
Während zweier Anfenthaltsperioden an der Zoologischen Station zu Neapel, einer kürzeren
im Frühjahr (März, April) 1907 und einer längeren von Ende September 1908 bis Mitte August 1909,
war es mir vergönnt, mich mit der Biologie von Nereis Dumerilii Aud. et Edw. zu beschäftigen.1)
— Meine Untersuchungen waren zunächst darauf gerichtet, das Verhältnis der verschiedenen bei diesem
Polychaeten auftretenden Geschlechtsformen zu einander aufzuklären, und da ich zu diesem Zwecke
Tiere jeden Alters auf zog, vornehmlich aber solche, die ich selbst aus Eiern erhalten hatte, so gewann
ich einen Einblick in manche Eigentümlichkeiten der Lebensweise dieser Würmer, vor allem aber
konnte ich deren postembryonale Entwicklung verfolgen, über die in der seitherigen Literatur im Gegensatz
zu der so genau bearbeiteten Furchung und Embryonalentwicklung nur weniges mitgeteilt wurde.
Die sich ergebenden Resultate forderten von selbst eine Gliederung dieser Arbeit in drei Hauptabschnitte,
von denen der erste die postembryonale Entwicklung, der zweite das Wachstum, die Metamorphose
und die Geschlechtsreife von Nereis dumerilii, der dritte aber das Schwärmen der kleinen
heteronereiden Form dieses Wurmes behandeln soll.
I. Postembryonale Entwicklung.
Es gibt in der Literatur nur wenige Arbeiten, die ganz oder wenigstens teilweise von der Entwicklung
der Lycoriden handeln, und unter diesen sind es wiederum nur ein paar, die unsere Kenntnis
wirklich um ein Bedeutendes bereichert haben. Bekanntlich trifft man bei der Gattung Nereis zwei
verschiedene Geschlechtsformen, eine, die den Habitus der noch unreifen Tiere auch während der
Geschlechtsreife unverändert beibehält, und eine andere, die vor dem Eintritt in das Reifestadium
eine Metamorphose durchmacht, was ja Veranlassung gab, daß man früher, ehe man auf den Zusammenhang
zwischen beiden Formen aufmerksam geworden war, die letztere, die verwandelte,
einer besonderen Gattung Heteronereis einreihte. Die einzelnen Autoren, die sich mit der Entwicklung
von Nereis beschäftigten, haben nun bald die Nachkommen der einen, bald die der anderen Form
untersucht.
Da die hier behandelte Nereis dumerilii in den beiden erwähnten Formen geschlechtsreif wird
und Nachkommen erzeugt,!— eine Tatsache, die man bis jetzt noch von keiner anderen Verwandten
i) ich spreche hiermit allen Herren der Zoologischen Station zu Neapel meinen herzlichsten Dank aus für die
liebenswürdige Aufnahme und die vielseitige Förderung. Vor allem aber danke ich auch' hier der Königlichen Gesellschaft
der Wissenschaften zu Leipzig und ebenso dem Kuratorium der Karl Albrecht-Stiftung an der Universität.Leipzig für die
reichliche Unterstützung, die sie mir für diese Arbeit zuteil werden ließen, und besonders für die Freigebigkeit der letzteren,
durch’welche mir der für die Durchführung erfolgreicher Zuchtversuche unbedingt nötige lange Aufenthalt an der Neapler
Station überhaupt erst ermöglicht wurde.
Zoologien. H e ft 62.