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 stammen  von Wesenberg-Lund,  und  zwar  beziehen  sich  dieselben  sowohl  auf  Formen,  deren  H  im  
 Hochsommer  den Wert  1000  beträchtlich überschreitet (B.  c.  gibbera),  wie  auf solche,  deren H  stets  
 unter  1000 bleibt (B.  c.  coregoni)  oder im Höchstfälle  1000 erreicht (B.  c.  coregoni f.  rotunda).  \ 
 Nach  Wesenbergs  Angaben  schildere  ich  im  folgenden  kurz  den  Variationsverlauf  in  der  
 Eucoregoni-Giwgpe.  Die Richtung des Variationsverlaufes  der Eucoregoni-’Foim.en  ist  aus  folgenden  
 Punkten  ersichtlich: 
 1.  Die  relative  Schalenhöhe  (H)  ist  im  Sommer  größer  als  im  Winter;  infolgedessen  ist  der  
 Dorsalkontur  im Sommer meist gewölbter  als  im Winter  und  für  den Fall,  daß  H >  1000,  buckelig  
 aufgetrieben. 
 2. Die  1. Antennen  (C +  D)  sind im Sommer länger  als im Winter.  Dementsprechend ist  die  
 Incisurenzahl und die Projektion der 1. Antennen im Sommer größer als im Winter.  Rostrum (A -f- B)  
 und  dreieckiges  Schildchen  sind  länger  und  spitzer  als  im Winter. 
 3.  Die  relative  Augengröße  ist  im  Sommer  kleiner  als  im  Winter. 
 Dieser  Variationsverl auf  wurde  in  großen  Zügen  schon  von  den  ersten  Beobachtern  richtig  
 erfaßt.  Wesenberg-Lunds Verdienst ist es,  zum ersten Male bei Formen der Coregoni-'Reihe den Gang  
 der Cyclomorphose von Monat zu Monat auf  das genaueste verfolgt zu haben.  Seine wesentlichsten  
 Resultate  sind  hierbei  folgende: 
 Im Laufe des Winters vollziehen sich  nur geringe Formveränderungen an den Bosminen.  Die  
 relative  Schalenhöhe  (H =  % T)  und  damit  der Dorsalkontur  bleibt  vom  Oktober  bis  Mai  unverändert. 
   Die  1. Antennen bleiben im Laufe des ganzen Winters vom Ausschlüpfen der Jungen bis zum  
 völlig ausgewachsenen Zustand gleich groß, ihre relative Länge nimmt also, da die absolute Länge der  
 wachsenden Tiere natürlich zunimmt, ab.  Infolgedessen ist C +  D im Anfang des Winters 750—1000,  
 im  Frühjahr  nur  250—500.  Der  relative  Augendurchmesser  scheint  im  Laufe  des  Winters  gleichmäßig  
 zuzunehmen. 
 Ende  Mai  bis Anfang  Juni  ändert  sich  p l ö t z l i c h   der  Formzustand  der Bosminen — in  
 allen  Seen  zu  gleicher  Zeit —  in  dem kurzen  Zeitraum  von  drei Wochen  vollständig.  Die  Jungen  
 nehmen beim Heranwachsen  jetzt  ein völlig  anderes Aussehen  an  als  ihre Muttertiere;  es treten die  
 Sommercharaktere auf: größeres H (gewölbter bis buckeliger Dorsalkontur), längeres C +  D, kleineres 
 O.  Wenn der Zustand der Sommerform erreicht ist, vollziehen sich weiterhin im Sommer nur geringe  
 Formveränderungen:  H  nimmt  in  einigen  Seen  im  Hochsommer  etwas  zu,  Hand  in  Hand  mit  H  
 geht C +  D.  Im Herbst  vollzieht  sich  „more  gradually  and  during  a  longer  period“  die Rückkehr  
 zum winterlichen  Formzustand.  „The  investigations  show  with  perfect  clearness,  th a t  the  clumsy  
 winter  forms  with  short  antennae  never  develop  in  June—July  in  the  high  gibbose  summer  forms  
 with long antennae, nor do these develop into the low gibbose winter forms.  The new characteristics  
 belong  to  new generations,  the  old dies with the old.“ 
 Weiterhin  konnte  Wesenberg-Lund  nachweisen,  daß  die  Winterformen  aller  Lokalrassen  
 einander  äußerst  nahestehen,  und  daß  die  im  Sommer  auftretenden Unterschiede  der  Lokalrassen,  
 die nach  diesen Sommercharakteren teils B.  c.  coregoni,  teils B.  c.  gibbera zu nennen wären,  von der  
 ungleichen  sommerlichen Zunahme  von C -J- D  und H in den einzelnen Seen herrühren.  „Where  the  
 increase“  (von  H  und  C +  D)  „does  not set in during the early  growth-stages  and  is  not  continued  
 during the beginning of  the egg-production, the races with low H( <  T) occur (Furesö, Skanderborgsö  
 etc.);  but where  it  sets  in  during  the  early stages and practically  stops  after maturity,  we  find  the 
 medium high races (H =  T)  e. g.  in  Sorösö,  and where  the  increase is continued after  maturity,  the  
 very  high  races  with  H >  T  (Tjustrupsö,  Julsö).“ 
 Diese  Beobachtungen  Wesenbergs  stimmen  mit  meinen  eigenen,  an  anderen  Formen  von  
 B. coregoni gemachten überein; nur in  einem Punkte stoße  ich auf eine Abweichung:  Es war mir bei  
 den meisten von mir untersuchten Formen möglich, im Laufe des Winters zwei oft recht scharf trennbare  
 Formzustände  zu  unterscheiden,  die  ich  Früh-  und Spätwinterformen  nenne.  Namentlich  bei  
 B. c. berolinensis, B. c. longicornis und B. c. thersites, bei denen zwischen diesen beiden Formzuständen  
 eine mehr  oder weniger lange Latenzperiode liegt,  ist  diese Trennung in  aller Schärfe durchführbar.  
