
der einzelnen Würmer verlief, wurde die Geschwindigkeit gemessen, mit welcher die Tiere dem künstlichen
Lichte der ziemlich nahen (etwa V2 m entfernten) elektrischen Glühlampe zustrebten. Einzelne
beobachtete Würmer legten zurück:
10 mm in 20—24 Sekunden
15 „ „ 30
20 „ „ 40
d. h. durchschnittlich 1 mm in 2 Sekunden. Ihre Geschwindigkeit betrug also etwa 0,5 mm pro
Sekunde. Diese Phototaxis änderte sich nicht, wenn sta tt der weißen eine blaue oder rote Lichtquelle
benutzt wurde. So eilten die Tiere dem Lichte noch zu, als die Glühlampe hinter einer etwa
3 mm dicken sattblauen oder dunkelroten Glasscheibe aufgestellt war, doch wurde ihre Geschwindigkeit
hierdurch wesentlich reduziert.
Wenn die Würmer am Tageslicht der Fensterseite ihrer Glasschale zustrebten, so bewirkte
eine plötzliche Erschütterung des Gefäßes, daß alle in der Bewegung innehielten und sich kontrahierten.
In dieser Stellung verharrten sie dann lange Zeit, ehe sie ihren Weg fortsetzten. Noch
interessanter war das Verhalten der Tiere bei folgendem Experiment. Es wurden viele von ihnen
in eine Pipette aufgesogen und mit dem Wasser wieder in die Glasschale gespritzt. Der zweifellos
heftige mechanische Reiz hatte zur Folge, daß die vorher positive Phototaxis in eine negative umgekehrt
wurde. Die Tiere eilten jetzt alle von der Lichtseite weg. Auch diese negative Phototaxis
hielt lange an, wenn das Tageslicht ununterbrochen auf die Würmer einwirkte. Dagegen stellte sich
schon nach einem kurzen Aufenthalt von nur 2—3 Minuten in der Dunkelkammer die ursprüngliche
positive Reaktion sofort wieder ein. Eine ähnliche Umkehrbarkeit der phototaktischen Bewegungen
durch mechanische Reize ist schon bei anderen Organismen mehrfach beobachtet worden; so bei niederen
Krebsen, Copepoden, Ostracoden und Cladoceren von L o e b , T o w l e , S t e u e r und
S c h o u t e d e n .
Sowohl bei diesen jungen Würmern, als auch bei anderen solchen, die mit 10 Ruderpaaren die
Röhre, in der sie herangewachsen waren, verließen, zeigte sich, wenn sie in Ruhe gelassen wurden,
daß sie sich stets am oberen Rande des Wassers auf der Lichtseite ihres Gefäßes sammelten und zwar
alle möglichst dicht gedrängt in einem Klumpen. Es wurde nun ein Gefäß mit derartigen jungen
Tieren, nachdem dieselben durch Umrühren gleichmäßig auf dem Boden verteilt worden waren, in
einen lichtdicht schließenden Kasten gestellt (Textfig. 3A S. 23), um die Wirkung der völligen Dunkelheit
kennen zu lernen. Nach einigen Stunden erst wurde der Kasten wieder geöffnet, und es zeigte
sich, daß die Würmer, die sich ja beim Einsetzen in den Kasten alle auf dem Boden ihrer Schale
befunden hatten, nunmehr gleichfalls am oberen Rande des Wassers saßen, jetzt aber bei dem Fehlen
einer einseitig wirkenden Lichtquelle ringsum ziemlich gleichmäßig verteilt. Dieser Versuch lehrt
also, daß die jungen Nereis auf diesem Stadium ihres Wachstums durch eine negative Geotaxis gezwungen
werden, nach oben zu kriechen, soweit, als ihnen das die Verhältnisse erlauben. Um zu sehen,
welcher von beiden Reizen der stärkere war, wurde in einer Wand des Kastens unten eine Spaltöffnung
angebracht, so daß das diffuse Tageslicht in dessen Inneres fallen konnte. Eine Glasschale mit gleichmäßig
auf dem Boden verteilten jungen Nereiden wurde etwas erhöht auf ein anderes umgedrehtes
Glasgefäß in den Kasten gesetzt und dieser für einige Stunden geschlossen und zur Vorsicht mit Ausnahme
des Spaltes noch mit einem undurchsichtigen dunklen Tuche umhüllt (Textfig. 3B). Beim
öffnen saßen alle Würmer auf der Lichtseite am o b e r e n Rand des Wassers. Es schien demnach
der Reiz der Schwerkraft den des Lichtes an Stärke zu übertreffen. Da die Spaltöffnung in der Kastenwand
jedoch das diffus auf sie treffende Tageslicht auch nach oben auf den Glasdeckel der Schale
fallen ließ, wo es wahrscheinlich reflektiert wurde, so war der Versuch nicht eindeutig. Es wurde
•feshalh ein B ü n d f Von annähernd parallelen Lichtstrahlen von der Seite her gerade in Höhe des Bodens
der GlässChale mit den Versuchstieren in das Innere des Kastens gelenkt, was sich mit Hilfe einer
etwa l-s dm langen und nur % cm weiten undurchsichtigen Bohre, die vor einem entsprechenden
Loch in einer Kastenwand lichtdicht angebracht wurde, leicht bewerkstelligen ließ. (Textfig. 3C).
A
1»--------- ---------X
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B C
U
Jetzt ergab sich ein anderes Resultat,
denn nunmehr hatten sich
die Tiere alle am Boden des Gefäßes
auf der Lichtseite versammelt.
Das zerstreute Tageslicht
war also stärker in seiner Wirkung
als die Schwerkraft. Der
letzte Versuch wurde dann noch
etwas modifiziert, indem das
Lichtbündel direkt vertikal von
unten her auf die Mitte des
Bodens der Versuchsschale gerichtet
wurde. Um genügend
Licht zu erhalten, wurde unter
die nunmehr nach unten gekehrte
äußere Öffnung der Röhre in
einiger Entfernung ein Stück
mattes weißes Zeichenpapier gelegt
(Textfig. 3D). Die Würmer
fanden sich dann in der Mitte
des Gefäßes am Boden, so daß
dieser Versuch das Ergebnis des
vorigen bestätigte.
Wurden solche jungen
Würmer mit 10 Ruderpaaren in
ein Gefäß gesetzt;, das einen
dicken Bodenbelag der als Nahrung
verwandten Diatomeen,
Fig. 3.
X - ■ Ansammlungsstellen der jungen Würmer.
— Richtung des einfallenden Lichtes.
Foraminiferen usw. enthielt, so
schwanden die beiden Tropismen alsbald; die Tiere begannen sich Röhren zu bauen und blieben am
Grunde. Aber nur etwa 24 Stunden dauerte bei den meisten vonihnen dieses Verhalten, dann fanden
sie sich abermals auf der Lichtseite am oberen Wasserrande zu einem Haufen zusammengekrochen.
Und zwar zeigte sich diese Erscheinung konstant bei einer großen Anzahl von derartigen Zuchtgläsern,
deren jedes immer die Nachkommen eines Wurmes, also den Inhalt einer Brutröhre
enthielt. Die Tiere blieben sehr lange da oben sitzen. Mehrere solche Kolonien, die am 7. Juli
gefangen und aus der Brutröhre genommen worden waren, ließen sich trotz Diatomeenzusatz erst
am 31. Juli, also nach mehr als drei Wochen auf dem Boden der Gefäße nieder, indem sie dort ihre