
Chans speiste in einem Nebenzimmer. Die Frauen des
Fürsten, wie überhaupt weibliche Kalmücken, haben
wir nicht gesehen. Die Brüder des Fürsten legten
vor. Die Speisen waren vortrefflich zubereitet, da der
Fürst einen russischen Koch in seinen Diensten hat,
der sein Geschäft sehr gut versteht, sie waren daher
aber auch ganz europäisch zubereitet. Nur ein den Kalmücken
eigenthümliches Gericht befand sich darunter, das
sie Ischkizin-machan nennen, und das aus klein geschnittenem
gekochten Schaaffleisch besteht. Es folgte gleich
nach der Sterledsuppe, mit wTelcher angefangen wurde.
Champagner wie auch andere französische und einheimische
Weine fehlten nicht. Während der Tafel
führte ein Chor von Kalmücken, unter Anführung eines
russischen Kapellmeisters, Ouvertüren von Mozart
und Rossini wie auch Märsche und Tanzmusik mit
vieler Fertigkeit auf. Es gewährte allerdings einen
merkwürdigen Anblick, unsere Musikanten mit ihren
braunen, dicken, pfiffigen Kalmückengesichtern die
europäischen Instrumente so fertig handhaben zu sehen.
Nach Tische wrurde noch Kaffee herumOjr ereicht,'
worauf wir uns dann,J sehr zufrieden mit dem eiaOrenthümlich
zugebrachten Tage, empfahlen. Der Fürst
beschenkte uns beim Abschiede noch mit einer Flasche
Araca und einer Flasche Arsa, um die w'ir gebeten, so wne
mit einer kalmückischen ledernen Flasche, und liess uns
dann quer über die Wolga, und darauf in seinen Equipagen,
die schon früher hinübergeschafft waren, bis nach
Seroglasinskaja, der vierten Station von Astrachan,
fahren, bis wohin uns auch der junge Fürst S e r e n -
danduk begleitete. Hierhin hatten wir auch unsere
Reisewagen bestellt, und mit diesen setzten wir nun
bei einbrechender Nacht wohl eingehüllt die Reise
weiter fort; denn es war kalt, und der Winter nahte
sicji mit starken Schritten.
In den folgenden Tagen fanden wir schon die
ganze Landschaft mit Schnee bedeckt. Wir verfolOgten
in umgekehrter Richtung die auf dem Hinwege
genommene Strasse bis Zarizyn, gingen dann über
die Scheide zwischen der Wolga und dem Don, und
machten, da die Strasse nach Moskau nicht unmittel-
telbar bis zum Don führt, von der Stanitza Tischans-
kaja, wo wir uns diesem Flusse am meisten genähert
hatten, eine eigene Exkursion dorthin, um an seinem
Ufer noch den Stand des Barometers zu beobachten.
Es wTar diess die letzte von den vielen Barometer-
Beobachtungen, die wir an dem ganzen Laufe der
Wolga, sowohl auf der Hin- als auf der Rückreise
bis hierher, besonders in der Absicht angestellt hatten,
um nach Möglichkeit auch das Unsrige zur Lösung der
.Frage über die relative Höhe des kaspischen Meeres
beizutragen. Die Beobachtungen wurden später mit den
gleichzeitig in Kasan angestellten Beobachtungen verglichen,
und ergaben zwar im Allgemeinen wohl für
den Spiegel des kaspischen Meeres, in Vergleich mit
dem des atlantischen Meeres, einen lange nicht so bedeutenden
Unterschied der Höhe, als aus dem im Jahre
1811 von Pa r r o t und En g e lh a r d t angestelltem barometrischen
Nivellement zwischen dem kaspischen und
schwarzen Meere hervorging; doch war der gefundene
Unterschied immer noch bedeutend gen ug, um
Herrn v o n Humbo ldt zu veranlassen, sein Bedenken
über das Resultat des neuen, im Jahre 1829 angestellten
barometrischen Nivellements von Pa r r o t ,
wonach ein Unterschied in der Höhe des kaspischen
und schw’arzen Meeres so gut wie gar nicht statt finden
sollte, auszusprechen1) . Ich führe aber das Detail
dieser Beobachtungen nicht an, da es jetzt nur ein
geschichtliches Interesse haben würde, indem diess Problem
nunmehr durch das im Jahre 1837 auf Befehl des
Kaisers Ni c o l a u s von den Herren G. v o n F u s s ,
Sab l e r und S aw i t s c h ausgeführte trigonometrische
*) Vergl. P a r r o t Reise aum Ararat Th. II S. 192.