
gezeiten sucht sich der Palolo diejenige aus, bei welcher der Mond t i e f steht, und daher die luft-
elektrischen Verhältnisse (und was davon abhängt) günstig sind.“ F r i e d l ä n d e r setzt dann
auseinander, daß dies wenigstens die einzige noch mögliche Version der A r r h e n i u s ’sehen Theorie
sei, denn der Palolo richtet sich nach dem synodischen und nicht nach dem tropischen Monat. In
Loggerhead Key, dem Wohngebiete des atlantischen Palolo aber hat im Juli das dritte Viertel
eine beträchtlich nördlichere Deklination als das erste. Deshalb schließt F r i e d l ä n d e r , müßte
sich der atlantische Palolo nach A r r h e n i u s eher das erste Viertel aussuchen als das letzte, wie er
in Wirklichkeit tut. So kann denn auch die von E u l e r mitgeteilte Vermutung, wenn sie sich auch
als richtig erweisen sollte, die Hypothese des A r r h e n i u s nicht stützen.
B r u n e 11 i und S c h o e n e r (1905) suchten die Frage vom Gesichtspunkte der allgemeinen
Biologie zu lösen. Nach ihnen sollen die Schizogamie und Epitokie der Chaetopoden darin ihren Ursprung
haben, daß ursprünglich zufällige Verletzungen der in Frage kommenden Würmer bei diesen
spontan wurden und sich schließlich in einer Form vererbten, die der Verbreitung und Erhaltung der
Art günstig war. Speziell bei den Palolos und ihren Verwandten soll der Wechsel der Gezeiten gewissermaßen
einen phylogenetisch entstandenen erinnernden Reiz für das Nervensystem darstellen, das durch
die physiologischen Vorgänge bei der Geschlechtsreife und der durch die Epitokie bedingten Umwandlung
eine periodisch wiederkehrende Krisis durchzumachen hat.
Die schon vorher erwähnte Arbeit A. G. M a y e r ’ s (1909) hat nun endlich dem planlosen
Suchen nach Erklärungen ein Ende gemacht, indem dieser Forscher den hier einzig richtigen Weg,
den des Experiments, beschritt. Ma y e r glaubte nachgewiesen zu haben, daß der natürliche Wechsel
des Mondlichtes auf das Zustandekommen der Brutschwärme beim atlantischen Palolo ein unbedingt
notwendiger Faktor sei.
Zunächst gibt Ma y e r noch einige Einzelheiten über die Art des Schwärmens und die Entleerung
der Geschleehtsprodukte von Eunice fucata Ehl. Die geschlechtsreifen Würmer sind etwa
250 mm lang und enthalten in den hinteren 150 Segmenten ihre Geschlechtsprodukte. Vor Sonnenaufgang
des Schwärmtages kommen die Hinterenden aus den Ritzen der Steinblöcke und lösen sich
unter korkzieherartigen Bewegungen von den Vorderenden los, steigen an die Oberfläche und schwimmen.
rückwärts hinweg, während die Vorderenden in die Steine zurückkriechen und regenerieren.
Nur wirklich reife Würmer werfen ihre Hinterenden ab. Die männlichen Enden sind durch ihren
Inhalt lachsrot oder trübrosa, die weiblichen grünlichgrau oder hellbraun gefärbt. Auch einzelne
Teile zerschnittener Hinter enden schwimmen rückwärts weiter. Nachdem die Wurmenden die
Meeresoberfläche erreicht haben, schwimmen sie nach allen Richtungen durcheinander, zeigen keine
Tendenz, sich in Massen zu vereinigen, sondern jedes einzelne verfolgt seinen eigenen Weg ohne
Rücksicht auf seine Genossen ändern Geschlechts. Sobald die ersten Sonnenstrahlen sichtbar werden,
kontrahieren sich die Tiere und entleeren ihre Geschlechtsprodukte durch Zerreissen des Hautmuskelschlauches,
der alsbald als leere tote Hülle zu Boden sinkt. Das Licht ist aber nicht die einzige,
sondern nur eine begleitende Ursache für jene Muskelkontraktion, denn sie findet auch bei im Dunkeln
gehaltenen schwimmenden Wurmenden statt, allerdings oft erst eine Stunde oder mehr nach der
Zeit, zu welcher es die im Freien befindlichen Tiere tun. Einige Würmer des Schwarmes entleeren
sich auch schon vor Sonnenaufgang. Ein mechanischer Choc verursacht das Bersten der Wurmenden,
wobei die weiblichen sensitiver als die männlichen sind. Das zeigt sich auch darin, daß man letztere
durch Zusatz von Alkohol betäuben kann, ohne daß sie sich entleeren, was bei den Weibchen nur
schwer gelingt.