 Nach Wesenberg-Lund  besteht  dagegen  den  ganzen Winter  hindurch  ein  annähernd  gleichförmiger  
 Formzustand.  Diese  Differenz  zwischen  unseren Beobachtungen  ist  wohl  einmal  auf  die  Latenzperiode, 
  die B. c. berolinensis, B. c. longicornis und B. c. thersites durchmachen, und die bei Wesenbergs  
 B. c. coregoni fehlt, und sodann auf die durch den Besitz eines Mucros bedingte Befähigung der von mir  
 untersuchten Formen:  B.  c.  berolinensis und  B.  c.  longicornis  zu  viel  feinerer Formnüancierung  und  
 weitgehenderer Formvariation,  als bei B.  c.  coregoni möglich ist,  zurückzuführen.  Dennoch bestehen  
 auch  bei Wesenbergs  B.  c.  coregoni Unterschiede,  die  den  von mir  auf gestellten Formzuständen der  
 Früh- und Spätwintertiere entsprechen.  Die Frühwintertiere der von Wesenberg untersuchten Formen  
 haben  nämlich  relativ  längere  1.  Antennen,  ein  kleineres  Auge  und  niedrigere  Schalenhöhe  als  die  
 Spätwintertiere. 
 Die  Formzustände,  die  ich  im  Laufe  des  Sommers  unterschieden  habe,  gehen  kontinuierlich  
 ineinander  über,  so  daß  hier  keine Differenzen  gegen Wesenbergs  Beobachtungen  vorliegen. 
 Nach  dieser  kurzen  Darlegung  der  Wesenbergschen  Ergebnisse  will  ich  noch  auf  die  sorgfältigen  
 Untersuchungen,  die  Thallwitz  (’06  und  ’10)  an  der  B.  c.  coregoni  des Moritzburger  Großteiches  
 anstellte, hinweisen und eine interessante Beobachtung von Thallwitz (’10) anführen.  Derselbe  
 schreibt:  „Bei den Frühlingsformen ist  die  hintere  untere  Ecke  schärfer  ausgeprägt und  etwas  nach  
 unten  vorgezogen,  ohne  daß  es  aber  zu  einer  Stachelbildung kommt.  Der  ventrale  Schalenrand  ist  
 dann  in  seinem  hinteren  Teile  vor  der  Schalenecke  eingebuchtet.1)  Diese  Tiere  erinnern  in  der  
 Gestaltung des Ventralrandes und der hinteren unteren Schalenecke an manche Formen der Varietäten  
 humilis Lilljeborg (=  hessleri) und Lilljeborgii Sars.“  Sie nähern sich also mit anderen Worten Formen  
 der Mixta- Gruppe.  Die  erwähnte Einbuchtung  im  hinteren Teile des  ventralen Schalenrandes  fehlt  
 bei allen Sommerformen  von Ende Juni an.  — Diese Erscheinung,  die wohl  zweifellos  als  A n s a t z   
 z u   e i n e r   s c hw a c h e n   M u c r o b i l d u n g   im  W i n t e r   anzusehen  ist,  und die ich ebenfalls an  
 der B.  c.  coregoni  aus  Seen  des  Havel-  und Spreegebietes beobachtete,  ist äußerst interessant,  da sie  
 ein  neuer  Beleg  für  die  morphologische  Annäherung  der  Wintertiere an die Stammformen  ist.  Die  
 Stammformen  von  B.  c.  coregoni besaßen  zweifellos  einen  Mucro  (vgl.  pag.  63),  wie  z.  B.  die  rudimentäre  
 Seta  Kurzi  beweist,  die  ich  bei Formen  von  B.  c. coregoni  beobachtete,  und  zwar dürften  
 die Vorfahren  der  B.  c.  coregoni  in  der Miatfa-Gruppe  (z.  B.  in  B.  c.  hessleri)  zu  suchen  sein,  deren  
 Winterformen  sich  ja  auch  die  von  Thallwitz  beobachteten  Winterformen  von  B.  c.  coregoni  am  
 meisten näherten.  Neben  diesem  schwachen  Ansatz  zur  Bildung  eines Mucros im Winter bedeutet  
 die  winterliche  Reduktion  von C +  D,  A +  B,  H,  und  die Vergrößerung  von O,  die die Formen der  
 Eucoregoni - Grupp e mit denen der Mixta- Gruppe  gemeinsam haben,  einen weiteren Schritt  rückwärts  
 zu Charakteren  der  Longispina-Beihe. 
 9   Also  ähnlich  wie  bei  den  Winterformen  der  B.  c.  kessleri  vom  Buckower  See  (vgl.  pag.  85  oben).  
 Zoologien.  H e ft  63.