Interessant sind die Kanfhöfe der verschiedenen
in Astrachan wohnenden Völkerschaften, die meistens
alle in der weissen Stadt liegen. Es befinden sich
hier mehrere russische, armenische und tatarische, so
wie auch ein persischer und ein indischer Kaufhof.
S ie bestehen wie immer aus einem viereckigen Gebäude,
das nach aussen zu lauter neben einander liegende
Läden enthält, und einen innern Hofraum ein-
schliesst, zu welchem man durch ein Thor von aussen
gelangt. Der Kaufhof der Perser ist ein steinernes
Gebäude, das in einem zweiten Stockwerk auch Wohnungen
enthält, in welchen der grössteTheil der Perse
r , welche sich in Astrachan aufhalten, auch wohnt,
da sie meistens Kaufleute sind. Erdmann giebt die
Zahl derselben nur auf 500 an, sie stammen grössten-
theils aus den Provinzen Masenderan und Gilan, den Seidenländern
des persischen Reichs, mit deren Erzeugnissen
sie auch grösstentheils handeln. Sie sind meistens
unverheirathet, Handelscommis persischer Kaufleute
die ab - und zugehen; nur wenige von ihnen
sind in Astrachan fixirt, und einige mit tatarischen
Weibern verheirathet, welche dann auch meistens in
der Stadt wohnen. S ie handeln mit persischen seidenen
Shawls und Tüchern, auch mit indischen Zeugen,
persischen trockenen Früchten u. s. w ., stehen sonst
aber den ganzen Tag müssig schwatzend vor ihren
Läden. Sie haben in Astrachan keine Medsched, und
besuchen auch nur selten die zahlreichen Medscheds
der Tataren, da sie zu einer anderen Sekte der Mu-
bamedaner gehören.
Nicht weit von dem persischen Kaufhof befindet
sich der indische, der nur aus Holz gebaut ist. Die
Zahl der in Astrachan lebenden Hindus ist nicht gross,
E rd mann giebt sie nur auf 70 an. Sie stammen aus
der Landschaft Multan am Indus, und machen theils
Handelsgeschäfte, theils leihen sie Geld zu hohen
Zinsen zu 12 — 36 pC. aus, und werden dadurch
reich, weil sie ein sehr mässiges Leben führen. Sie
sind ebenfalls unverheirathet, ergänzen sich daher durch
junge Leute von ihren Verwandten und Freunden,
welche sie von Zeit zu Zeit als Gehülfen und Theil-
nehmer ihres Handels nachkommen lassen. Sie werden
sonst als sehr gutmüthig und ehrlich gerühmt,
wie sie auch ein solches Aeussere haben, und zeichnen
sich dadurch vortheilhaft vor den Armeniern aus,
deren Charakterlosigkeit schon Gme l i n mit lebhaften
Farben schildert. Sie wohnen ebenfalls in ihrem Kaufhofe,
und halten dort auch ihre gottesdienstlichen
Uebungen. Wir wünschten einen solchen Gottesdienst
kennen zu lernen, und wurden deshalb von dem Gouverneur
eines Nachmittags um 5 Uhr zu den Hindus
geführt, denn sie beginnen ihre Uebungen jedesmal mit
Sonnenuntergang.
Der Ort, an welchem die Indier den Gottesdienst
hielten, war ein niedriges mässig grosses Zimmer mit
2 Fenstern, denen gegenüber man eintrat. Es hatte,
einen kleinen Raum an dem Eingänge ausgenommen,
einen erhöhten Fussboden, der mit Teppichen belegt
war, und zu welchem ein Paar Stufen führten. In
der Ecke rechts am Fenster stand ein mit Seidenzeugen
behängter Tisch, und auf demselben die Pagode,
ein etwa l f Fuss langer und breiter Untersatz, mit
einem terrassenförmigen Thron und einem von vier
kleinen hölzernen roth angestrichenen Säulen getragenen
Baldachin. Auf und neben dem Throne standen
ihre Götter aufgestellt, unförmliche menschliche Figuren,
welche von 6 bis 12 Zollen Höhe und aus Kupfer
gegossen und vergoldet, zum Theil mit blauen und
rothen seidenen Mäntelchen behängt waren, und wie
Kinderpuppen aussahen '). Vor diesem hatte d e rS e -
x) P a l l a s hat in seiner Reise in die südlichen Statthalterschaften
des russischen Keichs Th. I S. 225 alle diese Götter namentlich
aufgeführt und beschrieben.