Molmein und Amherst.
Am nächsten Morgen fuhr ich nach Molmein hinüber und
wurde von Herrn Brooks unter sein gastliches Dach aufgenommen,
29. August.
Ich machte die Bekanntschaft des Oberst Fitch, des Gouverneurs
der Provinz, der für jedes Ansuchen ein geneigtes Ohr hatte
und gern durch die ihm zu Gebote stehende Macht die Bestrebungen
der Wissenschaft förderte, des Missionärs Hough, der sein
im ersten birmanischen Kriege vor der in Bangun *) drohenden
Gefahr bewahrtes Leben noch jetzt ungeschwächt erhält, des Missionärs
Wade, der zu den Pionieren der Karen-Mission gehört, des
Missionärs Haswell, des besten und fast einzigen Kenners der aussterbenden
Taleinsprache, des Lehrers Marr, dessen neugegründete
Schule grosses Aufblühen versprach, und vieler anderer Herren,
mit denen mir der Umgang ebenso angenehm als lehrreich war;
aber meine Gesundheit zwang mich, etwas zu thun, da ich an beständigen
Schwindelanfällen und Ohnmacht litt. Herr Brooks war
die Fürsorge und Freundlichkeit selbst, und ich konnte keine
bessere Pflege als in seinem Hause finden, doch wurde auf ärztliche
Berathung ein Besuch in Amherst für eine Seebade-Kur am
*) As the english fleet approached, theRewoon in Rangoon ordered to imprison
all English, then all Europeans, but not to interfere with other nationalities
rescinded the order to all persons, who wore the English hat, including the
American missionaries (Havelock). Der Befehl zum Erschiessen war schon gegeben,
als der Donner der ersten Kanonenschüsse die Birmanen in die Flucht
jagte.
passendsten gefunden. Eine Nachtfahrt zu Boote brachte mich
dorthin und am nächsten Morgen konnte ich durch Oberst Fitch
gütige Vermittelung den dort für die Bequemlichkeit derOfficiere
und Regierungsbeamten erbauten Bungalow beziehen. Moung
Lin war wieder bei mir. Nach seiner Genesung war er von Sit-
tang nach Molmein gekommen, hatte mich aufzufinden gewusst
und aufs Neue um Dienst gebeten, da sein Durst nach Weisheit
noch nicht gestillt war. Ausserdem engagirte ich, da ich als
Kranker jetzt sorgsamer auf die Nahrung sehen musste, einen
tamulischen Koch, der sich auf eigene Faust in Amherst einen
Landsmann als Gehülfen zulegte.
Zur Gründung der Stadt Amherst wurde 1826 eine Waldstelle
kirchlich und militärisch geweiht, und dann gelichtet, um menschliche
Wohnungen auf der früheren Behausung der Bauhthiere zu
erbauen. Es liegt an der Mündung des Salwehn, und ein weisser
Strand erstreckt sich neben felsigen Klippen zu der ausspringenden
Spitze eines Vorgebirges. Die passende Zeit zum Baden
war mitunter schwer zu treffen, da man gern die weit zurücktretende
Ebbe vermieden hätte, und doch in der Fluthzeit, wenn
sie mit der Mittagshitze zusammenfiel, nicht die Kleider ablegen
konnte, um sich nicht Haut und Hirn zu verbrennen. Mein Lehen
lief ruhig und einförmig hin. Morgens und Abends spazierte ich
am Strande, die frische Seeluft zu athmen, nahm ein tägliches
Bad, und liess mir während des Tages durch Moung Lin die mitgenommenen
Bücher birmanischer Geschichte oder Literatur vorlesen.
Er hatte sich bald, wie früher Moung Schweh, so sehr an
meine Aussprache gewöhnt, dass ich mit ihm über jeden Gegenstand
mit Leichtigkeit sprechen und ihn zur Aushülfe bei meinen
Gesprächen philosophischen oder religiösen Inhalts mit den Pun-
gyi benutzen konnte.
Um sich unter den wechselnden Sprachen der verschiedenen
Länder fortzuhelfen, erwirbt man sich auf Beisen leicht eine gewisse
Praxis, indem man nur auf einen bestimmten Kreis von
Ausdrücken sein Augenmerk richtet und bald finden wird, dass ein
verhältnissmässig geringerWortschatz im Grunde genügt, alles Nö-
thige zu bezeichnen, wenn die Sprache nicht selbst der Gegenstand