kann, da sie sich bis jetzt nur an einer Seite angehäuft und noch
nicht den ganzen ungeheuren Raurp des ihr angewiesenen Vierecks,
um die ändern beiden einzuschliessen, ausgefüllt hat. Sie ist
offen, noch ohne Mauern, aber sie macht doch die eigentliche Stadt
aus, wo die Kaufleute, Arbeiter und Handwerker leben, die Stadt
des Volks, und auf den Hauptstrassen, ihren Märkten und Bazaaren
herrscht reges Leben. Der Eindruck Mandalay’s , als ich dort
ankam, war ein noch sehr unbefriedigender. Aus den alten Residenzen
Ava und Amarapura fortziehend, hat der König seine neue
Hauptstadt auf das sumpfige Terrain einer flachen Ebene hingepflanzt,
die früher zum Reisbau diente, und die schattenlos ohne
Bäume in der prallenden Sonnenhitze brennt. Alle Paläste,
Mauern und Tempel sehen, trotz des darauf verwendeten
Schmuckes, noch so unfertig und frisch aus, als ob sie einem
wandernden Nomadenvolke angehörten, das heute seine leichten
Zelte aufgeschlagen hat und sie morgen wieder abbrechen kann.
Zu der birmanischen Bevölkerung kömmt ein bedeutendes
Element Kriegsgefangener aus Manipur und Siam, von denen die
ersteren als geschickte Handwerker, die letzteren als Schauspieler
bekannt sind. Die chinesischen Kaufleute sind, wie erwähnt,
meistens noch in Amarapura verblieben. Von den Fremden
machen, ausser den Mohamedanern Indiens, die Armenier einen
bedeutenden Bestandtheil aus, die dem Könige als Banquiers
dienen und von ihm für seine Verhandlungen mit den Europäern
benutzt werden. Die Armenier, die Juden des Orients, hatten in
früherer Zeit den ganzen Handel Indiens in den Händen und be-
sassen grossen Einfluss bei den eingeborenen Fürsten, haben aber
nach der Etablirung der englischen Kaufmanushäuser in Calcutta,
Madras und Bombay, nicht länger concurriren können, da sie
nicht dem Beispiele derParsis folgten, sich mit den neuen Wegen
der Speculation vertraut zu machen.
An einen dieser armenischen Kaufleute, Herrn Ter Minas,
hatte ich durch Handelshäuser in Rangun Creditive erhalten und
fand an ihm einen gefälligen alten Herrn, der sein ganzes Leben
in Birma .zugebracht und alle die Wechsel der verschiedenen
Residenzen mit erlebt hatte. Zu den letzten gehörte der von
Tharawadi versuchte nach Kyaukmoung in der Nähe von Mot-
schobo (1837). Auch alle die Gräuel der Kriege hatte er mit durchmachen
müssen, und obwohl er früher und auch jetzt wieder
einer der Handelsagenten des Königs und in vielen Sachen sein
Vertrauter war, hatte er doch während des ersten und letzten
Feldzugs der Engländer wie die ändern Ausländer in Ketten die
verpestete Luft der Gefängnisse einathmen müssen odei war mit
ihnen tagelang ohne Kopfbedeckung und in Lumpen in der brennenden
Sonnenhitze von einem Verbannungsort zum ändern umhergeschleift
worden. Er bot mir eine Wohnung in seinem Hause
an, da aber einer seiner Söhne, der in Calcutta erzogen war,
englisch sprach, und ich, um mich rascher in der Sprache zu
vervollkommnen, vorzog ganz unter Birmanen zu bleiben, suchte
ich auszuweichen und gab eine halb ablehnende Antwort. Ich
machte mich dann mit meinem Diener auf, um die Strassen
Mandalay’s für ein passendes Logis zu durchsuchen, aber obwohl
Quartiere genug frei standen, so waren darunter doch keine, die
ein Europäer , auch unter den bescheidensten Ansprüchen, möglicherweise
hätte beziehen können. Endlich fanden wir an einem
freien Platze ein von einem unverheiratheten Mäkler bewohntes
Haus, das, als völlig neu, noch keine Zeit zur Ansammlung von
Schmutz gehabt hatte, und mit kleinc<m Austritt in einen Gartenhof,
ganz hübsch und geräumig war. Wir schienen ziemlich gut
Eins zu werden, und da es spät geworden war und uns noch der
lange Rückweg durch die Felder bis zum Landungsplätze des
Bootes blieb, kehrten wir dahin zurück. Ich hatte gedacht, für
ein oder zwei Tage auf demselben zu verbleiben, um die Wohnung
erst etwas einrichten zu lassen, aber beim Ankommen theilte
mir derCapitain mit, dass er eine gute Rückfracht gefunden hätte,
wenn er schon am nächsten Tage zu laden anfangen könne. Um
ihm das Geschäft nicht zu verderben, schickte ich meinen Diener
am folgenden Morgen früh in die Stadt zurück, um dem Hausherrn
anzuzeigen, dass ich schon an demselben Tage einziehen würde,
und liess sogleich nach Karren suchen, um mein Gepäck baldmöglichst
nach Mandalay zu transportiren, da noch die Formalitäten
des Zollhauses abzumachen waren. Doch es erhoben sich