
 
        
         
		dem etwas Cocain zugesetzt worden war, um das Tier zum Zwecke einer besseren Beobachtung zu betäuben, 
   — daß die Kontraktionswellen des Rückengefäßes in umgekehrter Richtung verliefen,  so daß  
 das  Blut  sich  im  Hinterende,  besonders  in  den  seitlichen  Schlingen  staute.  Zehn Minuten  später  
 wurden  diese  rückläufigen  Bewegungen  ab  und  zu  unterbrochen  durch  eine  einzelne  im  richtigen  
 Sinne.  Allmählich  wurden  dann  die  normalen  Kontraktionen  des  Rückengefäßes  immer  häufiger,  
 bis die Peristaltik schließlich wieder ständig von hinten nach vorn verlief.  Erwähnen möchte ich hier,  
 daß P i e r a n t o n i  (1908) in seiner ProiodnZws-Monographie für diesen Wurm als die Regel beschreibt,  
 daß  das Blut  im Rückengefäß  von  vorn nach  hinten  läuft,  meines Wissens  der  einzige  Fall  bei  den  
 Anneliden.  Da der genannte Forscher  jedoch  seine Beobachtungsobjekte,  wie  er zwar nicht an dieser  
 Stelle, wohl aber sonst öfters angibt, mit Cocain betäubte, so läßt sich vielleicht die von ihm beobachtete  
 abnorme Blutbewegung  als  eine Folge der  Einwirkung jenes  Griftes  erklären. 
 Den Tag über sitzen unsere Würmer, wie bereits erwähnt wurde, für gewöhnlich in ihren Röhren  
 und  zeigen  außer  den  regelmäßigen  leisen Undulationen,  welche  der Atmung  dienen,  keine weiteren  
 Bewegungen.  Dabei  konnte  ich  feststellen,  d aß   s ie   di ese  Wel l enbeweg ungen   des  Kör p e r s   
 sofo r t  e i n s t e l l e n ,   wenn  ein  S c h a t t e n   übe r   sie  h inw e g g e h t.  Dieses  Verhalten  ist  als  
 eine  Schutzanpassung  anzusehen,  durch  welche  es  vermieden  wird,  daß  die Würmer  etwa  sich  
 nähernden größeren Feinden, vor allem Fischen  und Krebsen,  sofort  ins Auge  fallen,  denn bekanntlich  
 erregen nur bewegte Objekte deren Aufmerksamkeit,  soweit es sich um den Gesichtssinn handelt.  
 Ist dann der Schatten vorübergegangen,  so setzen die Würmer  ihre unterbrochene Atemschlängelung  
 wieder  fort.  |J 
 Die in einem Glasgefäß umherkriechenden Nereis dumerüii hinterlassen Kr i e c h s p u r e n  in Gestalt  
 von feinen Fäden, welche die Spinndrüsen ihrer Parapodien aussenden.  Besonders bei kleineren,  
 nur etwa  10 mm langen Tieren, deren Bewegungen wegen der geringen Körpergröße unter der binokularen  
 Lupe gut zu verfolgen waren,  ließ  sich mit Hilfe fein zerteilten,  im Wasser unlöslichen Karmins  
 feststellen,  daß bei dem Vorwärtskriechen von  den Parapodien einer Anzahl der vordersten Segmente  
 äußerst  feine  Fäden  ausgehen,  welche  in  gewissen  unregelmäßigen Abständen  am  Boden  befestigt  
 werden.  Die  einzelnen  feinen  Fäden  selbst  vereinigen  sich  oft  zu  einem  stärkeren,  indem  sie wohl  
 untereinander verkleben.  Wenn sich der Wurm vorwärts bewegt, hinterläßt er also rechts und links  
 von seinem Körper  einen Faden,  der ihm in der Natur dazu dienen mag,  seine Wohnröhre wiederzufinden, 
   wenn  er  auf  die Nahrungssuche  ausgegangen ist.  Ich  sah  große,  5  cm lange Exemplare,  die  
 ich durch Berührungen mit einem Glasstab veranlaßt hatte,  sich bis auf etwa 30 cm von ihrer Röhre  
 zu entfernen, mit Hilfe dieser Kriechspuren sehr schnell zu ihrer Behausung zurückkehren, wobei die  
 Würmer  manchmal  rückwärts  mit  dem  Hinterende  voran  genau  auf  den  gleichen Biegungen  und  
 Umwegen wie auf dem Hinwege  entlang krochen.  Es ist anzunehmen, daß  sie in der Natur,  wo sich  
 ihre  Streifzüge wohl  über  ein viel  größeres  Gebiet  erstrecken,  umwenden  und mit  dem Kopfe  voran  
 den  Rückzug  antreten.  Die  Benutzung  von  Kriechspuren  zur Wiederauffindung  des  Wohnplatzes  
 ist ja auch sonst mehrfach bei anderen Tieren, es sei hier nur an gewisse Mollusken erinnert, beobachtet  
 worden. 
 Die Wo h n rö h r e n  unserer Würmer selbst bestehen aus  einem dichten Gespinst,  das mit Hilfe  
 der Spinndrüsen angefertigt wird.  Die Länge der einzelnen Röhren entspricht gewöhnlich derjenigen  
 ihres Bewohners, wenn dieser sich völlig ausstreckt.  Da aber die Tiere in den Röhren wie auch sonst  
 in der Ruhelage eine Länge innehalten, die etwa in der Mitte zwischen der bei größtmöglichster Streckung  
 und  engster  Zusammenziehung liegt,  so überragt die Röhre gewöhnlich den Kopf ebenso wie das  
 Hinterende um ein Stüok.  Die bei unserer Art besonders langen Fühlercirren und Analcirren werden  
 in  der  Längsrichtung  des  Körpers  nach  der  Frontseite,  resp.  nach  hinten  ausgestreckt  gehalten,  so  
 daß  sie  es sind,  die wohl in erster Linie den Wurm durch die Vermittlung der auf ihnen befindlichen  
 Tasthärohen  von  dem  Nahen  einer  Beute  oder  eines  Feindes  benachrichtigen. 