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Gewaltsam aus den Felsen gebrochene Würmer werfen zwar ein schwimmendes Ende ab,
das auch seine Geschlechtsprodukte, allerdings nur langsam, entleert, doch entwickeln sich auf diese
Art gewonnene Eier nicht weiter, selbst wenn sie nur 24 Stunden vor dem normalen Schwarm abgelegt
wurden. Jede kleinste Unreinheit des Wassers oder auch nur die Anwesenheit von etwas Kohlensäure
verhindert das Schwärmen zur normalen Zeit, ebenso wie stagnierendes Wasser den Brutschwarm
vereitelt. Die Geschlechtsprodukte atrophieren in solchem nicht völlig frischen Wasser.
Um nun den Einfluß des Mondlichtes und auch der Gezeiten auf das Schwärmen dieser Eunice
sicher bestimmen zu können, setzte Ma y e r die Würmer mit ihren Steinen in große, 2 m x 1 m x
1 m messende Holzkasten, die halb voll Wasser auf der Oberfläche der See schwammen und deren
Boden und Seitenwände reichlich mit Löchern versehen waren, so daß ständig frisches Wasser ins
Innere der Behälter gelangen konnte. Durch besondere Schirme wurden die direkten Sonnenstrahlen
von dem Inhalt der Kasten abgehalten, dagegen konnte das Mondlicht frei einfallen. Infolge einer
solchen Vorrichtung befanden sich die Würmer beinahe völlig unter natürlichen Verhältnissen, nur
waren sie dem Wechsel der Gezeiten entrückt, da ihre schwimmenden Behälter sich mit dem Wasserspiegel
hoben und senkten.
Ma y e r setzte nun die Versuchstiere in den Jahren 1905 und 1908 je 30 Tage vor dem
voraussichtlichen Hauptschwarm, im Jahre 1907 aber erst 3 Tage vor demselben in diese Behälter.
Jedesmal schwärmten einige von den so behandelten Würmern normal, d. h. innerhalb der Zeit vom
1.—-3. Tage nach dem letzten Mondviertel im Juli. Von 11 Würmern waren es 4, 7 warfen ihre
Hinterenden nicht ab, sondern blieben indifferent. Da nun in der Natur a l l e reifen Würmer
schwärmen, so folgert Ma y e r aus diesem Experiment, daß der Gezeiten Wechsel zwar kein notwendiger,
wohl aber ein die physiologischen Vorgänge fördernder Faktor für das Zustandekommen
der Brutschwärme ist. Allerdings gibt dieser Forscher selbst zu, daß doch vielleicht die Wasserzirkulation
in seinen Bassins nicht genügend war, und so die unnatürlichen Verhältnisse die Würmer
am Schwärmen hinderten.
Ein sicheres Ergebnis scheinen die Versuche zu haben, bei denen es sich um den Einfluß des
Mondlichtes handelte. Ma y e r schloß nämlich die Strahlen des Mondlichtes von einigen seiner
Behälter dadurch aus, daß diese regelmäßig des Abends bei Sonnenuntergang mit lichtdichten Holzdeckeln
zugedeckt wurden, so daß die betreffenden Würmer wohl dem Tageslicht, nicht aber dem
Mondlicht ausgesetzt waren, da die Deckel jeden Tag bald nach Sonnenaufgang wieder geöffnet
wurden. Das Mondlicht wurde abgesperrt 1905 30 Tage, 1906 14 Tage, 1907 5 Tage, 1908 2 Tage
vor dem vermutlichen Datum des Hauptschwarmes. Von den 22 zu diesem Versuche in die Kasten
gesetzten Würmern zeigte nicht ein einziger eine Neigung zum Schwärmen. Somit hielt Ma y e r
das Mondlicht für einen zum Zustandekommen des Schwärmens unbedingt notwendigen Faktor;
und zwar glaubte er, daß die betreffende Mondphase das Losbrechen der Brutschwärme selbst
beeinflußt.
Auf Grund unserer Beobachtungen an der heteronereiden Form von Nereis dumerilii waren wir
zu der Annahme gekommen, daß es das vom Mond reflektierte Licht der Sonne sei, welches den
Zeitpunkt bestimmt, an dem die Umwandlung der Würmer beendet wird und an welchem diese zur
Meeresoberfläche empor steigen, um ihre Geschlechtsprodukte abzusetzen. Wie schon in einem früheren
Absatz erörtert wurde, ist aber auf Grund der Beobachtungen an der schwärmenden Nereis
dumerilii zu schließen, daß dieser Reiz, den das Mondlicht ausübt, nicht erst im Moment des Los