für alle Formen der Core^om-Reihe und für B. c. stingelini und B. o. seligoi.1) Letztere Lat im Sommer
nicLt nur ein relativ, sondern aucL absolut beträchtlich kleineres Auge als im Winter, trotzdem die
Sommertiere absolut bedeutend größer als die Wintertiere sind. Hier bleibt also das Auge nicht einfach
im Winter ebenso groß wie im Sommer, sondern nimmt beträchtlich an absoluter Größe zu.
Für den e n t g e g e n g e s e t z t e n Fa l l , d a ß d i e a b s o l u t e L ä n g e im W i n t e r
g r ö ß e r a l s im S omme r i s t , ergibt sich als Folgerung aus dem oben ausgesprochenen Gesetz,
daß dann die relative Augengröße 0 im Winter kleiner oder ebenso groß oder — bei sehr starker Zunahme
der absoluten Augengröße — auch größer als im Sommer sein kann. Alle diese Möglichkeiten
sind tatsächlich realisiert, und zwar, soweit es sich beurteilen läßt, genau unter den Bedingungen,
wo es die obige Regel zuläßt. So hat B. c. cisterciensis zwar im Sommer ein relativ größeres Auge
0 als im Winter, weil sie nämlich im Sommer kleiner als im Winter ist; aber absolut ist ihr Auge im
Sommer durchschnittlich etwas kleiner als im Winter. Ich vermute, daß bei B. c. lemani die Verhältnisse
ähnlich hegen. Andererseits ist bei der von Lilljeborg untersuchten Nybyseebosmine das
Auge im Winter nicht nur absolut, sondern auch r e l a t i v größer als im Sommer, trotzdem auch
hier das ganze Tier im Winter größer als im Sommer ist, und es beruht dies eben auf einer ganz
unverhältnismäßig starken absoluten Größenzunahme des Auges im Winter.
E s b e s t e h t a l s o im g a n z e n F o rm e n k r e i s d e r B. co r eg o n i im Wi n t e r
d i e T e n d e n z z u r a b s o l u t e n G r ö ß e n z u n a hm e d e s Au g e s u n d um g e k e h r t
im S omme r z u r A b n a hm e d e r a b s o l u t e n Au g e n g r ö ß e . N i e m a l s v e r k
l e i n e r t s i c h im W i n t e r das Auge, sondern bleibt mindestens ebenso groß wie im Sommer.2)
Die gleiche Tendenz zur Zunahme der absoluten Augengröße unter winterlichen, kalten Temperaturverhältnissen
und zur Abnahme unter wärmeren sommerlichen Bedingungen scheint übrigens auch bei
anderen Cladoceren noch zu bestehen. Ich weise diesbezüglich auf Wesenbergs (’08, pag. 125) Untersuchungen
hin, der auch bei Daphne hyalina im Sommer eine Reduktion des Augendurchmessers
konstatierte, und ferner möchte ich an Ekmans Untersuchungen über das Auge von Bythotrephes
longimanus erinnern. Ekman (’04), pag. 140/141 stellte fest, daß das „Plus von pigmentierter Masse
im Ventralauge (von Bythotrephes), das die nördlichen (d. h. nordskandinavischen) Formen den südlichen
(in den großen Schweizer Seen, also unter weit gemäßigteren Bedingungen lebenden) gegenüber
haben“, etwa „einem Drittel des pigmentierten Teiles der letztgenannten entspricht“. Ekman sucht
die Reduktion des Augenpigments der südlichen Schweizer Formen auf das Tiefenleben derselben
zurückzuführen. Ich will aber auf die Möglichkeit hinweisen, daß sich hierin die gleiche Tendenz zur
Verkleinerung des Auges (also zur Reduktion des Augenpigments) bei wärmeren Temperaturen
ausdrückt, die ich oben für Bosminen konstatieren konnte.
Z u s a m m e n f a s s e n d e B e m e r k u n g e n ü b e r d i e C y c 1 o m o r p h o s e d e r
F o r m e n d e r L o n g i s p i n a - R e i h e .
Wenn ich noch einmal kurz zusammenfasse, in welcher Richtung die Cyclomorphose der
Longispina-Reihe verläuft, so kommt als wes e n t l i chs t e r und a ll g e m e i n - g ü l t i g e r P u n k t die
sommerliche Re d u k t i o n der 1. An t en nen und die dazu in Ko r r e l a t i o n s t e henden
1) Bei der Wettemsee-Bosmine läßt sich keine Variation der relativen Augengröße konstatieren.
2) In diesem Zusammenhänge ist auch darauf hinzuweisen, daß erstens die Formen der Longispina-Reihe, die in Europa
hauptsächlich in nordischen oder alpinen Gebieten leben, re la tiv größere Augen als die Sommerformen d er Coregoni-Reihe haben.