 Der Durchmesser jeder Röhre ist größer als  die Breite ihres Bewohners,  so daß  dieser in seiner  
 Behausung sich umkehren, d.h.  an die Stelle, wo sich vorher das Hinterende befand, den Kopf bringen  
 kann.  Die Würmer  führen  diese Bewegung  nicht  selten  aus,  besonders  wenn  sie  am Hinterende  
 mehrmals leicht berührt werden,  oder wenn hinten ein anderes  Individuum in ihre Röhre zu  dringen  
 sucht.  Sie  wenden  dabei  zunächst  den  Kopf  und  die  ersten  Segmente  nach  rechts  oder  links  um  
 und kriechen mit dem Vorderende  in  der neuen Richtung,  die  der vorher  eingenommenen  entgegengesetzt  
 ist,  neben  ihren  allmählich nachkommenden mittleren  und  hinteren Körperabschnitten  vorwärts. 
   Bemerken  sie  dann  den  eingedrungenen  Feind,  so  stülpen  sie  ihren  Schlundkopf  aus  und  
 gehen dem  dann meist  fliehenden Gegner mit  geöffneten Kiefern  entgegen.  Im Gegensätze nämlich  
 zu  der  Behauptung  v o n  W i e t i n g h a u s e n s ,   die  Röhren  wären  an  einem  Ende  geschlossen,  
 muß hier festgestellt werden, daß sieh keinerlei Verschluß an ihnen befindet.  Sie sind beiderseits offen,  
 wie  auch  S o r b y  (1906)  angibt. 
 Während  die  gefangenen  Nereis  dumerüii  in  den  flachen  Glasschalen,  in  welche  sie  gesetzt  
 wurden, im allgemeinen an irgend einer Stelle des unteren Randes, da wo die horizontale Bodenfläche  
 und  der  senkrechte  Seitenrand  des  Gefäßes  aufeinanderstoßen,  mitunter  auch  irgendwo  am  oberen  
 Rande des Wassers,  ihre Röhren anlegten,  fand ich  einmal eine sonderbare, auffällige Regelmäßigkeit.  
 Als ich nämlich kurz vor meiner Abreise von Neapel die noph am Leben befindlichen Würmer aus den  
 verschiedenen Kulturen alle zusammen in zwei Glasgefäßen unterbrachte, von denen eines die nereido-  
 genen,  das  andere  die  planktogenen  enthielt,  bemerkte  ich  am  ändern Morgen,  d aß   d ie   Wohnr 
 öhr e n ,  we lche  s ic h   d ie   Ti er e wie  immer  nach   dem  E in se tz en   in   e in  Gefäß  a l s b a l d   
 g e b a u t   h a t t e n ,   me i s t en t e i l s   auf   dem  f l a c h e n   Boden   de r   G l a s s e h ä l e n   und  zwar   
 e i na nde r   z ie m l i c h   pa r a l l e l   an g e l e g t   ware n ,   so  daß  sie  mi t   i h r e r   Lä n g s r i c h tu n g   
 na ch   der  Fe n s t e r s e i t e   des  Zimmers  zeigten.   Die Würmer  selbst  hatten  ihre  Vorderenden  
 dem Lichte zugewandt,  das  also auch  bestimmend  auf die Richtung beim Röhrenbau gewirkt  hatte. 
 Solange  die Röhren  bewohnt werden,  sind  ihre Wände  noch  völlig  biegsam  und  äußerst  zäh,  
 so daß man sie nur schwer zerreißen kann.  Sind sie dagegen schon  eine Zeitlang verlassen,  so werden  
 sie brüchig und zerfallen leicht  Die kleinenRöhren junger Tiere besitzen durchsichtigere Wandungen,  
 die  der größeren  Individuen  dagegen  sind  bräunlich  und oft  auf  der Außenseite mit  allerlei Fremdkörpern  
 und  kleinen  Organismen,  die  sich  da  angesiedelt  haben,  besetzt. 
 Bei  dem B a u   d e r  Rö h r e n   spannen  unsere Würmer  zunächst  eine Anzahl Fäden der Länge  
 nach  aus,  indem  sie  sich  oftmals  kontrahieren  und wieder weit  ausstrecken,  wobei  sie die Fäden  an  
 vielen  Stellen  auf  der Unterlage ankleben.  Dann führen sie  auf der Stelle schaukelnde Bewegungen  
 mit Gruppen von Segmenten aus und alsbald sieht man sioh über ihnen die Wände der bereits fertigen  
 Röhre  wölben.  V o n  W i s t i n g h a u s e n   führt  über  die  Entstehung  der Röhren  folgendes  aus:  
 „Nereis dumerän besitzt in der Körperwand eine große Anzahl von Hautdrüsen,  die bald als einzelne  
 Follikel,  bald  zu  größeren  Gruppen  vereinigt  über  den  ganzen  Körper  verbreitet  sind.  Außerdem  
 finden sich Haufen von großen Drüsenzellen auch an jedem Parapodium,  3  am oberen, 2 am unteren  
 Aste.  Das Sekret dieser  beiden Arten von Hautdrüsen wird  durch Porenkanäle nach außen  entleert,