nen zu lernen, und folgten dahe: gern der Aufforderung
des Herrn S t r a n a k hineinzutreten, woran wir auch von
den vor dem Tempel befindlichen Kalmücken nicht gehindert
wurden. In dem Gebäude befand sich an der
der Thür gegenüber liegenden Wand der Altar, der
in einem Tische mit einem terrassenförmigen Aufsatze
bestand, auf welchem die Figuren ihrer Götzen aus
vergoldetem Messing standen; andere in grellen Farben
gemalte Bildnisse von Götzen hingen an den übrigen
Wänden zur Rechten und zur Linken. Auf dem
Tische neben dem Aufsatze waren eine Menge kleiner
Näpfchen mit Früchten, Wasser,, getrocknetem
Fleische, Käse und allerhand anderen Opfern gefüllt,
aufgestellt. Zwischen Thür und Altar sassen 6 Priester
am Boden mit untergeschlagenen Beinen in 2 Reihen
einander gegenüber, oben rechts vom Altar der
Lama oder Oberpriester, auf den übrigen Plätzen die
Gellongs oder Unterpriester, die mit verschiedenen
Instrumenten die rauschende Musik hervorbrachten,
welche wir schon von fern gehört hatten. Der Lama
bediente sich dazu einer Klingel, der ihm gegenübersitzende
Gellong zweier Becken, die er mit Heftigkeit
an einander schlug, der dritte und der ihm gegenüber
sitzende vierte Priester einer Art Trompete, der fünfte
einer Pauke, die er mit krummen gepolsterten Schlägeln
schlug, und der sechste einer grossen Schnecke,
einer Art Strombus. Die Musik mit diesen Instrumenten,
wenn man anders das fürchterliche Getöse so
nennen kann, wechselte mit einem ähnlichen Gesänge
ab. Nachdem Beides, Musik und Gesang, eine Zeit
lang gewährt hatte, erhob sich der Lama, worauf die
Musik aufhörte. Er hatte, wie die ändern, bisher nicht
die geringste Notiz von uns genommen, nun trat er
auf uns zu, und begrüsste uns. Es war ein schon älterer
aber freundlicher Mann. Herr S t r a n a k redete
ihn russisch an, was er verstand, und stellte ihm Herrn
v o n Humbo ldt vor; er erwiederte mit der Frage,
ob er uns mit Thee bewirthen könnte, was aber Herr
v on Humbol d t höflich dankend ablehnte, und sich
darauf mit uns wieder entfernte.
In der Nähe von Astrachan wird die Strasse belebter.
Wir kamen bei einzelnen rechts und links am
Wege liegenden Meierhöfen und Weingärten vorüber,
in welchen die vortrefflichen astrachanischen Trauben
gebaut werden, und gelangten endlich zu einem tatarischen
Dorfe, das sich am diesseitigen Ufer, gleichsam
wie eine Vorstadt von Astrachan entlang zieht,
bis endlich am jenseitigen Ufer des mächtigen Stroms
die Stadt ausgebreitet vor uns lag, fast von den Masten'
der vorliegenden Schiffe verdeckt, über welchen die
weisse Kathedrale hoch hervorleuchtete.
Wir waren um 4 Uhr Nachmittags an der Stelle
angekommen, wo man überzusetzen pflegt. Hier erwartete
uns schon ein Dampfboot, das von dem General
Gouverneur Herrn v o n Os s ip o f f zu unserer
Ueberfahrt abgesendet war, und auf welchem wir
auch sogleich unter Abfeeerung der auf dem Dampfboote
befindlichen Kanonen nach Astrachan hinüber
fuhren, ohne erst die Verladung unserer Wagen abzuwarten,
die man, um uns nicht aufzuhalten, auf einem
anderen Boote einschiffte. Unter einem grossen
Zusammenfluss von Menschen, welche die ungewöhnlichen
Veranstaltungen herbeigelockt hatten, stiegen
wir ans Ufer, und setzten uns in ein Paar vierspännige
Wagen, die auch hier schon für uns bereit standen,
und uns in die für uns bestimmte Wohnung, in
einem Hause des Kaufmanns F e d e r o f f , eines alten
sehr reichen Mannes, der ein Vermögen von 3 Millionen
Rubel haben soll, und 4 Häuser in Astrachan
besitzt, führten. Das untere Stockwerk von einem
dieser Häuser war zu unserer Aufnahme bestimmt, es
enthielt einen grossen Saal und mehrere hohe und
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