
 
        
         
		von  Calcutta.  Neben  dem  Hanse  des  Aeltesten  stand  eine  Holzhalle,  in  der  
 etwa  ein Dutzend Weber  an ihren  Stühlen  beschäftigt waren,  und  seitlich  öffnete  
 eine  schwarze  Flügelthür  in  den  Tempel.  In  der  Mitte  standen unter  einer Kapelle  
 drei  (aus Bronze,  Gold und Silber verfertigte)  Figuren Krischna’s mit  seinen  
 Brüdern,  als  Juggernauth,  und  seitlich  fand  sich  auf  einem Gerüste  die Figur  
 Maha-Yischnu’s ,  wie  die  ändern,  mit  einigen Kleidungsstücken  behängt.  Vor  
 Juggernauth lagen  die Trompeten-Muscheln,  Bauchgefässe und Aehnliches.  Die  
 Frauen  sind  in  birmanischerWeise  gekleidet,  die  Männer  dagegen  tragen  das  
 weisse  Lendentuch  Hindostan’s ,  das  Halsband  und  die  brahmanische  Schnur.  
 Heirathen  ausserhalb  der Kaste  sind  verboten,  obwohl  sie  mitunter Vorkommen.  
 Während die Birmanen  das  ganze Haar wachsen  lassen,  haben  die Ponahs,  die  
 im Uebrigen  es  gleich jenen in  einen Knoten  auf  dem Hinterkopfe  knüpfen,  die  
 Stirn  rasirt.  Sie  essen  weder Fleisch noch Geflügel,  sondern  nur Vegetabilien,  
 besonders Eeis,  sowie  zuweilen Fische. 
 Als ich nach Büchern  fragte,  brachten  sie  mir  eine  gedruckte Vischnu-Pu-  
 rana,  die  von  einem bengalischen  Buchhändler in Rangun  gekauft war,  erklärten  
 aber bei weitern Nachforschungen,  auch  alte Bücher im Kathai-Charakter  zu besitzen. 
   Auf  mein  Verlangen  wurde  mir  ein  loses Blatt  eines neugeschriebenen  
 Buches  gebracht,  aber nach  einigen  Verhandlungen  (in  der meinem Begleiter unverständlichen  
 Kathai-Sprache)  gelang  es  mir,  sie  zum  Produciren des Hauptwerkes  
 zu überreden.  Der Besitzer,  ein  alter Mann,  wohnte  am Ende  des Dorfes  
 und  zeigte mit  einiger Feierlichkeit  ein nach birmanischer Weise  in  Tuch  aufgebundenes  
 Buch,  das  aber nicht  auf Baumblätter,  sondern breite Papierstreifen  geschrieben  
 war.  Es  schien  (unter  dem'Titel  Subigah)  über  astrologische  und  
 kabbalistische Gegenstände  zu handeln  und  der Text war hier und  da  mit  nekro-  
 mantischen  Zeichnungen  oder  Zahlenreihen  unterbrochen.  Einige  der  Blätter  
 enthielten bunte Figuren  von Löwen  oder Ungeheuern.  Auf  die  letzten  sieben  
 Seiten waren  die Personificationen  der Wochentage  gemalt.  Die  Blätter  waren  
 auf beiden  Seiten beschrieben,  mit Ausnahme  des  ersten,  dessen Anfang  (hinter  
 dem  Zeichen  der  Schlange)  lautete:  Sidi,  Sidi,  Guru,  Guru,  Nomo,  Cotham,  
 Cotham  u.  s.  w.  Der Verkauf wurde  abgeschlagen,  aber  ich  verständigte mich  
 mit  dem Besitzer über die Abschrift  einiger Seiten,  da  zum  Copiren  des Ganzen  
 keine Zeit war.  Verschiedene  der Blätter waren  am  Bande  farbig  verziert. 
 Ausser von  dem Ertrage ihrer Heerden,  leben  die Ponah  (wie  die Fulah’s  in  
 Senegambien)  auch vom Wahrsagen.  Nach Ansicht der Birmanen verehren sie besonders  
 Bäume, unter denen kleineLehmklumpen aufgerichtet werden. Im Hofeeines  
 der Häuser  stand  auf  einem Tische  eine Lehmpagode  (wegen  eines  Krankheitsfalles), 
   mit Blumen  besteckt  und  von  einem  Sonnenschirme bedeckt. 
 In  einem der Privathäuser,  in  denen  Seidenweber beschäftigt waren,  sah  ich  
 unter den Ponahs einen wie ein Birmane an den Beinen Tättowirten und erfuhr auf Befragen, 
   dass  derselbe  seine Kaste  verloren habe,  aber  gleichfalls Hari  verehre.  
