bei jeder Zusammenkunft darum zu treten, so machte er es doch
wirklich möglich, bis zum letzten Tage meiner Abreise beständig
neue Entschuldigungsgründe zu finden, weshalb das Buch finden
Augenblick nicht gerade bei der Hand wäre. Sö ging es bei
den meisten Leihversuchen, und wenn sie mitunter glückten, so
hatte es wenigstens vorher Mühe genug kosten müssen, das um
mich gesponnene Intriguengewebe zu zerreissen, oder es wurde
mir verstohlen zugesteckt, in Folge von Geschenken, mit denen
nicht gespart werden durfte. Doch wird, was mir entging, sich
bald ersetzen lassen, da die englischen Beamten in ihren offi-
ciellen Verhandlungen mit dem Könige, wie früher, so auch jetzt,
leicht Geschenke aus den Staatsarchiven erhalten können, und
unter ihnen sind genug, die sich mitLiebe undEifer dem Studium
der birmanischen Geschichte gewidmet haben, und die durch
ihren längeren Aufenthalt im Lande die trefflichste Gelegenheit
zu sorgfältiger Behandlung derselben besitzen.
Im Laufe des Gesprächs erzählte mir mein Lehrer noch, wie
beiläufig, eine Geschichte, die vielleicht als Parabel dienen
sollte für meine Verfahrungswéise, deren Billigung er nicht offen
auszusprechen wagte. Vor einigen Jahren sei ein Patih (Moha-
medaner) nach Mandalay gekommen, und habe dem Könige. Gold
zu machen versprochen. In einem kleinen Experiment habe er
wirklich Gold producirt und sei darauf von dem Könige mit den
grössten Ehren überhäuft und zu hohen Stellen befördert worden.
Als dann die Versuche in grösserem Massstabe anzustellen gewesen,
habe er vorgegeben,--die richtigen Metalle im Lande suchen
zu müssen und sei umhergereist, aber ohne Erfolg zurückgekommen.
Der König habe ihn ein zweites Mal unter Truppenbegleitung
ausgeschickt, ihn in sämmtlichen Provinzen umherfuhren
lassen, und Alles so zu machen befohlen, wie er angeben würde.
Nach vielen Monaten wäre er dann im Palast wieder angelangt
und habe ein grosses Laboratorium gebaut, wäre dort aber, da
die vorgenommenen Experimente fehlschlugen, streng bewacht
und aufgefordert worden, jetzt endlieh sein Versprechen zu erfüllen.
Zuletzt habe er sich vergiftet und sei von den Wachen todt
unter seinen Tigeln gefunden. Mein birmanischer Koch, der
herbeigeschlichen war, wusste auch allerlei Raub- und Mordgeschichten
zu erzählen, undMoung Schweb hatte von einem Fremden
gehört’, der, weil er des Königs Befehle nicht erfüllen konnte,
von ihm nach Rangun zurtickgeschickt sei, in Begleitung eines
Beamten, der den Auftrag hatte und ausführte, ihn in der dritten
Nachtstation umzubringen.
Eines Abends in der Dämmerung marschirte mit grossem
Geräusch und Waffengeklirr eine Truppenabtheilung neben meinem
Hause auf und zwei Officiere kamen rasch und polternd die
Treppe herauf gestiegen. Ich bewillkommnete sie, bat sie Platz
zu nehmen und begann das Gespräch in der gewohnten Weise,
indem ich sie über eine Phrase des birmanischen Buches, das ich
vor mir hatte, befragte. Sie antworteten mir mit einem etwas
erstaunten Blicke, sahen sich im Zimmer um und zogen nach
einigen Minuten wieder ab, ohne ein Wort zu sprechen. Dasselbe
wiederholte sich mit ähnlichem Verlauf noch zweimal, indem
man im Schloss nicht recht sicher zu sein schien, wie weit man
vorgehen könnte und über die Massregeln schwankte. Für Extreme
hatte ich indess meine Vorbereitungen getroffen.
Während meiner Einsamkeit unterhielt ich mich mit Moung
Schweh, und liess mir von seinen Karendörfern erzählen, aber
er wäre viel lieber dort gewesen als im Palaste zu Mandalay, und
es war ihm gar nicht erzählerisch zu "Sinne:
Bei einem Todesfälle tanzen die Knaben und Mädchen in
den Dörfern den Knochen-Poe, indem sie singend die Gebeine
erinnern, nicht des Herrn Gesetz zu vergessen. Die im Reigen
umherkreisenden Jünglinge und Jungfrauen werfen sich gegenseitig
ihr Kopftuch zu, das mit den Füssen fortgestossen wird,
wenn es von einer nicht begünstigten Hand kommt. Ein Kranker
legt Opfergaben in dem Dache des Hauses nieder. Ausser den
Teray oder Tazay (Tazeit) genannten Nats, giebt es auch Belu oder
Tabek. Die von den Karen Na’ genannten Hexen leben in den
Dörfern und quälen die Leute mit Unpässlichkeiten, geben sich
aber mit Opfergaben*) leicht zufrieden. Der im Walde lebende
*) Im Königreich Jangoma, sagt Turpin, versprechen die Kränken dem
Teufel Opfer und célèbrent leur convalescence par un grand festin, où tous leurs