des Düngers zur Feuerung bedienen muss ’) ; die Luft
ist indessen sehr trocken, und häufig eintretende dürre
¡Sommer verursachen nicht selten mehr oder weniger
grossen Misswachs. Auch mit dem ¡Seidenbau hat man
den Anfang gemacht, er wird hauptsächlich in Katharinenstadt,
dem Hauptorte der Kolonien, und in Schafhausen
betrieben, doch verursacht die Kultur der Maulbeerbäume
noch grosse Schwierigkeiten; alle, welche
wir sahen, waren strauchartig; sie werden im Winter
mit einem korbartigen Flechtwerk umgeben, wie die
Anpflanzungen auf der grossen Strasse von Busuluk.
Ausser den Ackerbauern befinden sich unter den Kolonisten
auch eine grosse Anzahl von Professionisten,
die meistentheils in Katharinenstadt ansässig sind, so
dass für alle Bedürfnisse gesorgt ist. Die Kolonisten
sind theils evangelischer, theils katholischer Confession,
grösstentheils aber doch evangelisch, denn unter den
von uns besuchten Kolonien sind nur Solothurn, Pen-
uiskoi, Lucern und Obermonjou katholisch, die übrigen
alle evangelisch, Jeder der Kolonisten hat hinter seinem
Hause einen Garten; die Wohnungen, welche
wir gesehen haben, sind reinlich und ordentlich,
und zeugen von dem Wohlstand der Bewohner. Sie
zeichnen sich hierdurch vortheilhaft vor den Wohnungen
vieler russischer Bauern aus, wiewohl die Kolonisten
doch im Allgemeinen mit den russischen Kronsbauern
gleich gestellt sind, und dieselben Abgaben
entrichten, nur mit dem Unterschied, dass sie freie
Unterthanen sind, freie Disposition über ihre Person
und ihr Eigenthum und eigene Gerichtsbarkeit haben
und von den Kriegsdiensten ausgenommen sind.
Es erregte in uns ein höchst freudiges und rührendes
Gefühl, so fern von dem vaterländischen Boden
auf eine so grosse Erstreckung nur die vaterländische
] ) Nur einige wenige Kolonien auf der Bergseite sind mit dem
nothigen Holzbedarf versehen.
Sprache zu hören, und vaterländische Sitten und Gebräuche
zu sehen, und es war uns sehr wohlthuend, die
Bewohner dieser Kolonien durch die Fürsorge einer
liberalen und für sie wohlwollenden Regierung glücklich
und mit ihrem Schicksale zufrieden zu finden.
Wir konnten es daher dem Fürsten Ga l l i t z in nur
Dank wissen, uns zu dieser Reise bewogen zu haben,
die er durch seine freundlichen Vorkehrungen eben so
unterrichtend als angenehm gemacht hatte. Die jetzigen
Generationen geniessen die Früchte der früheren,
die nur mit den Schwierigkeiten der ersten Ansiedlung
zu kämpfen batte. Die Einwanderer waren unter
der Regierung der Kaiserin Ka tha r ina II. J) aus
verschiedenen Theilen Deutschlands, besonders aus
Würtemberg, Hessen und Sachsen nach Russland g e kommen,
waren aber, des Ackerbaues unkundig, zum
grossen Theil Fabrikarbeiter oder Handwerker, die sich
nun genöthigt sahen, eine ihrer früheren ganz entgegengesetzte
Lebensart zu führen, und nun auf die Benutzung
eines Bodens angewiesen wurden, dessen Ei-
genthümlichkeiten ihnen ganz unbekannt waren. So
ging die erste Generation ungeachtet der grossen Vergünstigungen,
die ihr in der ersten Zeit ihrer Ansiedlung
zu Theil wurden, in Noth und Sorge und in Heimweh
nach dem verlornen Vaterlande unter, und arbeitete
zum Wohl der folgenden Generationen, die im Lande
geboren und erzogen mit den Eigenthümlichkeiten und
Vortheilen desselben bekannt geworden sind, und sie
zu benutzen gelernt haben2).
*) In Folge des unter dem 22. Jnii 1763 erlassenen kaiserlichen
Manifestes unter der Aufsicht der damaligeu Tutel.Kanzlei für die
Ausländer, welche von der Kaiserin eigeuds für die Ansiediung derselben
errichtet war.
s ) Genauere Nachrichten über den jetzigen Zustand der Kolonien
giebt Kr dma n n in seinen Beiträgen zur Kennlniss des Innern
von Russland Th. II S. 282, so wie auch Göbel in seiner Reise in
die Steppen des südlichen Russlands Th. I S. 277.