Weiterhin zeichnen sich die arktischen und Hochgebirgsformen der Longispina-Reihe meist durch größere Augen vor den übrigen
Longispina-Formen aus. (Burckhardt, ’0 0 ,1, pag. 549, Stingelin ’08, pag. 74.)
Ver änderungen (A + B, Pr, Antennenincisuren, Stirn, dreieckiges Schildchen etc.) in Betracht.
Allgemein dürfte vielleicht auch eine sommerliche Verlängerung des Mucros stattfinden. In der
Temporalvariation der Schalenhöhe H und der absoluten Länge scheinen sich dagegen die einzelnen
Formen verschieden zu verhalten.
Die Variation der absoluten Augengröße folgt der gleichen Regel wie innerhalb der Coregoni-
Reihe, pag. 105. Sehr zu beachten ist, daß die skandinavischen Formen der Longispina-Reihe
(B. obtusirostris der Skandinavier) gegenüber den norddeutschen und alpinen Formen keine durchgängigen
Differenzen im Verlauf ihrer Cyclomorphose, wohl aber gegen die Formen der Coregoni-
Reihe zeigen, was ein neuer Beweis ihrer engen Zusammengehörigkeit ist.
Mit der hierdurch im wesentlichen festgelegten Cyclomorphose der Longispina-Beihe
vergleiche man nun die der Coregoni-Reihe und der B. longirostris\ Ein durchgreifender
Unterschied der Cyclomorphose der Longispina- gegen die der Coregoni-Reihe besteht darin,
daß bei ersterer die 1. Antennen im Sommer reduziert, bei letzterer dagegen verlängert werden.
Auch die Longicornis-Insignis-Gruppe verhält sich in diesem Punkte ebenso wie alle anderen
Formen der Coregoni-Beihe. Das bestätigt meine Auffassung, daß diese Gruppe trotz des
Besitzes eines Mucros nicht zur Longispina-Reihe zu stellen ist, sondern sich eng an die
Coregoni-Beihe anschließt. Die Cyclomorphose von B. c. crassicornis {Coregoni-Reihe!), bei der allerdings
im Sommer die L Antennen reduziert werden, bildet nur scheinbar von diesem durchgängigen
Unterschied beider Hauptreihen eine Ausnahme, da dieselbe sich erst sekundär aus primärer sommerlicher
Verlängerung der 1. Antennen herausgebildet hat. Es besteht also in diesem außerordentlich
wichtigen Punkte ein scharfer Unterschied zwischen den beiden Reihen, so daß die aus morphologischen
Gründen vollzogene Zusammenziehung der einzelnen Formen beider Reihen und ihre Gegenüberstellung
als genetisch und systematisch verschieden zu bewertende Formenreihen auch durch das
biologische Verhalten derselben gerechtfertigt erscheint.
Weitergehende Übereinstimmungen ergeben sich bemerkenswerter weise beim Ver g le ich der
Cyc lomorphose von B. l ongirostris mi t der Longi s p i n a -Reihe. Bei beiden — einander
viel ferner stehenden und artlich zu trennenden — Formengruppen werden im Sommer die 1. Antennen
verkürzt.1) Außerdem findet eine sommerliche Reduktion der absoluten Länge bei B. longirostris ganz
allgemein, bei Longispina-Formen in vielen Fällen statt. Auf diese Übereinstimmungen in der Cyclomorphose
der erwähnten beiden Formengruppen ist schon von Scheffelt (’08) und Thallwitz (’ 10) hingewiesen
worden. Letzterer möchte darin sogar einen Hinweis auf Beziehungen der Longispina-
Formen zum Formenkreis der B. longirostris sehen, was wohl sehr zweifelhaft ist. Es dürfte vielmehr
diese biologische Übereinstimmung, ebenso wie die mitunter auffallende Ähnlichkeit in der Gesamtform
der langantennigen Wintertiere der B. longirostris mit manchen Longispina-J?ormen als Konvergenzerscheinung
zu beurteilen sein, da die konstanten Speziescharaktere durch diese Veränderungen
nicht berührt werden. Außerdem ist zu beachten, daß sich der Mucro bei B. longirostris im Sommer
verkürzt, bei den Longispina-^ormen dagegen verlängert.
Es fragt sich nun, wie die jahreszeitlicheVariation der Longispina-Formenzu deutenist? Wie verhält
sich in erster Linie der Variationsverlauf der Longispina-Reihe zur We s enberg-Ostwald sehen
Schwebe theor ie, oder mit anderen Worten: Lassen sich die sommerlichen Variationen als Mittel zur
Erhöhung des Formwiderstandes auf fassen? Ich sehe für eine derartige Auffassung gar keine Anhaltsi)
Jedoch sind die 1. Antennen bei Longisp¿rca-Formen im Hochsommer nie an der Spitze hakenförmig gekrümmt, wie
es bei Longirostris -Form en meist der Fall ist.