
 
        
         
		zeitliche  Variationen  zeigt,  ist  die  Zahl  der  Incisuren  an  der  1.  Antenne.  Im  Scharmntzelsee  z.  B.  
 zählte ich an den 1. Antennen der Spätsommertieie vom 6. X. ’08 20—24 Incisuren, im Durchschnitt 22.  
 Bei  den  Spätwintertieren  vom  23.  IV.  ’09  fand  ich  dagegen  durchschnittlich  17  und  im  Max.  nur  
 19  Incisuren.  Die  sommerliche Antennenverlängerung  kommt  übrigens  nicht  nur  durch  eine  Einschaltung  
 neuer Incisuren, sondern auch durch Streckung und Verlängerung der einzelnen sog.  Glieder  
 des  Endteiles  der  1.  Antenne  zustande.  Bemerken  will  ich  auch,  daß  die  Incisuren  im Winter  
 bedeutend  schwächer  und  undeutlicher ausgebildet  sind  als  im  Sommer  und  sich  infolgedessen im  
 Winter  schwerer  zählen lassen.  Dies  ist  auch  bei  anderen Formen der Fall. 
 Das  dreieckige  Schildchen  auf  der  1. Antenne,  unter  dem  die  sog.  Riechstäbchen  inseriert  
 sind, ist im Sommer lang und spitz,  im Winter bedeutend kürzer und stumpfer  (vgl. Fig.  25 und 28). 
 Auch  das  Rostrum,  dessen  Länge  bei  allen  Formen  von  B.  eor^cmiU proportional  der Länge  
 der  1.  Antennen  ist,  ist  im  Sommer  lang  und  spitz,  im Winter  kürzer  und  stumpfer.  Es  geht  dies  
 sowohl aus den Werten für A +  B in Tab. I,  als auch aus einem Vergleich der Fig.  25 und 26 hervor.  
 Die  Stimborste  (Seta  basalis)  steht im Winter der Trennungsiinie der  1. Antennen bedeutend näher  
 als im Sommer  Mit der größeren Länge des Rostrums im Sommer hängt auch die größere Flachheit  
 des  Stirnkonturs  bei  Sommertieren  zusammen. 
 Waren  die  bisher  betrachteten Merlanale  (Incisurenzahl,  Form und Länge  der  1.  Antennen,  
 Länge  des  dreieckigen  Schildchens  und  des Rostrums)  Funktionen  der  Länge  der  1.  Antennen,  so  
 hängt von der Länge des Mucros die Anzahl der Incisuren, die sich am Ventralkontur desselben finden,  
 ab.  Bei  extremen  Hochsommertieren  zählt  man  hier  3—5  Dömchenincisuren,  während  dieselben  
 bei  Früh-  und  Spätwintertieren mit  ihrem  stark  reduzierten Mucro  gänzlich  fehlen.  Fruhsommer-  
 formen  haben  2—3  Incisuren  und  im  Herbst  findet  eine  allmähliche  Abnahme  der  Incisurenzahl  
 von  der  bei Hochsommertieren  zu beobachtenden Maximalzahl  5  statt.  Eine  einzige  Incisur  findet  
 sich  gewöhnlich  noch  bei  den  ersten  im  Oktober  auftretenden  Ephippiumweibchen,  während  bei  
 den  späteren  Ephippiumweibchen  vom  Dezember  an  Incisuren  fast  ausnahmslos  fehlen. 
 Auch die Anzahl der Dörnchen auf der Abdominalkralle ist temporaler Variation unterworfen:  
 Im  Wolziger-  und  Scharmützelsee  zählte  ich  im  Sommer  8—12,  im Winter  6—9  Dornen.  Es  ist  
 offensichtlich,  daß  die  winterliche Abnahme  dieser Dömehenzahl mit  der Verkleinerung  des  ganzen  
 Tieres  und  damit  auch  der  Abdominalkralle  im  Zusammenhang  steht. 
 Schließlich will  ich  noch  auf  die  jahreszeitliche Variation junger  Tiere  zu  sprechen  kommen.  
 Wesenberg-Lund behauptet (’08 pag.  225), daß ganz junge,  eben geborene Bosminen zu allen Jahreszeiten  
 gleiches  Aussehen  zeigen,  und  daß  sich  jahreszeitliche Variationen  erst  während  des Heranwachsens  
 bei  den  einzelnen Häutungen  einstellen.  Ich habe dagegen schon bei den jüngsten Tieren  
 von  B.  e.  berolinensis,  ebenso  bei  B.  c.  longicornis  und  B.  c.  thersites,  die  mir  zu  Gesicht  kamen  
 (von  T 8 3 2 9   n  an)  zweifellose  jahreszeitliche  Charaktere  beobachtet.  Vielleicht  beruht  die  vorliegende  
 Differenz  zwischen  Wesenbergs  und  meinen  Beobachtungen  darauf,  daß  die  Jungen,  die  
 Wesenberg  untersuchte,  zu B.  c.  coregoni  und  B.  c.  gibbera  gehörten.  Der  wesentliche  Punkt  in  
 der  jahreszeitlichen  Variation  dieser  beiden  Formen  besteht  nun  in  der  sommerlichen  Erhöhung  
 des Buckels,  und es ist bei dem engen Zusammenhänge,  den ich schon bei B.  c. berolmmsis zwischen  
 der  Schalenhöhe  und  der  Eizahl  konstatierte,  verständlich,  daß  die  Herausbildung  eines  Buckels  
 erst  bei Beginn  der Eiproduktion  einsetzt  (vgl. auch pag.  68)  und  sich  bei  ganz jungen Tieren  noch  
 nicht  bemerkbar  macht.  Bei  B. c. berolmensis  liegen  die  jahreszeitlichen Differenzen,  die  bei  ganz  
 jungen  Tieren  allerdings  am  wenigsten  ausgeprägt  sind,  in  derselben  Richtung  wie  bei  ausgewachsenen  
 Tieren  und  äußern  sich  in  der  Länge  der  1.  Antennen  und  des  Mucro  und  der  Incisurenzahl  
 von  Antennen  und Mucro  (vgl.  Tab.  I,  No.  17  und  18,  Fig.  23  und  24). 
