Autoren teilen mit, daß viele der dortigen Würmer hermaphrodit, und zwar protandrisch seien. Auf
S. 180 schreiben sie.: „Or, nous l’avons retrouvée en grande abondance, à la Hague, où elle pullule,
dans les algues des mares à Lithothamnion et de la zone des marées en général. Nous in’y avons pas
observé de viviparité. On trouve, d’autre part, ses embryons dans les tubes habités par elle. Nous
concluons donc, comme pour N. diversicolor, que la viviparité est occasionnelle, mais non nécessaire“.
Allerdings ist diese Form nicht vivipar, wie aus den eben zitierten Worten hervorgeht, und wie die
beiden Forscher schon vorher in einer Anmerkung (S. 147) betonten: „La Nereis dvmeriln de la Hague
est ovipare. Peut-être la viviparité constatée par M e t c h n i k o f f , d’une façon indéniable,
était-elle accidentelle“.
Es fragt sich nun, ob wir es hier wirklich mit einer nur gelegentlich, nach den äußeren Umständen
mehr oder weniger häufig auftretenden weiteren geschlechtlichen Form unserer Nereis
dumerüii zu tun haben, oder etwa mit einer jener zwar äußerst nahe verwandten, vielleicht nur den
Eang einer Unterart einnehmenden Varietät, welche aber ihren Zeugungskreis für sich, unabhängig
von dem der anderen Formen besitzt. Erst weitere Untersuchungen an den Fundstellen dieser Form
können darüber Aufschluß geben, ob dort neben der hermaphroditen auch noch eine oder mehrere
der übrigen Geschlechtsformen unseres Wurmes Vorkommen, und ob deren Lebenszyklen etwa ineinander
übergehen können, so daß man zeigen könnte, daß nur besondere Bedingungen es sind,
welche das Tier entweder in der Form a, ß, y oder <5 reif werden lassen.
Erinnert sei hier an die bei Nereis diversicolor herrschenden Verhältnisse. Max S c h u l t z e
(1856) hatte von Tieren dieser Art aus der Ostsee bei Greifswald nachgewiesen, daß sie vivipar wären.
M e n d t h a i (1889) zeigte dann, daß die im Frischen Haff vorkommenden Nereis diversicolor hermaphrodit,
und zwar proterogyn und in der Regel ovipar seien. Es bleiben aber nach diesem Autor
nach dem Ablaichen immer eine Anzahl Eier in der Leibeshöhle, die dort eventuell befruchtet werden
und sich entwickeln können. M’I n t o s h (1907) fand dann an der schottischen Küste dieselbe Art
getrennt geschlechtlich, niemals hermaphrodit oder vivipar. Wir sehen also auch , bei dieser Ly-
c o r i d e , daß sie sich je nach dem Aufenthaltsort verschieden verhält.
III. Schwärmen der heteronereiden Form.
Durch das Entgegenkommen des Herrn Dr. L o B i a n c o erhielt ich sämtliche in der Zeit
meines Aufenthaltes an der Neapler Station vom 1. Oktober 1908 bis 15. August 1909 von den
Fischern der Anstalt erbeuteten heteronereiden Nereis dumeriUi. Die Tiere wurden zum größten Teil
gelegentlich des von der Station tagaus tagein regelmäßig in den frühen Morgenstunden unternommenen
Planktonfischens gefangen, nur selten von den Fischern bei dem Suchen nach ändern Tieren
mit erbeutet. Wenn eine derartige Beschaffung des Materiales auch durchaus keine planmäßig
quantitativ geregelte is t, wie man sie etwa durch das Fischen mit einem Netz von bestimmter Öffnung,
Größe und Maschenweite, an regelmäßig demselben Ort, zu genau der gleichen Zeit, während der
gleichen Dauer hätte vornehmen können, so war, weil die Fänge vor allem gerade bei dem Planktonfischen
gemacht wurden, doch eine gewisse Konstanz in Fang-Zeit, -Dauer, -Ort und -Apparat
vorhanden. Den folgenden Ausführungen liegt nämlich die Annahme zu Grunde, daß die Anzahl
der an ein und demselben Orte zu gleicher Tageszeit während derselben Zeitdauer in einem bestimmten
Wasservolumen der Meeresoberfläche an den einzelnen Tagen der verschiedenen Abschnitte des
Jahres freischwimmend auftretenden heteronereiden L y c o r i d e n einigermaßen proportional ist
der Anzahl der an diesen Tagen oder in der Nacht vorher wirklich zur Oberfläche gestiegenen Würmer.
