Jede Mandibel bestellt also aus den Backen und der Lade oder Mandibel im engeren Sinne.
Die B a c k e n (B) wiederum bestehen aus 2 Stücken, einer basalen, wenig gewölbten Platte
von annähernd quadratischer Form (Bb Fig. VIII) und einem distalen Stück (Bd), das sich nach vorn
und außen in beiden Geschlechtern zumeist in einen stumpfen, innen
teilweise hohlen Zacken fortsetzt. Dieses distale Stück artikuliert mit
der, von oben betrachtet, äußeren Ecke seines Endrandes mittels eines
mehr oder weniger ausgeprägten Gelenkknopfes mit der eigentlichen
Mandibel.
Die Teile der L a d e oder M a n d i b e 1 im e n g e r e n
S i n n e sind
1. Ein „siegelringartiges“ Gr unds t ück (G Fig. VIII, IX).;
es stellt einen geschlossenen Ring von unregelmäßiger Breite vor,
der mit dem Außenteil seines Basalrandes mit dem distalen Backenstück
artikuliert. Die dorsale Spange (d) des Ringes ist viel breiter
als die ventrale und das Chitin von ungleicher Dichte, so daß in der
Mitte der dorsalen Spange ein ovales Fenster (fe Fig. VIII) aus durchsichtigem
Chitin entsteht. An der Innenseite wird der Ring von
der Reibeplatte (Rp) abgeschlossen. Dem Endrande des Ringes sind
die folgenden Teile angefügt.
2. Der H a u p t z a h n (Z).
3. Das Z a h n b l a t t (Zb), dessen Rand in 4—5 starke Zähne
eingeschnitten ist.
4. Das K a u p o l s t e r mit einer Anzahl von Kammblättern
(meist 8;—14) und dem kleinen unbedeutenden Reibeblättchen (Rb).
d) Gnathochilarium.
Die Natur des Gnathochilariums, ob man es nämlich als aus 1
oder aus 2 Extremitätenpaaren zusammengesetzt aufzufassen habe,
ist trotz mancher darauf gerichteter Untersuchungen noch immer
nicht einwandfrei klargestellt. Die Gestaltung und Anordnung seiner
Komponenten hat die Morphologen stets zu der Annahme verlockt,
es als Derivat zweier Extremitätenpaare anzusehen, aber da in
Fig. V III. Lophostreptus strongylo-
tropis A tt. <J.
Ganze Mandibel.
Fig. IX. Lophostreptus strongylo-
tropis A tt. <J.
Grundstück und Hauptzahn.
solchen Fragen wohl die Befunde der Embryologie maßgebender sind und diese bis vor nicht
langer Zeit übereinstimmend angab, daß nur ein Extremitätenpaar sich an der Bildung des Gnathochilariums
beteilige, hielt man letzteres für das Richtige. Nun hat vor einigen Jahren Margaret
Robinson eine sehr wichtige Entdeckung gemacht. Sie fand nämlich, daß bei Spirostreptus 2 Maxillenpaare
angelegt werden. Freilich meint sie, daß das erste Maxillenpaar später wieder rückgebildet
und das Gnathochilarium doch nur vom 2. Maxillenpaar gebildet wird, doch war ihr Material, wie sie
selbst sagt, leider lückenhaft und es ist die Annahme nicht ausgeschlossen, daß sich dieses 1. Maxillenpaar
doch auch an der Bildung des Gnathochilariums beteilige und daß Robinson das nur übersehen hat.
Jedenfalls spricht die Gestalt des fertigen Gnathochilariums ungemein zu Gunsten der Ansicht
der Zusammensetzung aus 2 Extremitätenpaaren und wir haben dann folgende Teile am Gnatho-,
chilarium der Spirostreptoiden zu unterscheiden (Fig. X):
(M) der Autoren Ventralplatte des vorderen Maxillenpaars oder Mentum mit den lamellae
linguales (11) als Extremitätenresten.
Ventralplatte des hinteren Maxillenpaars oder Praebasilare (P) Silvestri oder Postmentum
Verhoeff, mit den Stipites Gnathochilarii (St) als Extremitätenresten und den Cardines (C)
als Verbindungsstücken.
Daß das Hypostoma, das in enger Verbindung mit dem Praebasilare steht, mit dem Gnathochilarium
nichts zu tun hat, sondern die Ventralplatte des ersten Thoracalsegments ist, wurde schon
erwähnt.
Das Mentum habe ich früher als Promentum aufgefaßt, doch schließe ich mich jetzt der Ansicht
V e r h o e f f s an. Bei allen Odontopygiden und bei manchen anderen Gattungen hat es eine
grubige Einsenkung, die hinten durch eine scharfe Linie begrenzt ist
und nach vorn hin allmählich ausläuft. Auch die Jungen von Spirostreptus
montanus Att. (Fig. XI) zeigen diese Einsenkung gut ausgebildet,
wogegen bei den Erwachsenen
(Taf. XV Fig. 303) kaum eine Spur
davon sichtbar ist; das wird uns
also darauf schließen lassen, daß die
gemeinsamen Vorfahren der Odonto-
pygidae und Spirostreptidae die Einsenkung
besaßen und daß sie später
bei manchen Gattungen verloren gegangen
ist.
Die Zungenblätter, lamellae
linguales (11), tragen am Ende die von Gnathochilarium un d Hypostoma.
L a t z e 1 ,,ungegliederte Lappen“,
„lobus lingualis“, von V e r h o e f f Innentaster genannten Gebilde (IT Fig. 236), die sich auf der
Innenseite in die von v om R a t h kappenförmiger Aufsatz, von V e r h o e f f Zäpfchenkappe
genannten Gebilde (K) fortsetzen. Beide sind Träger von Sinnesorganen, vgl. darüber v o m R a t h.1)
Zwischen den Innentastern befindet sich das „ u n p a a r e L ä p p c h e n “ (ul Fig. 236) Latzeis,
„spatola“ Silvestri2), der es als Fortsetzung des Mentums auf faßt, oder der „ Z e n t r a l k ö r p e r “
Verhoeff.3)
Der Medialrand der Stipites greift über den Außenrand der Zungenblätter etwas über, und in
das basale Ende der dadurch gebildeten Rinne mündet eine Speicheldrüse ein.
Am Ende dieser Rinne befindet sich auf der Innenseite des Gnathochilariums ein queres
Plättchen (p Fig. 13), das bei Prionopetolum serratum deutlich quergerieft ist (Taf. 15 Fig. 296).
Die Gestalt des Praebasilare (P) (Postmentum)'wechselt je nach den Arten. Bei den Odonto-
pygidae macht sich auch eine sexuelle Verschiedenheit bemerkbar, indem es beim <$ länger (von vorne
nach hinten) und vorn breiter als hinten ist, während es beim $ eine kürzere und gleichmäßig breite
Querspange darstellt; bei Xystopyge stehen beim d jederseits 4—5 Borsten in einer Querreihe, die
beim | fehlen.
1) V o m R a t h , Beitr. z. Kenntn. d. Chilogn. p. 22 und
— Die Sinnesorgane der Ant. etc. p. 430.
2) S i l v e s t r i , Anatome p. 53. 59.
3). V e r h o e f f , Dipl. Deutschi. p. 219.
Zoologien. H e f t 65. 66. 2 ’