 Suche  ich  nun  zusammenfassend  die  wesentlichen  Momente  der  Cyclomorphose  von  B.  c.  
 berolinensis  hervorzuheben,  so  dürften  dieselben  in  folgenden  Punkten  bestehen: 
 1.  Die absolute  Länge  (T)  ist im  Sommer  jp   als  im  Winter. 
 2.  Die 1.  Antenne  (C +  D)  „  „  „  „  „  ,,  „ 
 3.  Der  Mucro  (Mu)  „  „  „  „  „  „  „ 
 4.  Die relative  Augengröße  (0)  ,,  ,,  „  <C  „  ,,  „ 
 In Punkt 1, 2 und 4 stimmt B. c. berolinensis mit der Cyclomorphose aller Formen der Coregoni-  
 Reihe  überein,  abgesehen  von  der  eine  Sonderstellung  einnehmenden  Crassicornis-Gnn^e;  auffällig  
 ist  nur  die  bei  B.  c.  berolinensis  außerordentlich  starke  sommerliche Zunahme  der  absoluten Länge.  
 Nur mit  wenigen  Formen  aber  teilt  B.  c.  berolinensis  die  sehr  weitgehende Variation  der  relativen  
 Mucrolänge.  Diese enorme sommerliche Verlängerung des langen, breit ansetzenden Mucros bedeutet  
 eine  sommerliche  Vergrößerung  der  relativen  Längenausdehnung  des  ganzen  Tieres.  Und  daraus  
 ergibt sich als Eigentümlichkeit der Temporalvariation von B.  c.  berolinensis folgendes:  Es findet bei  
 B.  c.  berolinensis  im  Sommer  eine  Verlängerung  der  Längsachse  statt,  während  bei  der  Mehrzahl  
 der  übrigen  Formen  der  Coregoni-Beihe  eine Verlängerung  der  Höhenachse  zu  beobachten  ist. 
 In diesem Punkte kann B. c. berolinensis1)  als typischer Repräsentant  einer bisher noch  nicht  
 an Formen der Coregoni-Beihe beobachteten Art der Cyclomorphose gelten.  Es wird sich im weiteren  
 herausstellen,  daß  noch  einige  andere  Formen  den  gleichen  Variationsverlauf  einschlagen. 
 B.  c.  longicornis. 
 (Tab.  II). 
 Mein Beobachtungsmaterial  über  B.  c.  longicornis  stammt  zur Hauptsache  vom  Tegeler  See,  
 wo  ich am 3.  IX.  ’09,  12.  X.  ’09,  28, X.  ’08,  22. XII.  ’09,  30. XII.  ’09,  24.  I.  ’10, 5.  III.  ’10  Fänge  
 ausführte.  Weiterhin stellte  mir Herr Professor  W. Weltner eine Reihe von Fängen,  die zu den verschiedensten  
 Jahreszeiten  in  den Jahren  1884—1905 im Tegeler  See  gemacht waren,  zur Verfügung.  
 Dazu  kommen  noch  einige  B.  c.  longicornis  enthaltende  Fänge  aus  der Havel  oberhalb  und  unterhalb  
 des  Tegeler  Sees  und  vom  Plaueschen  See. 
 Zur Darstellung der Cyclomorphose gehe ich auch hier aus von einer kurzen Gegenüberstellung  
 der beiden extremen Formzustände:  der Hochsommer -   und Spätwinterformen.  Erstere besitzen bei  
 B.  c.  longicornis  sehr  lange,  gleichmäßig  stark  gekrümmte  oder  seltener  hakenförmige  1.  Antennen  
 mit  15—20  Incisuren.  Die  Projektion  der  Antennenspitze  fällt  dementsprechend  hinter  die  Mitte  
 der Längsachse,  mitunter  selbst  hinter  den Körper.  Im  Zusammenhang mit  der  großen Länge  der 
 *)  An  dem  erst  nach  Beendigung  dieser  Beobachtungen  über  die  Temporalvariation  der märkischen  B.  c.  berolinensis  
 in meine  Hände  gelangten  Planktonmaterial  aus  masurischen  Seen  (Material  von Dr.  L.  Cohn)  konnte  ich  für  B.  c.  berolinensis  
 f. borussica  einen  im wesentlichen  gleichen Verlauf der Cyclomorphose wie  bei  den märkischen typischen Formen konstatieren.  Es  
 besteht  nur  der Unterschied,  daß  auch die Hochsommerformen  von  f.  borussica  n i e  die  extremen  Berolinensis-Chaiaktere  (z.  B.  
 buckelförmig  aufgetriebener  Schalenrücken,  extrem lange,  hakenförmig gebogene Antenne,  außerordentlich  langer, m it  breitester  
 Basis ansetzender Mucro usw.)  annehmen,  die bei den märkischen Formen  angetroffen werden, wenn sich  auch einige  individuelle  
 Varianten  diesen  Formen  nähern  können.  Dazu  kommen  als  spezifische  Eigentümlichkeiten  der  f.  borussica  noch  einige  zur  
 Longispina-Reihe hinneigende Züge dieser Form.  Richtung und Sinn  der Cyclomorphose sind  jedoch bei  beiden Formen von B.  c.  
 berolinensis  die  gleichen.