In welcher Weise sich diese Tiere an der Oberfläche des Meeres verbreiten, ist noch in völliges
Dunkel gehüllt. Zerstreuen sie sich planlos, sobald sie in den oberen Wasserschichten angekommen
sind, oder werden sie durch irgend einen vielleicht gerade erst jetzt in ihnen wirksam werdenden Reiz
alle in einer bestimmten Richtung fortgeführt? — Es müssen Gründe vorhanden sein, welche die
schwärmenden Geschlechtstiere unserer Art, ebenso aber auch die abgelösten, mit Geschlechtsprodukten
gefüllten Teüe anderer schwärmender Polychaeten, vor allem der Palolowürmer veranlassen,
die Nähe der Küste oder seichte Buchten aufzusuchen. Denn wenn sich die Brutschwärme in
das offene, tiefe Meer hinaus bewegten und dort ihre Geschlechtsprodükte absetzten, so würden die
sieh entwickelnden Larven bei ihrer geringen Eigenbewegung nicht imstande sein, die allen diesen in
Betracht kommenden Arten eigentümlichen Wohnplätze, die ziemlich dicht unter der Meeresoberfläche,
also immer in der Nähe des Landes gelegen sind, zu erreichen, sondern sie würden in ihrer
Weiterentwicklung unzuträgliche Tiefen hinabsinken.
Wae schon im vorigen Abschnitt erwähnt würde und wie es ja sein muß, wenn die Eier der
Weibchen sicher befruchtet werden sollen, üben die beiden Geschlechter eine starke Anziehung aufeinander
aus, vor allem drängen die männlichen Würmer energisch nach den weiblichen hin. Ebenso
ist bei den vorliegenden Tieren eine mäßige positive Phototaxis vorhanden, die bei ändern Arten wohl
noch viel stärker sein mag, wie die von der Deutschen Tiefsee-Expedition beim Ankerplatz in der
großen Fischbai an der Westküste von Afrika gefangenen heteronereiden Vertreter einer neuen Art,
Nereis luci/peta Ehlers lehren. Diese Würmer fanden sich „in Masse an der Oberfläche des Wassers,
unter den Lampen“, und E h l e r s (1908) knüpft an die Tatsache, daß lediglich männliche Tiere
erbeutet wurden, die Vermutung, daß die Weibchen vielleicht leuchtend sind und so die Männchen
herbeüocken. Es ist zwar bis jetzt noch nicht das Leuchten irgend einer Nereis - Art nachgewiesen
worden, wohl aber hält H e r d m a n (1904) es für wahrscheinlich, daß die phosphoreszierenden Lichter,
die er im Frühjahr 1902 im Hafen von Manaar sah, von leuchtenden heteronereiden L y c o r i d e n
stammen mochten.
V o n W i s t i n g h a u s e n , der die bestimmtesten Angaben über das Erscheinen der kleinen
heteronereiden Nereis dumerilii, welche sich in .der Literatur finden, gemacht hat, schreibt darüber,
daß diese Form im Februar und März pelagisch auftritt. Auch sonst findet sich in der Literatur
stets die Ansicht vertreten, daß im Mittelmeer die Zeit der Geschlechtsreife der vorliegenden Form
die ersten Frühjahrsmonate seien. Dem 'gegenüber konnte durch die oben erwähnte Beschaffung
des Materials von mir festgestellt werden, daß im Jahre 1909 das Maximum des Auftretens der Form ß
zwar in die Monate März und April fiel, daß aber andererseits solche Würmer während des ganzen
Winters 1908/09 vorkamen. So erhielt ich diese Form aus dem Meere vom 1. Oktober 1908 an in
jedem Monat bis zum 15. Mai. Diejenigen ursprünglich nereiden Tiere, welche sich nach längerer
oder kürzerer Gefangenschaft in meinen Versuchsbecken umwandelten, zeigten insofern ein hiervon
abweichendes Verhalten, als sie nur vom 13. Oktober 1908 bis 1. Dezember und dann erst wieder
vom 27. Februar bis 24. April 1909 heteronereid wurden, so daß eine Pause von beinahe vollen drei