
Röhren anlegten und nun dauernd dort blieben. Auch wiederholtes gewaltsames Zerstreuen der
Würmer in ihrem Glase, das bei einigen der Kolonien vorgenommen wurde, änderte nichts an dem
Verhalten.
Die Tropismen, die sich bei den mit 10 Ruderpaaren versehenen jungen Nereis dumerilii einstellen,
und die ja in der Natur beide in gleichem Sinne wirken, nämlich das Tier veranlassen, aus der
mütterlichen Wohnröhre heraus und an den Zweigen der Algen öder an den Steinen und Felsen des
Meeresbodens nach oben zu kriechen, bedingen somit die Zerstreuung und Ausbreitung der bis dahin
auf den engen Raum der Röhre des Muttertieres zusammengedrängten Würmer. Allerdings wird
sich diese Ausbreitung nur über ein kleines Gebiet von vielleicht nur einigen Quadratmetern Umfang
erstrecken, indem jedes einzelne Tier wohl bald bei seiner Wanderung an die Spitze eines Algenzweiges
oder die obere Kante eines Felsstückes gelangt, wo es sich dann eine eigne Wohnröhre baut. Interessant
ist es, daß das Überwiegen des Lichtreizes vor dem der Schwerkraft die Tiere davor behütet,
von unten her etwa in eine oben geschlossene Felsspalte zu dringen, die sie ja nicht verlassen könnten,
wenn die negative Geotaxis stärker wäre. — Es. sei hier übrigens daran erinnert, daß in der Natur die
Bedingungen etwas anders liegen, als bei den oben mitgeteilten Versuchen; da nämlich die Röhren
der Muttertiere durchschnittlich 0,5—1 m unter dem Wasserspiegel angelegt zu sein pflegen, so ist
das Verhältnis der Lichtintensität zur Schwerkraft ein anderes, indem erstere wegen der von den
Lichtstrahlen zu durchdringenden Wassersäule weniger stark ist als das zerstreute Tageslicht, dem
die geringe Wassermenge im Versuchsgefäß keinen nennenswerten Widerstand entgegen setzt. In
der Natur wirkt aber andererseits auch oft das recht intensive Licht der Sonne auf die Tiere, das bei
den vorliegenden Versuchen absichtlich ausgeschaltet wurde. Auch ist der Druck des Wassers in
1 m Tiefe ein ganz anderer als der in dem Versuchsglas mit etwa 2 cm Wasserstand.
Daß e i n z e l n e Individuen die Lichtseite ihres Gefäßes auf suchten, sobald sie 10 Ruderpaare
besaßen, kam nicht nur bei der Zucht No. 8 vor, deren Entwicklung hier beschrieben wurde, sondern
auch bei mehreren anderen, die von vornherein ebenso wie diese außerhalb ihrer Mutterröhre gezüchtet
wurden. Jedoch bauten sich diese Tiere dann immer schon innerhalb der nächsten Tage
ihre Wohnröhren. — Daß diese Tiere trotz ihrer Jugend schon wehrhaft sind, zeigt die Tatsache, daß
sie sich, wenn sie auf ein und demselben Algenzweig, auf den sie gesetzt wurden, Zusammentreffen,
lebhaft zu beißen beginnen.
