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 Durchreise  zu  ermöglichen.  Anders  freilich  verhält  es  sich,  
 wenn man  für  ethnologische Forschungen  in den Geist  des Volkes  
 einzudringen  strebt,  da  einheimische Dolmetscher  eine  sehr  
 trügerische Stütze  abgehen,  so  lange  man  nicht  selbst  hinlängliche  
 Kenntniss der Dialecte besitzt,  um  sie  in  Fragen  und Antwort  
 controliren  zu können.  Die hauptsächlichste Schwierigkeit  
 in der Aneignung roher Idiome  liegt darin,  dass man mitdem Ohre  
 zu  lernen hat, während  unsere Erziehung  sich  überwiegend  auf  
 gesichtliche  Anschauung  basirt.  Der Wilde  im Gegentheil  besitzt  
 eine  äusserst  scharfe  Unterscheidungsgabe  für  die  unbedeutendsten  
 Lautverschiedenheiten,  und  eine dem Europäer kaum  
 bemerkbare  genügt für ihn  schon,  einen  ganz neuen Sinn  in  das  
 Wort  zu  legen.  Alle  monosyllabischen  Sprachen  sind  der  beschränkten  
 Zahl  ihrer consonantischen Zusammensetzungen  wegen, 
   mit Nothwendigkeit  auf  das Betonungssystem  angewiesen,  
 und  die Vielfachheit der die Bedeutung  eines  sonst fast  gleichen  
 Klanges  verändernden Accente  zeigt im  ersten Augenblicke  dem  
 Beginner  eine  solche Menge  von  verwickelten  Complicationen,  
 dass  er fast verzweifelt,  seinen Pfad durch  dieses Wirrsal  zu  finden. 
   In  den  indochinesischen  Sprachen  bietet  sich  aber  die  
 werthvolle  Hülfe,  dass  dieselben  nicht  nur  eine  geschriebene  
 Literatur  besitzen,  sondern  auch  auf  einfach  alphabetische Anordnung  
 reducirt  sind.  Der Europäer  kann  also  bei  ihnen  den  
 ihm vertrauten Weg wieder aufnehmen,  durch  das Auge  zu  lernen, 
   und  dann verwandelt sich  für ihn  dieselbe Sprache,  die  anfangs  
 unübersteigbare Schwierigkeiten  aufzuthürmen  schien,  in  
 eine  der  klarsten und  deutlichsten,  da  die  grammatischen Verhältnisse  
 leicht durchschaut sind.  Im Fortgange wird  er freilich  
 grade in  dem Mangel  solcher,  der ihn  zuerst mancher Mühe  überhob, 
   einen neuen Hemmschuh  finden.  Ein nach den  festen Regeln  
 der  Syntax  zusammengeordneter  Satz  kann  für  den  mit  ihnen  
 Vertrauten  immer  einzig  den  einen und  bestimmten Sinn  haben,  
 den der Verfasser hineinzulegen  beabsichtigt;  ein nur durch  lose  
 Nebeneinanderstellung  verbundener  aber  mag  in  kurzen  Sentenzen  
 klar genug sein,  wird  aber  bei  weitergehenden Abhandlungen  
 nur  aus  dem  Zusammenhang  des  Ganzen  verständlich  
 werden können,  und giebt selbst,  nachdem mühsam aus demselben  
 herausconstruirt,  dennoch nicht stets  eine Garantie  für die  richtige  
 Erklärungsweise.  Das Birmanische bietet indess  einen Anhalt  
 durch  die  der  unsrigen  entgegengesetzte  Constructions-  
 Weise,  die  die Nebenbegrifle  in  übersichtlicher Abhängigkeit unter  
 den  dominirenden  bringt.  In  seinen  Zusammensetzungen  
 nähert es  sich mehr polysyllabischen Verbindungen,  als das Siamesische, 
   das  schroff  in  der  einsylbigen Abgeschnittenheit verharrt, 
   und auch die  dem Pali  entnommenen Worte kürzer  zustutzt.  
 Ueberhaupt ist das Birmanische weicher  und  nachgiebiger,  und  
 mitunter  das  Italienische  unter  den  indochinesischen Dialekten  
 genannt  worden.  Durch  den  cadenzartigen  Wechsel  der  
 Betonungen  erhalten  alle  diese  Accentsprachen  etwas  Singendes  
 in  der  Aussprache,  wie  die  meisten Wilden  in  einem  gewissen  
 Rhythmus  reden.  Die  scharfe Prosa tritt erst mit dialektischer  
 Ausbildung  hervor.  Da  die  Indochinesen  solche  Modulationen  
 der Stimme*),  wodurch  wir die Frage,  den  Ausruf,  die  
 Verwunderung u.  s. w. bezeichnen,  schon  für  die Bedeutung dei  
 Worte- vorweggenommen  haben,  so  bedürfen  sie  eines  grossen  
 Apparates  von  Affixen,  um  dem  jedesmaligen  Gefühlszustande  
 einen Ausdruck  zu  geben.  Allen  gemeinsam  ist  auch  der Gebrauch  
 der Hülfszahlwörter,  indem  sie  die Cardinalzahlen  nicht  
 direct  mit  dem  Substantiv verbinden,  sondern  einen Träger derselben  
 zwischenschieben,  ähnlich  unserm  vier  Stück  Ochsen,  
 statt vier Ochsen,  vier Paar Hosen,  vier Mann Soldaten,  vier Kopf  
 hoch  und  Anderes.  So  heisst  kun-si-lae-uh  (vier  Kaufleute)  
 Kaufleute,  vier Köpfe, khvae-tak-oun  (ein Hund) Hund,  ein Thier, 
 *) Lepsius bemerkt,  dass  die Tonaccente der monosyllabischen Sprachen niclit  
 so  sehr  den  musikalischen  Tönen  der  Tonleiter  entsprechen  (worauf  sie  z.  B.  
 Pallegoix  zu  redueiren  sucht),  wie  dem Phrasen-Accent  oder  auch  dem  von  der  
 quantitativen  Stärke  des  ausgesprochenen Yocals  verschiedenen Accent  des  einzelnen  
 Wortes.  Während  dies  einsylbige Princip  in  den Beziehungen  zwischen  
 Vocal  und  Consonant  bis  zu  seiner  äussersten Grenze  vorging,  behielt  es  doch  
 andererseits  den Wortaccent der mehrsylbigen  Sprachen  bei und  coneentrirte  ihn  
 nur  auf einen Vocal.