 Einige  der Ponahs  zeigten  indess  die  rothen Tättowirungen  auf Brust und Armen,  
 die  gewöhnlich den Charakter  von Amuletten  haben.  Der  Tempelhüter,  nachdem  
 er  seine Bezahlung  in  die Kapelle  gelegt hatte,  besah  die Handlinien meines  
 birmanischen Führers  und  prophezeite,  dass  er jetzt  30  Jahre  sei  und  seinen monatlichen  
 Gehalt  stets  bis  auf den letzten Heller verschwendete,  dass  er  aber mit  
 dem  31.  Jahre  von  je  40 Rupien  am Ende jedes Monats  10  zurücklegen  und bald  
 ein  reicher Mann  sein würde.  Die Ponahs werden  in  allen wichtigen Lebensverhältnissen, 
   Häuserbauen,  Reisen,  Heirathen  u.  s.  w.  befragt.  Die  Ponahs  am  
 Hofe  von Ava,  die  dort  für  die  astrologischen Bestimmungen  angestellt  sind,  sind  
 meist Brahmanen  aus  Bengalen  oder  von Benares.  In  den  birmanischen  Schaustücken  
 spielf der Ponah  als  Typus  des Gelehrten. 
 Hinter Kemendyne  liegt  das Dorf der  Sehan,  die  die Ponies  zum  \  erkaufe  
 bringen.  Mehrere  derselben waren  vonMone  und nicht unbekannt mit den Wegen  
 nach  Siam.  Sie  tragen weite  Hosen  in  chinesischer Manier.  In  der Nähe  finden  
 sich  einige Karen-Häuser,  auf dünnen Pfählen  gebaute Bambuhallen,  mit vielen  
 Fensteröffnungen,  um  eine  grössere  oder  geringere Anzahl  von  Familien  zu beherbergen  
 ,  wie  es  in  einigen  der  nördlichen B erge,  sowie  unter  Stämmen  der  
 Naga’s  Sitte  ist.  Auch  von  den im Nordosten  Cochinchina’s  lebenden Wilden  sagt  
 Grillet:  Il n’y a  dans  chaque  village  qu’une maison  allongée,  divisée  en  autant >de  
 petites  cellules,  qu’il  y  a  des  chefs.  Dieselbe Bauart  fand  ich  bei  den  Chunchus  
 in  den  östlichen Andes. 
 Von  den  Pagoden Rangun’s  ist  es  zunächst die berühmte  goldene  (die Shoay-  
 da-goung),  an  der viele Königsgeschlechter  des Landes  weiter  gebaut haben,  die  
 die Fremden  anzieht.  Man  steigt  zu der  soliden Masse  des Mauerwerks  auf drei  
 Terrassen hinauf,  wo  an  jeder  der  vier  Seiten Treppen  emporleiten.  Der  zur  
 Pagode  führende Weg war  früher mit  einer Allee  von  Spitzthürmen besetzt,  von  
 denen  einige noch  erhalten  stehen.  Der  Eintritt  am  Thore  führt zu  einem Aufgange, 
   -der  an  drei Seiten (Osten,  Süden und Westen) mit  einem  rothen Holzdach,  
 das  von  Teak-Pfeilern  getragen  wird,  bedeckt  ist.  Neben  dem  Thore  sitzen  
 zwei  dicke  Steinfiguren,  eine  männliche  zur  Linken  (des  Eintretenden),  eine  
 weibliche  (mit  säugendem Kinde)  zur  Rechten,  beide  mit  dem  wohlwollenden  
 Ausdrucke  der  Sphinx im  Gesichte.  Hinter  dem Thore  stehen  in  zwei  verzierten  
 Nischen  zu beiden  Seiten zwei vergoldete Buddha’s.  Zwischen Teakpfeilern  und  
 unter Holzdächern,  die  vielfach mit Zierrathen beschnitzt  sind,  führt  der Weg  
 aufwärts,  anfangs  allmählig,  dann  steiler und  au* Treppen,  ln   den Höfen  sind  
 aus  freistehenden Felslagen  an beiden Seiten  grosse Krokodile  ausgeschnitzt,  die  
 (wie  in  Mexico)  den  Kopf  eines  eberzahnigen  Belu  (Ungeheuers)  im  Rachen  
 haben.  Auf  der  Platform,  die  grösstentheils  (wie  vielfach  die Teocalli)  künstlich  
 aufgetragen ist,  steht die Pagode,  im  Innern  (wie  die Pyramiden) massiv und  
 ausgefüllt  (mit Ausnahme  des  kleinenReliquienkastens,  den  sie  einschliesst).  Sie  
 steigt in runden Windungen  auf,  die  sich  verengen  und  dann  nach  einer  Einschnürung  
 mit  einer Kuppelspitze  abschliessen,  im  oberen Theile  ganz mit Blattgold  
 belegt  (das  aber  nicht  das  lebhafte  Glitzern  verursacht,  wie  die  goldnen  
 Kuppeln  in  Moskau  oder  Kiew).  Unter  dem  bedeckenden  Tih  (Schirm) 
 3 2   *