* I * *
Am 16. Tage ist das 11. Ruderpaar bei einigen Würmern fertig ausgebildet. Sie sind nun
1,7 mm lang. Der Darm ist jetzt völlig durchgängig, was am besten die vereinzelten Nahrungsballen,
die er enthält, beweisen. Der jetzt nur noch äußerst dünne Dotterrest sieht grünlich aus, umschließt
aber immer noch große und kleine ölkugeln. Die Chromatophoren sind gewachsen und enthalten
reichlicheres Pigment als vorher, besonders im Buccalsegment. Außer den roten finden sich dort jetzt
auch zwei große gelbe rechts und links, d. h. neben dem Dorsalgefäß. Im 1. rudertragenden Segment
hegen symmetrisch je zwei rote hinter einander etwa in der Mitte jeder Segmenthälfte, außen neben
den vorderen von diesen zudem noch je eine. Das früher scheinbar diffus verteilte Pigment der Haut
ist auf der Dorsalseite des Vorderkörpers in deutlichen Querreihen angeordnet. Quer über die Mitte
jeder seitlichen Hälfte des Buccalsegmentes zieht eine Reihe von je vier S-förmig gebogenen größeren
Hautdrüsenschläuchen, hinter deren Mitte eine fünfte ebensolche Drüse hegt. Die dorsalen Äste des
1. und 2. Rudersegmentes enthalten keine äußeren Borsten mehr, sondern lediglich ihre Aciculae,
die im Wachstum hinter den ventralen Zurückbleiben. Infolge des Zurücktretens der früher undurchsichtigen
Dottermasse wird der Vorderdarm mit seinen Teilen deutlich erkennbar. Man sieht hinter
dem Schlundkopf den sogenannten „Übergangsteil“ des Darmes, von dessen vorderem Ende rechts
und links je ein kleiner Darmanhang sackfärmig in die Leibeshöhle ragt.
Die Kiefer der am 17. Tage noch 11 Ruder auf weisenden 1,8 mm langen Würmer besitzen außer
der dunklen Spitze 6 Zähne, von denen die vorderen bräunlich, die hinteren aber hell durchsichtig sind.
Nicht immer ist die Anzahl der Zähne am Kief er
auf beiden Seiten bei ein und demselben Wurm
die gleiche. Auf ähnliche Verhältnisse bei erwachsenen
Lycoriden hat schon H e f f e r a n
(1900) hingewiesen. Die Chromatophoren haben
so zugenommen an Zahl und Größe, daß man
bereits am- Vorderkörper jederseits eine Reihe
von ihnen vom Buccalsegment bis zum 6. Rudersegment
verfolgen kann. Oft setzt sich die eine
dieser Reihen nach hinten unsymmetrisch bis
zum 9. borstentragenden Segment fort. Zu
diesen beiden Reihen kommt im Buccal- und
1. Rudersegment noch je eine weitere. Von den
Pigmentzellen jeder dieser Reihen hegen im
Buccal- und 1. Rüdersegment je drei hintereinander
in demselben Segment, in den folgenden
Segmenten je zwei, in den letzten der in Betracht
kommenden Segmente nur je eine. Im
Dotter sind noch ölkugeln vorhanden.
Die im 3. Rudersegment hegenden beiden
Anhänge des Vorderdarmes werden durch peristaltische
Bewegungen der vor ihnen befindlichen
Teile des Darmes mit Wasser gefüllt, das
sie dann periodisch wieder nach vorn entleeren.
Textfigur 4 zeigt die Lage der gefüllten Darmdivertikel
eines Tieres mit 11 rudertragenden
Nereidogene Nereis dumerilii mit 11 Ruderpaaren.
Nach dem Leben, um die Lage der Darmdivertikel zu zeigen.
Segmenten. (Vergl. auch den Horizontalschnitt Taf. IV Fig. 21 durch das Vorderende eines nereido-
genen Wurmes mit IOV2 Ruderpaaren.) Es folgen durchschnittlich immer zwei peristaltische Wellen
der Schlundkopfmuskulatur aufeinander, deren jede den Darmanhängen eine gewisse Menge von
Wasser zuführt. Die einzelnen Phasen einer solchen Welle gibt die Textfigur 5 a-d wieder. Sobald
die mit einer kräftigen Muskulatur, einer inneren Ring- und äußeren Längsmuskellage versehenen
Divertikel kugelrund auf getrieben sind, öffnet sich der vor ihren Mündungen hegende Teil des
Übergangsdarmes wieder und die Bläschen sinken plötzhch völlig zusammen, so daß ihr Inhalt
in den Vorderdarm getrieben wird, dessen Lumen sich ventral zu einer Rinne öffnet.
Nun folgt eine Pause, die länger ist, als die beiden Schlucktempos und das Ausstößen des Wassers
zusammengenommen; sie dauerte gewöhnlich 10 Sekunden, das Einschluken und Entleeren des Wassers
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