
wohl B. c. coregoni in Betracht. Für eine solche Ableitung sprechen folgende Gründe: Erstens einmal
bestehen Übergänge zwischen B. c. crassicornis und B. c. coregoni. Solche wurden von Stenroos (’98)
und Keilhack (’05 und ’08) gemeldet. Ich selbst fand Ubergangsreihen zwischen Sommerformen dieser
beiden Subspezies im Sacrower- und Köllnitzsee. Daß diese Formenreihen tatsächlich auf phylogenet
i sche Bezi ehungen zwischen B. c. crassicornis und B. c. coregoni (oder einer nahestehenden
Form) hinweisen, scheint mir aus folgendem hervorzugehen. Eine derartig flache Stirn und ein so
außerordentlich breiter Antennenansatz1) wie sie B. c. crassicornis zeigt, kommt sonst nur bei Formen
mit sehr langer 1. Antenne vor. Man kann es geradezu als Regel aussprechen, daß, je länger die
1. Antenne einer Form ist, um so flacher im allgemeinen die Stirn (vgl. pag. 97) und um so breiter
der Antennenansatz zu sein pflegt. Ebenso ist im allgemeinen die Länge des Rostrums (A + B) proportional
der Länge der 1. Antenne, und der außerordentliche hohe Wert für A + B (= ca. 170)
bei B. c. crassicornis weist demnach ebenfalls auf den früheren Besitz längerer 1. Antennen hin. Ein
weiterer Beweis für die Verwandtschaft der B. c. crassicornis mit B. c. coregoni ist die Ähnlichkeit
der Jungen und der Männchen beider Formen. Die schwerwiegendsten Beweise für die Abstammung
der B. c. crassicornis von Eucoregoni-Formen ergeben sich aus dem Studium der Cyclomorphose der
B. c. crassicornis (vgl. pag. 92f.).
Verbreitung.
DEUTSCHLAND. West- u nd Ostpreußen: Die ältesten für Deutschland bekannten Fundorte der B . c. crassicornis
sind der Labenzsee* bei Dt. Eylau und der Müslcendorfer See*, Kr. Konitz (Zacharias ’87,1). Weiterhin
meldet sie Seligo (’90) aus folgenden Seen: Wengorschin-, Gr. Salnower-, Müskendorfer-, Karschin-, Gr. Leszno-
see. Sodann Seligo (’00): Kuklung- und Amelungsee (beide im Kreis Allenstein); ferner Seligo (’07) Gatno-,
Hütten-, Sobonscher-, Niedatz-, Weit-, Boethin- (36 m tief), Dt. Kroner-, Schloß-, Bachott-, Zbitschno-,
Janowkoer-, Narien-, Stäbing-, Gr. Aaritz-, Bertung-, Dadey-*, Daumen-, Kalben-, Klavui-, Kosno-, Leginer-,
Nattern-, Ockel-, Pissa-, Plautziger-, Rekowen-, Wulping-, Henselewo-*, Kschywener-, Lawker-, Schwentainer-,
Seilment-, Rogasnersee und Mittelbraheseen. Cohn (’03) gibt folgende in Zusammenhang stehende masurische
Seen an: Lövventin-,Jagodner-,Taita- undSchwenzaitsee; in dem zum gleichen Seengebiet gehörigen Spirdingsee
fand ich B . c. crassicornis ebenfalls. Ferner fand ich (Material Seligo) diese Form in folgenden Seen: Blawitz-,
Witotschno- (Brahegebiet), Zagnania-, Skompesee. Wie aus dieser Liste hervorgeht, ist B . c. crassicornis
eine in Preußen seh r häufige Form. Sie kommt nach Seligo daselbst in „Vs aller untersuchten Seen
vor“, und man kann wohl angesichts des seltenen Vorkommens der B . c. crassicornis in ihrem übrigen Verbreitungsgebiet
die p reußische S e e n p la tte mit Seligo als „H a u p tv e rb r e itu n g sg e b ie t“ dieser
Subspezies bezeichnen.
P omme r n : Madüsee*, Keilhack (’05).
Me c k l e n b u r g : Ich fand B . c. crassicornis im Woblitzsee bei Wesenberg und gemeinsam mit Dr. L.
Keilhack im Woterfitzsee.
B r a n d e n b u r g : Gr. Pulssee* bei Bernstein, Mohrinersee* (Hartwig, nach Keilhack ’08), Sacrower
See* bei Potsdam (Keilhack ’08). Ich fand diese Subspezies im Paarsteiner See, Köllnitzsee bei Storkow und
im Plaueschen See.
DÄNEMARK. In den Silkeborgseen in Ostjütland (Gebiet der Gudenaa) (Wesenberg-Lund ’04).
SCHWEDEN. Nur aus dem südlichen Schweden, aus Schonen bekannt. Finja-, Rabelöfs-, Oppmanna-, Ifö-,
Wombsee (Lilljeborg ’01).
