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 hin  und laden  ihn  zum Mahle  ein.  In Mukoh,  dem Götterhimmel  
 (Nat-pyi  oder Land  der Nat)  lebt Mukohhoh,  und  damit den Abgeschiedenen  
 das Thor  geöffnet wird,  bringen  die Karen werthvolle  
 G-egenstände  ihres  Eigenthums  nach  dem  Knochenberge  
 (Ajo-taun)  Paloh,  wenn  sie  dort  nach  dem Verbrennen  die Gebeine  
 niederlegen.  Sollten  Knochen verloren  gehen,  oder wie  
 die  Säkalya’s  geraubt  werden,  würde  es,  wie  von  den  Brah-  
 mana’s,  für Unglück  oder Strafe  angesehen werden.  In  der Hölle  
 (Nga-yay im Birmanischen) herrscht Kusaetuko  (Nga-yay-mingyi  
 oder Höllenkönig),  der keinen Kopf und nur ein Auge mitten  auf  
 der  Brust  hat.  Der  seine  Befehle  ausführende  Diener  heisst  
 Atscheh-abrha  nebst  anderen helfenden Geistern.  Muchhah  lebt  
 auf  den Zweigen  des Kaniin-Baumes.  Bei  den Natfesten  ist es  
 von der höchsten Wichtigkeit,  dass kein Versehen  gemacht wird,  
 weil  sonst alle Theilnehmer  sterben  würden-,  und  darum müssen  
 die Ta prha oder  (im Birmanischen)  die Lugyi  (die weisen Greise  
 oder die Grossen)  zu  Rathe  gezogen werden.  Nach  Cross  sind  
 von  den  Nah  oder Tah-nah,  die  alle  beliebigen  Gestalten  von  
 Kröten,  Schlangen,  Tigern^ Schweinen, Hunden u. s. w. annehmen  
 können,  besonders  diejenigen  gefährlich,  die  (unter ihrem  Obersten  
 Mukaulih) von  früheren Zauberern  abstammen  (wie  die  sibirischen  
 Völker vor Allem  die Seelen böser Schamanen  fürchten). 
 Der Regimentsarzt,  der mich  durch  die Hospitäler begleitete,  
 meinte,  dass  der in Pegu  viel  verschrieene Gesundheitszustand  
 Schwegyin’s  so  arg nicht sei,  und  ebenso  gute Chancen böte  gesund  
 zu bleiben,  wie  die  übrigen Garnisonsplätze  der Nachbarschaft. 
   Die Cantonnements  liegen  freilich  auf Hügeln,  aber die  
 eigentliche  Stadt war in  der Jahreszeit meiner Anwesenheit überschwemmt  
 und  stand  so  tief im Wasser,  dass man  einen grossen  
 Theil der Strassen mit Böten befuhr,  die neben den Häusern  angebunden  
 lagen,  und  sonst nicht hätte vorwärts kommen können.  
 Die vorwaltenden Krankheiten  sind  intermittirende Fieber,  Dysenterie  
 und  Ulcer.  Eingeweidewürmer  (besonders  die  runden  
 Lumbricoiden)  sind  häufig,  und das Leiden  nimmt oft  ein plötzliches  
 Ende,  indem  mit  Verschlingung  der Eingeweide  Kothbrechen  
 und  Tod  eintritt.  Die  Pocken  werden  unter  den Eingebornen  
 immer  activ  gehalten  durch  Inoculation  und  es  ist  
 schwierig,  sie  zur Vaccination  zu überreden.  Syphilis  soll  vor  
 der Etablirung  der Regimenter  unbekannt  gewesen  sein,  greift  
 aber  jetzt  in  verderblicher  Weise  um  sich.  Lepra  bricht dann  
 und wann  unter den Aermeren  aus,  und  zerstört  zuerst die kleineren  
 . Gelenke.  Einige  frische  Fälle  von  Kropf  wichen  einer  
 Jod-Behandlung.  Das Opium-Essen  unter den Chinesen,  sowie  
 das  Bhang-Rauchen  unter  den Eingebornen  Indiens  fordert  gelegentliche  
 Opfer.  Ausser dem Militair-Hospital  findet  sich noch  
 ein Krankenhaus  in  der  Stadt  für  die Eingebornen  und  ein  anderes  
 im Gefängniss. 
 .Mein birmanischer Zea  (Öhaera)  zählte mir die verschiedenen  
 Klassen  der nach ihren Functionen benannten Aerzte  unter  seinen  
 Landsleuten  auf.  Ausser dem  eigentlichen Öhae-Sama  (dem Me-  
 dicin-Meister)  giebt es  den Anguttha-Öhaera,  der nach  dem Aussehen  
 derKörpertheile  (inga oder anga) urtheilt,  den Dhat-Öhaera,  
 der  seine Medicinen  nach  den Elementen  des Körpers  eintheilt,  
 den «kuganih-Öhaera,  der die durch  Ilexen  verursachten Krankheiten  
 heilt,  den  Kawae - Öhaera,,  der  selbst  den  Kawae,  den  
 Obersten  aller  Hexenmeister-,  vertreiben  kann,  den  Bheindho-  
 Öhaera,  der  seine  Pillen  aus  Wurzeln,  Kräutern  und  Hölzern  
 bereitet.  Ein  guter Arzt muss nicht nur den aufsteigenden Wind*),  
 den  absteigenden  Wind,  den  umgebenden Wind,  den  athmenden  
 Wind,  den» erweichenden Wind (Mantakaphyautogyin),  den sehenden  
 Wind  (Zekku-andanahmietjimyingyin) wohl kennen,  sondern  
 auch  die Elntheilung der  96 Leiden  (Wedana)  nach den  35  Temperamenten, 
   45  Zufällen,  16  Gefahren  und 4 Elementen.  Die  
 Tuhla  genannte  Klasse  von  Krankheiten  (meist  rheumatischer  
 Natur)  wird  in  den mittleren Theilen des Körpers  ursächlich ge-_  
 dacht.  Der  berühmteste  Arzt  buddhistischer  Legende  ist  Dze- 
 *)  Auf  Prana,,  den  in  der Atharva Veda die Götter  verehren,  basirt  auch  
 ein  grösser Theil  des medicinischen Systems  hei  den Siamesen.  In  den  den  astrologischen  
 Einflüssen  der Aditya unterworfenen Menschen  gehen  die  Vasavas,  als  
 Feuer,  Erde,  Atmosphäre  u.  s.  w.  e in ,  sowie  die Hauche  oder Rudras,  die  später  
 in  der  Personiflcation  Siva’s  zum  Leben  des Athems  werden. 
 Bastian. Ostasien.  I I .   2   7