
schnitt ich am 13. Juli einem Weibchen mit 62 borstentragenden Segmenten, dessen Augen bereits vergrößert
waren und dessen Körperhöhle von gelben Eiern strotzte, das Hinterende ab, so daß das Tier
nur noch 29 Rudersegmente besaß. Das zum Zwecke der Operation aus seiner Röhre genommene
Tier wurde wieder in dieselbe hineingeleitet, weil ich die Erfahrung gemacht hatte, daß verletzte
Tiere in ihren Röhren sich weit besser am Leben erhalten ließen, als wenn sie ins freie Wasser gelegt
wurden. Die Metamorphose des in Rede stehenden Weibchens ging scheinbar ruhig weiter, denn
bereits am 23. Juli, also am 10. Tage nach der Verletzung, verließ das Tier fertig umgewandelt seine
Röhre und versuchte umherzuschwimmen, was ihm aber nur schlecht gelang, da ihm nur wenige
Segmente mit Ruderborsten zur Verfügung standen. In der Zwischenzeit waren hinter der Schnittfläche
ein neues Analsegment und 11 rudertragende Segmente regeneriert worden, doch waren diese
noch sehr klein und das vorderste von ihnen nur etwa halb so breit als das letzte der stehen gebliebenen
Segmente, so daß man die Schnittstelle sofort erkennen konnte. Die Ruder der neuen
Segmente zeigten die typische Verbreiterung ihrer äußeren Fortsätze, wie sie der umgewandelten Form
zukommt, und trugen alle Messerborsten, deren Größe im richtigen Verhältnis zu der der Ruder stand,
so daß sie also viel kleiner waren, als die der davorliegenden.
Als Schwär m z e i t der k l e inen h e t e rone r e i d e n Form von Nereis dumerilii werden
meistens die Monate Fe b ru a r und März angegeben. Man kann nach meinen Erfahrungen ta tsächlich
auch diese Monate und dazu noch den A p rÄ a ls die Hauptschwärmzeit unseres Wurmes bezeichnen,
doch muß hi er beme r kt werden, daß m ir vom Ok t o b e r bis zum Mai in j edem
Mon a t ei nzel ne h e t e r o n e r e i d e rei fe Exempl a r e aus dem Meere ge br ac h t wurden, wie
sic h auch in m e in en Zucht g l ä s e r n die Umwan d l ung der Tiere n i c ht auf j ene kur ze
Spanne Z e it bes c h r ä n k t e . Wir haben ja gesehen, wie sich ein Individuum z. B. im Juli umwandelte.
Die Tabelle auf S. 95 im III. Teil dieser Arbeit gibt eine Übersicht über die Tage, an
denen Exemplare der Form ß im Meere erbeutet wurden, während in der Tabelle auf S. 96 sämtliche
in meinen Gläsern metamorphosierten Würmer auf gezählt sind. Wir wollen hier nicht näher
auf die Zeit des Vorkommens der Form ß eingehen, da sich der III. Teil dieser Arbeit speziell mit
dieser Frage beschäftigt.
Schon C l a p a r e d e hat darauf hingewiesen, daß b e i d e r Umwandl ung die Zahl der
f ei nen Blu t g e f ä ß e i n den Lapp e n der Pa r ap odi e n bed eu t en d v e rme h r t wird. Es hängt
das damit zusammen, daß die große Menge der Geschlechtsprodukte, welche ebenso wie bei der
nereiden Form die ganze Leibeshöhle der heteronereiden ausfüllen, d a s Bedü r f n i s des Tieres
nach Sau e r s t o f f s ehr s t a r k e r h ö h t , so daß der Gasaustausch, welcher vornehmlich an jenen
kiemenartigen Erweiterungen der Parapodien stattfindet, ein äußerst reger wird. B o u n h i o l (1903)
hat gezeigt, daß bei der Geschlechtsreife der heteronereiden Form von Nereis irrorata die Steigerung
der Respiration etwa das dreifache des Mittels bei der nereiden Form ausmacht. Demgemäß wird
dann auch der Rhythmus der Pulsationen des Rückengefäßes entsprechend beschleunigt, wie ich an
den sehr schnell durch das Gefäß jagenden Blutwellen konstatieren konnte. Leider wurde die auf
eine bestimmte Zeiteinheit fallende Zahl solcher Kontraktionen nicht näher bestimmt.
Sobald die Tiere völlig reif sind, beginnen sie, wie schon gesagt wurde, lebha f t umherz u s
chwimmen. Im freien Meere suchen sie die obersten Wasserschichten auf, wo sich dann die Geschlechter,
welche eine starke Anziehung auf einander ausüben, finden. Gelegentlich treten
unsere Tiere in gewaltigen Brutschwärmen auf, von denen im III. Abschnitt noch die Rede
sein wird.
Wenn reife heteronereide Männchen und Weibchen zusammen in ein größeres Glasgefäß gesetzt
wurden, so steigerte sich ihre Beweglichkeit aufs Äußerste. Vor allem die Männchen umkreisten
ständig die agil umhersohwimmenden Weibchen und nach kur z e r Zei t l ießen bei de i hr e Ge-
s c h l ech t s p r oduk t e f a hr e n, wobei sich die Eier langsam auf den Boden des Gefäßes senkten, die
Spermatozoen aber sich über die ganze durch die schwimmenden Tiere bewegte Wassermasse verteilten,
wie sich an der milchigen Trübung derselben erkennen Heß. — Es ist in der Literatur mehrfach
erwähnt worden, daß die abgelegten Eier der heteronereiden Form von Nereis als eine zusammenhängende
Masse in Schleim gehüllt planktonisch an der Oberfläche des Meeres trieben. Nach
a. b.
Fig. 12.
Gesichtsfeld des Mikroskops mit den Eiern der.kleinen heteronereiden Nereis dumerilii in der Mitte einer
Ührschale. a) vor, b) nach der Befruchtung.
meinen Erfahrungen kann ich dies für die Eier von Nereis dumerilii nicht bestätigen, denn s t e t s
sah ich sie be f r u c h t e t ei nzel n zu Boden sinken.
Bringt man eine Anzahl reifer Eier der Form ß unter Wasser in eine Uhrschale, so rollen sie
nach der tiefsten Stelle in der Schale zusammen, und zwar so dicht, daß sie sich berühren (Textfig. 12a).
Setzt man nun dem Wasser eine Anzahl'reifer Spermatozoen zu und rührt den Inhalt der Schale durcheinander,
so gelingt es nicht, die Eier wieder in die vorige Lage zu bringen. Man sieht vielmehr,
daß sie, wenn man sie durch Erschütterungen in der Mitte der Schale zusammentreiben will, zwar der
tiefsten Stelle zustreben, sich aber nicht mehr berühren, sondern in gleichmäßigen Abständen von
einander liegen bleiben. Man erhält auf diese Weise ein regelmäßiges Muster auf dem Boden der
Schale (Textfig. 12b). Das Auftreten dieser Erscheinung ist zugleich der sichere Beweis dafür, daß
die Befruchtung der Eier tatsächlich stattgefunden hat.
Auch bei starker Vergrößerung unter dem Mikroskop findet man zwischen den Eiern nichts,
was sie an einer völligen Annäherung hindern könnte. Bringt man jedoch fein zerriebenes, im Wasser
unlösliches Karmin in die Uhrschale, so sieht man alsbald, wie sich die Körnchen des Farbstoffes