RUSSLAND. Piroßsee (nördlich von Bologoe): Linko (’01,1); Ilmensee: Linko (’03,1). Im Waldaisee lebt eine
Form, die zuerst von Linko (’01) als R. crassicornis var. ? gemeldet und später von Werestschagin (’11) als R. crassicornis
var. linko beschrieben wurde. In welchem Verhältnis dieselbe zu der im gleichen See von Linko (’01)
gefundenen, B . micropteraa) genannten Form, die nach Linko als eine Varietät der B . crassicornis zu betrachten
2) Die 1. Antennen von B. c. crassicornis sind an der Basis n i c h t breiter als bei den Eucoregoni-Formen, doch wird
dieser Eindruck durch die geringe Länge und die starke Verjüngung der 1. Antennen distal von dreieckigen Schildchen hervorgerufen.
*) Ich möchte hier darauf hinweisen, daß B. microptera Lilljeborg eine B. c. humilis ist. (Nach Lilljeborg ’01.)
ist, steht, haben die genannten Autoren leider nicht angegeben. Außerdem kommt daselbst nach Werestschagin
B . crassicornis var. angulata vor. Seligersee, Gouv. Twer, Zykoff (’04, II), Ladogasee (Nordquist
’87/88) und Stenroos (’98). Newafluß bei St. Petersburg: Skorikow (’04) det. Meißner. Bei den letzterwähnten
zwei Fundorten handelt es sich möglicherweise um ein einheitliches Verbreitungsgebiet, da das Plankton der
Newa zum größten Teil (nach Skorikow ’04) aus dem Ladogasee stammt.
2. Subspezies: B. c. globosa Lilljeborg.
Syn. B. globosa Lilljeborg (’01).
Von der nabestehenden B. c. crassicornis unterscheidet sich diese Subspezies dadurch, daß das
dreieckige Schildchen der Spitze der hier noch kürzeren und im Verhältnis zu ihrer Länge noch
breiteren 1. Antenne (C + D = |l2 5—145) ganz nahe steht, so daß C b edeut end größer als T)
ist . H meist etwas weniger als 1000. Relative Breite noch größer als bei B. c. crassicornis. Ventrocaudale
Schalenecke abgerundet. Retikulation sehr deutlich, Kopf und zum Teil die dorsocaudale
Partie der Schalenklappen gestreift. Absolute Länge 800—940 y.. Junge Tiere stehen denen der
vorhergehenden Subspezies sehr nahe, haben aber etwas kürzere 1. Antennen.
Diese Subspezies hat ihren nächsten Verwandten in B. c. crassicornis. Lilljeborg (’01), der die
Form beschrieben hat, bemerkt, daß die Ähnlichkeit der Jungen dieser beiden Subspezies darauf
hinzuweisen scheint, „daß die Arten von einem gemeinschaftlichen Stamme entsprungen sind“. Keilhack
(’08) fand unter der B. c. crassicornis des Sacrower Sees Exemplare, die, wie er sagt, der B. c.
globosa näher standen1) als der B. c. crassicornis. Da es sich bei diesen Stücken um gelegentlich auf-
getretene wenige Exemplare handelt, müssen diese Tiere wohl als extreme Varianten der B. c. crassicornis
aufgefaßt werden, und sie dürfen nicht, wie Keilhack (’09, II) tut, mit B. c. globosa Lilljeborg
identifiziert werden. Jedenfalls beweisen die Keilhackschen Formen das Bestehen von Übergängen
von B. c. globosa und B. c. crassicornis.
Verbreitung.
SCHWEDEN. Ringsee (Lilljeborg ’01).
Der vorhergehende erste Abschnitt des systematischen Teiles hatte im wesentlichen die Aufgabe,
mit der Formenmannigfaltigkeit des Genus Bosmina (soweit ich dasselbe in den Rahmen meiner
Betrachtung gezogen habe) bekannt zu machen und kritisch gesichtete Materialien zu einem System
dieser Formen zu liefern. Dieses schon im Vorhergehenden von mir zugrunde gelegte System ist
im folgenden eingehender zu begründen.
Ich unterscheide (mit Burckhardt) im Genus Bosmina zwei Arten: Bosmina longirostris und
Bosmina coregoni. Die artliche Trennung der beiden unter diesem Namen zusammengefaßten Formenkreise
ist bei den scharfen und unüberbrückten morphologischen Differenzen zwischen beiden unum-
*) Das trifft hinsichtlich der Form der I. Antennen und des Verhältnisses von C zu D zu, während die übrigen Charaktere
der Lilljeborgschen B. globosa von Keilhack leider nicht berücksichtigt werden. Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen,
daß es sich bei den G/oJosa-Formen des Sacrower Sees um pathologische Aberrationen handelt, d a die rechte und linke 1. Antenne
dieser Exemplare o ft verschieden lang waren. Vgl. Burckhardt (*01, II), pag. 612—613.