kam die Katze aus dem Sacke. Der König sagte, dass zwei seiner
Damen schon lange an Schwerhörigkeit litten und dass ich ihnen
etwas von meiner Ohrenmedicin schicken möchte. Ich wiederholte
ihm, dass ich nicht für ärztliche Praxis, sondern für das Studium
des Buddhismus ins Land gekommen, und dass ich ohnedem
auch gar keine Mediein habe. Er erbot sich die Medicin kommen
zu lassen, woher es auch sei, von Rangun, Calcutta, von England,
oder einem ändern Theile der Welt. Indess entschuldigte ich
mich, dass ich in Rangun den pharmaceutischen Präparaten nicht
traute, und dass dieselben, wenn von England verschrieben, auf der
langen Reise leiden möchten. Der König fuhr fort mit Drängen,
dass, wenn ich auch sonst nicht als Arzt fungire, ich ihm in diesem
einen Falle, zu Willen sein möchte. Ich stellte die Bedingung,
wenigstens erst genau zu kennen, was man von mir verlange,
um zu sehen, ob sich überhaupt etwas machen liesse. Das
wurde zugestanden, und am nächsten Tage kamen die Damen
in Begleitung eines Eunuchen und sonstiger Dienerinnen nach
dem neben dem meinigen gelegenen Hause des Prinzen, wo ich
sie examiniren konnte. DasUebel bot einige Aussichten auf Besserung,
wenn auch nicht auf völlige Heilung, aber allerdings nur
unter einem langen regelmässigen Cursus der.Behandlung und vor
Allem selbstverstanden die richtigen Arzneien vorausgesetzt. Im
Anfänge meiner ersten Reisen war meineMedicinkiste in besterOrd-
nung gewesen, später aber sehr in Verfall gerathen, und bei dieser
zweiten in Hinterindien war sie in höchst mangelhaftem Zustande,
da ich damals mit der festen Absicht fortgegangen war, nicht
ferner als Arzt aufzütreten. Ich theilte den Kranken mit, dass
mir die nöthige Apotheke fehle, und dass ohnedem die Behandlung
längere Zeit erfordere, als ich wahrscheinlich in Birma
bleibe. Doch waren solche Vorstellungen, leicht voraussichtlich,
in den Wind gesprochen. Nachdem der von diesen Patienten so
lange sehnsuchtsvoll erwartete Augenblick der Wunderheilung,
für dessen Herbeiführung sie seit Monaten so vielerlei Pläne und
Intriguen gesponnen hatten, endlich gekommen war, wollten sie
sich nicht länger ab weisen lassen. Sie zeigten sich so trostlos, dass
ich ibnen wenigste , versprechen musste, sie während der Zeit, dass
ich im Palaste wohne, mitunter zu sehen, und so lange mein beschränkter
Medicinschatz vorreiche, ihnen daraus mitzutheilen.
Aber auch das wurde bald lästig genug. Fast jeden ändern Tag
erhielt ich eine Zusendung von Früchten oder feinen Palmcigarren
mit der Nachricht, dass die Kranken im Hause des
Prinzen auf mich warteten, wo sie mich immer mit Lobsprüchen
über die guten Erfolge empfingen, aber noch .raschere wünschten,
ohne Rücksicht, dass die von vornherein auf Monate und Jahre
berechnete Cur nicht in Tagen und Stunden zu Ende gehen
könne.
Mir waren diese Störungen, die schon einige Wochen fort-
daueiten und mich von meinen übrigen Arbeiten abzogen, sehr
zuwider geworden, als der König in einer Audienz mit einem
neuen Anliegen kam. Der Secretär und die rechte Hand eines
Beamten, den er sehr hochschätze, wäre schon seit längerer Zeit
an das Krankenbett gefesselt und zur Ausführung wichtiger Arbeiten,
die ihm auflägen, unfähig; ich würde ihn sehr verbinden
durch einen Besuch, um die Diagnose zu stellen, da die birmanischen
Aerzte ganz rathlos seien und nicht wüssten, was ihm
fehle. Auf die gewohnten Einwendungen meinte der König,
dies als einen besonderen Freundschaftsdienst ansehen zu wollen
und daraus keine Präcedenzien zu ziehen. Ich entgegnete, dass
es mein eigener eifrigster Wunsch wäre, dem Könige in allen
Dingen, die in meiner Macht lägen, zu Gefallen und zu Befehl
zu stehen, und dass ich deshalb gern den Auftrag ausführen
würde, und die Krankheit bestimmen, dass ich aber die Behandlung
derselben nicht unternehmen könne. Der Kronprinz, d. h.
der älteste Sohn*) des Königs, erhielt Ordre, mir die nöthigen
Directionen zu ertheilen und umgab mich mit seinem zahlreichen
Gefolge, um mich nach seinem Schlosse zu führen, da er erst die
Gelegenheit zu einer Privatbekanntschaft benutzen wollte. Nach
*) Als der eigentliche Erbprinz gilt der Bruder des Königs, der dem Uparat
oder zweiten Könige Siam’s ähnelt, doch besteht bei der Succession gewöhnlich
eine Kivalschaft zwischen diesen beiden Prätendenten. Ursprünglich mag statt
des Bruders dessen Sohn succedirt haben, wie bei den Kasia’s und anderswo der
Sohn der Schwester.