lehrer blieb fort. Er war nur anfangs einmal
gekommen, um auszuhorchen, „ob ich vielleicht ändern Sinnes
geworden. Ich empfing ihn wie gewöhnlich und bat ibn, unsere
Stunden zu beginnen. Aber dafür war es ihm zu eng auf der Brust,
denn auch er litt unter der Ungnade seines Schülers. Da er mich
so entschieden gegen ärztliche Praxis sah, fragte er, ob ich nicht
sonst etwas verstände von den praktischen Dingen, die der König
einzuführen suche, vielleicht die Goldmacherkunst, oder doch
Anlegung einer Glasfabrik oder Porcellan zu verfertigen oder
Aehnliches. Ich sagte ihm, der Beruf, zu dem ich gehöre in
Europa, kenne die theoretischen Regeln dieser technischen Verfah-
rungsweisen, beschäftige sich indess selten mit der praktischen
Ausführung, und abgesehen davon, wie er wisse, sei mein Ziel
ein anderes. Ich wäre nach Birma für Kenntniss der dortigen
Bücher gekommen und Gelderwerb wäre so wenig mein Zweck,
dass mir im Gegentheil die Reisen Geld kosteten. Ausserdem
wäre ich mein eigener Herr und wünsche zu thun und zu lassen,
was mir beliebe. Das kam ihm nun allerdings etwas kraus vor,