Für dieses letzte und höchste Ziel brauchen keine hypothetischen
Annahmen zugeftigt zu werden. Sie setzen keine persönliche
Gottheit, die einen Platz zum Setzen im Weltsystem haben müsste,
und bei etwaiger Gefährdung der kosmischen Structur desselben
selbst Gefahr liefe, herabzustürzen. Sie bleiben innerhalb des
klar erschauten Horizonts der deutlichen Sehweite. Sie verfolgen
den organischen Entwickelungsfortschritt durch die Klassen der
Wesen, an deren Spitze der Mensch steht, und sie finden den
logischen Abschluss, wenn sich das ursächliche Schöpfungsgesetz
in dem Bewusstsein des Erkennens verklärt.
Herrn Brooks’ Haus war eine jener hochgelegenen Gartenresidenzen
Molmein’s , von deren Gallerieen der Blick das lieblichste
Panorama umfasst. Im fünffachen Strahlenkränze strecken
sich aus dem weiten Becken der drei Zusammenflüsse die schimmernden
Wasserarme zwischen schwellenden Hügeln, bis sie sich
mit der Ferne in der zunehmenden Laubhülle verlieren. Jede
Spitze strebt mit einer Pagode zum Himmel, jedes Thälchen
birgt ein Dorf oder stille Hütte. Mit tactmässigen Schlägen
eilen die.Ruderboote vorüber, rasch gleiten mit viereckigem Segel
die Fischer vorbei, und dreimastige Schiffe wiegen stolz an ihren
Ankern.
Im bunten Verkehr des Bazaars drängen sich die verschiedensten
Nationen des diesseitigen und jenseitigen Indiens. Buden
füllen mehrere Strassen und bieten jede Mannigfaltigkeit europäischer
und orientalischer Artikel. Als einheimisches Product finden
sich die porösen Kühlgefässe, die in Martaban verfertigt werden.
In der Nähe des Marktes (Jhe) sind die Bastplätze der
jhe-krio (Jhe-arap) aufgeschlagen und der Zugang zum grössten
(der Burra-Bazaar) ist des Morgens immer mit einem Knäuel einspänniger
Droschken (Ghari) blokirt, worin die Frauen der Creo-
len oder der reicheren Eingeborenen, sowie die Haushälter der
Europäer von allen Seiten herbeigekommen sind. Dort kauft der
Koch seine Ingredienzen für das heisse Bagout des Curry, als
rothen Chilli - Pfeffer, Saffran, Knoblauch, Tomatoes, Coriander,
Cocosnüsse, Ingwer u. s. w., von Gemüsen: Kartoffeln, Yam, Reis,
Lattich u. dgl. m., oder je nach der Jahreszeit der Früchte, die
Melonen, Wassermelonen, Ananas, Jackfrucht (Artocarpus inte-
grifolia), Pumeloh (Citrus decumana), Bananen, Durian, Mangoes
(Mangifera indica), Orangen, süsse oder saure Citronen (Citrus
limetta, bergamia), Schaumäpfel (Anona squamosa), Granaten
oder Schauk (Punica granatum) oder Salae u. s. w. Die Papaya
(Carica) ist ihrem birmanischen Namen nach Uber See (Thim-
bauthi) eingeführt, ebenso wohl die Guava (Psidium pomiferum),
die auch in Tahiti jetzt die ganze Insel als Unkraut überwachsen
hat, seit sie von Schiffen aus Westindien mitgehracht
wurde. An einer besonderen Abtheilung sitzen die Verkäufer
von Fisch oder solchen Fleisches, was zu haben ist. Ausser-
dem finden sich Medicinen (Alaun, Schwefel, Senna, Castoröl),
Gamboge (von Garcinia elliptica und G. pictoria nach Mason),
Ghi, -Tamarinden, getrocknete Erbsen, Pferdefutter und was sonst
bedürftig sein sollte, und der Kauflustige findet sich sogleich
von einem Haufen Knaben und Lastträgern mit Körben umgeben,
um ihm die Sachen bis zum Wagen zu bringen. Die Ngapie-
Verkäufer sind nach der äussersten Ecke relegirt und findet sich
eine feinere Art (Ballochang genannt und besonders in Penang
verfertigt), die selbst zuweilen auf den Tischen der Europäer erscheint.
In Molmein haben natürlich die Engländer dafür gesorgt,
dass die Tafel mit Ochsen - und Hammelbraten versehen
werden kann, und es fehlt nicht an Schlächtern mohamedanischen
oder christlichen Glaubens,. die auch dem buddhistischen )
Epikuräer möglich machen, seine Fleischtöpfe zu füllen.
Die Birmanen sind leidenschaftlich für Blumen, mit denen
* ) I n s e i n e r Widerlegungsschrift bemerkt der tamulische Sivait: „Gestorbenes
essen ist keine Sünde.“ „O, Bauddha, der du so sprichst, höre. Weil man weiss,
dass dn’s essen wirst, schlachtet man und bringt es dir zu essen, und so fällt man
deinetwegen in Schuld, denn für Nichtessende schlachtet man wahrlich nicht.«
Sprichst du: „Ei, die Schuld haftet auf den Schlächtern“, so frage ich dich:
„Was für eine Art von Askese übst du denn, dass diejenigen, die dich füttern, in
Schuld fallen? Opferst du nicht selbst deiner Gottheit Fleisch? Dein eigenes
Fleisch verabscheust du als unrein und isst doch anderer Wesen Fleisch. Wenns
so hergeht — was für einen Begriff hast du dann von Reinheit?“. (S. Graul.)