Hülfe für ihre Heimath Kalinga erflehten, wo eine lang anhaltende
Dürre gänzlichen Ruin herbeizuführen drohte. Als die
Fremden das geweihte Thier fortführten, murrte das Volk über
die unbedachtsame Freigebigkeit des Königs* der seine eigenen
Landeskinder zum Besten Auswärtiger beraube. Sanja sah sich
gezwungen dem allgemeinen Drängen nachzugehen und verbannte
seinen Sohn in die Bergwildniss Wankagiri. Ehe aber Wethan-
tara den Scepter niederlegte, benutzte er nooh am letzten Tage
seine königliche Macht, um alle Schatzkammern des Reiches den
Armen zu öffnen und ihren Inhalt unter denselben zu vertheilen.
Dann verliess er die Stadt und zog in die Ferne. Seine Gemahlin,
Madri-dewi, hatte sich nicht von ihm trennen wollen, und sie nebst
ihren Kindern, dem Söhnchen Jaliya und dem Mädchen Krischna-
djina fuhren auf einem Wagen, dessen Rosse der vertriebene König
lenkte. Auf der Heerstrasse waren die mitgenommenen Kostbarkeiten
und Schmucksachen bald an Brahmanen vertheilt, die
des Weges entlang kamen, da keiner leer ausgehen durfte, und
als jetzt ein neuer Trupp ihnen entgegen kam, blieb nichts übrig
als die Pferde wegzugeben. Der Thagya-König, vom Himmel
zuschauend, lässt vier seiner dienstbaren Geister die Gestalt von
Hirschen annehmen und den Wagen weiterziehen, bis zuletzt
auch dieser an Almosen heischende Brahmanen Übermacht war.
Die Königsfamilie wanderte nun zu Fusse weiter, indem Madri-
dewi den Knaben Jaliya an der einen und Krischnadjina an der
ändern Hand leitete, und erreichte so das Land Chetiya, von
Wethantara’s Schwiegervater beherrscht. Dieser kam ihnen mit
einem glänzenden Aufgebot von Wagen und Reitern entgegen,
bekümmert, seine Angehörigen in diesem trübseligen Zustande zu
sehen, da sie, als des Gehens ungewohnt, sich nur mühsam fortschleppten.
Nach kurzem Aufenthalt jedoch wies Wethantara
seine längere Gastfreundschaft zurück, und zog weiter nach dem
ihm bestimmten Verbannungsort Wankagiri, wo er sich im Walde
eine Einsiedlerkapelle erbaute und in der Nähe eine andere für
seine Gattin einrichtete. Es wird auch darauf hingedeutet, dass
dieselben schon im Voraus auf des Thagyamin’s GeheisS durch
Visvakarma für ihren Empfang vorbereitet waren.
Damals lebte in einem Nachbarlande ein alter Kerl, krumm,
bucklig und schielend, ein habsüchtiger Geizhals, der Geld auf
wucherische Zinsen lieh. Er hatte seine Forderung an einen ihm
verschuldeten Brahmanen auf eine so hohe Summe zu treiben
gewusst, dass dieser sich gänzlich ausser Stande sah, seine Verpflichtungen
abzutragen, und sich zuletzt entschliessen musste,
seinem Gläubiger auf dessen Wunsch seine Tochter Amitta-tapa
zu vermählen. Der schmutzige Geizhals, Jujaka genannt, war
nicht wenig stolz auf so ehrenvolle Heirath, aber er fand sich
von seiner jungen Frau bald beständig um neue Auslagen gequält,
da sie ihrem Stande gemäss leben wollte. So bestand sie
darauf, Sclaven zur Bedienung zu verlangen, und warf ihrem
Ehemann vor, dass, wenn er eine vornehme Brahmanentochter
geheirathet, er dieselbe auch gebührlich behandeln müsse und
nicht verlangen könne, dass sie selbst zum Brunnen gehe und
Wasser hole. Den Kaufpreis für eine Sclavin zu zahlen, wollte
dem gierigen Jujaka nicht in den Sinn, aber er erinnerte sich, von
der Freigebigkeit des Königs Wethantara gehört zu haben und
dachte, dass er leicht von ihm einige Sclaven erlangen könne. So
machte er sich auf den Weg nach Jayapura, kam aber erst nach
der Abdankung des Königs an und wäre vom Volke fast gesteinigt
worden, da die Leute sich höchlichst erbittert zeigten, dass schon
wieder ein unverschämter Brahmane zum Betteln gekommen, ungeachtet
aller der reichen Geschenke, die von dem gutmüthigen
Wethantara schon herausgepresst worden. Jujaka machte sieh
eiligst davon, aber er hatte doch aufgemerkt, den Namen des Verbannungsortes
zu erfahren, und richtete seinen Wanderstab dorthin.
Das Waldgebirge Wankagiri war indess durch den König
von Chetiya mit Wachen umstellt worden, um Niemandem den
Einlass zu erlauben, da er seinem so vielfach gequälten Schwiegersohn
endlich Ruhe und Sicherheit gegen die aufdringlichen Bettler
schaffen wollte. Jujaka dachte sich bei den Wachen vorbeizuschleichen,
wäre jedoch beinahe von einem derselben erschossen
worden, der ihn durch seine Hunde auf einem Baume entdeckte. Es
gelang ihm, denselben durch eine erfundene Geschichte zu täuschen,
indem er ihm erzählte, dass er von den königlichen Eltern Wethan-
B a s t i a n , Ostasien. II . ^ 2