Product auf Frische nicht ankömmt, so haben sie ein Auskunftsmittel
gefunden, um ihre Hände nicht mit unschuldigem Blute
zu beflecken. Die gefangenen Fische werden nicht getödtet,
sondern nur in die Sonne gelegt, um sie nach der langen Nässe
zu trocknen, und wenn sie über diese gute Absicht absterben
sollten, so ist es nur ihre eigne Schuld.
Ich habe oft diese Quälereien mit ansehen müssen, und die
gemarterten Thiere thaten mir in der Seele weh. Ein Buddhist
sucht aber nur die That zu vermeiden, da die Absicht kein Kamma
erzeugt. Einmal Gestorbenes kann Jeder essen, selbst Ochsen
und Kühe, obgleich ihre Tödtung im alten Birma gleich dem
Menschenmorde mit Enthauptung bestraft wurde. Kein Tisch ist
reichlicher mit Fleischspeisen versehen, als der des Pungyi
und wiewohl die strengem unter ihnen selbst das Kochen von Reis
verdammen, da dadurch lebendes Princip vernichtet wird, so erhöht
das Selbstbewusstsein ihrer Unschuld nur den Appetit, wenn
er ihnen schon gekocht gebracht wird. Auf den Märkten Birma’s
werden deshalb für scrupulöse Seelen die Hühner auch schon
getödtet verkauft, indem entweder ein ungläubiger Mohamedaner
oder ein für Geld feiler Sündenbock sie in den gewünschten Zustand,,
versetzt hat. In Dörfern, wo die Puugyi’s grossen Einfluss
besassen, zeigten sich die unerwartetsten Schwierigkeiten,
Nauch nur Eier aufzutreiben, da die Eigenthümer überlegten, dass
der Koch ihr Lebensprincip durch siedendes Wasser zu tödten
beabsichtigte. Gewöhnlich indess sind sie indifferent gegen das,
was geschieht, wenn sie es nicht selbst thun, und die Dorfältesten
haben mir manchmal den Wink gegeben, dass ich das gewünschte
Huhn, das der Eigenthümer zu verkaufen weigerte,- erschiessen
sollte und ihm das Geld, nicht als Blutpreis, sondern als Geschenk
geben möge. Am fruchtbarsten in Schleichwegen, ihr Gewissen
zu betrügen, sind die Pungyi’s selbst. Nach dem Patimok ist
es ihnen verboten, nach der Mittagsstunde zu essen, es ist ihnen
aber nicht geboten, genau zu wissen, wann es Mittag ist. Der
Priester sitzt in seiner Zelle mit dem Rücken gegen die Sonne,
so dass er sie nicht sehen kann, und ruft den aufwartenden Knaben,
ihn fragend, ob es schon Mittag ist. Der durch gewisse Wort-
Henzadah. 17
Wendungen der stereotypen Paliformel instruirte Schüler antwortet,
dass es noch hoch am Vormittag sei, und der Meister
lässt sich dann die verbotenen Speisen bringen. Die Sünde des
Knaben ist nur die der Lüge, und hat bei seinem jugendlichen
Alter nicht viel zu bedeuten, wogegen die Sünde des die Gesetze
des Patimok übertretenden Priesters schwere Büssungen erfordern
würde.
Nachdem wir die nächste Nacht in der Nähe einiger Karen-
häuser zugebracht hatten, langten wir am folgenden Morgen in
Henzadah an, eine Stadt, deren Häuser sich für eine weite
Strecke auf'dem Flussufer aneinander reihen. An dem Landungsplätze
waren kleine Stöcke, mit rothem Papier umwunden,
in Kreisen aufgesteckt, unter aufgespannten Sonnenschirmen,
uud die Bootsleute erklärten mir, dass dies die Opfergabe irgend
eines Kranken sei, dem Nat (Dämon) des Wassers dargebracht.
Freundliche Güte hatte mich mit Empfehlungsbriefen an
Capitain Plant versehen, den Bevollmächtigten Henzadah’s, und ich
fand ihn, nicht zu Hause, aber auf dem Bureau, wo er mir mit
englischer Gastfreiheit seine Wohnung zur Disposition stellte
und mich bat, dort selbst den Wirth zu spielen, bis ihm am
Abend die Beendigung der Gerichtsgeschäfte erlauben würde
mich zu empfangen. Das Haus war birmanisch gebaut, aber
englisch eingerichtet. Es stand in einem nach europäischer Weise '
hübsch arrangirten Garten, dem eine verfallene Pagode mit
einem Colossalbild Gautama’s die. pittoresque Characteristik des
Landes beifügte.. Als in der Feierstunde Capitain Plant zum
Spazierritt nach Hause kam, zeigte er mir auf dem Wege eine
fünfseitige Pagode (Ngamena-paya) als die Merkwürdigkeit der
Stadt, und in einem ändern Viertel eine Glocken-Pagode, die die
Kürbiss-Pagode (Budipaya) oder auch die runde Pagode (alon
paya) genannt wurde und der Form des ursprünglichen dagob am
nächsten kommt. Als wir zurückkehrten, stand das Souper d. h.
das in Indien auf die späten Stunden der Kühle verschobene
Mittagessen bereit, und ich verbrachte die Stunden in Gesprächen,
die mir für meine Reisezwecke ebenso interessant als
förderlich waren. Während meiner Reise durch die englischen
B .a .s tia n , Ostasien. II . 9