S omme r f o rm.
Die ausgewachsenen Sommer Weibchen dieser typischen Subspezies zeichnen sich vor den
übrigen Formen der Gruppe durch den s tet s glei chmäßig gewölbt en Dor s a l kont ur aus,
dessen Höhe zwar stark variiert (H bis ca. 1000), der aber n i e m a l s buckelig oder hakenförmig
ausgebildet ist. F. rotunda Schoedler ist dadurch charakterisiert, daß ihre relative Schalenhöhe
H ca. 1000 beträgt.1) Dorsocaudaler Schalenwinkel stumpf, bisweilen abgerundet, ventro-
caudaler Schalenwinkel meist abgerundet oder bei f. diaphana als scharfe, jedoch nicht vor-
ragende Ecke ausgebildet. Auge klein bis mittelgroß, Streifung und Retikulierung der Schale
variabel. Absolute Länge == 500—1000 ¡x.
W i n t e r f orm.
Bei ausgewachsenen W i n t e r w e i b c h e n ist gegenüber den Sommerweibchen die relative
Länge der 1. Antennen, des Rostrums und der Schalenhöhe verringert, der Augendurchmesser ist
vergrößert. Absolute Länge meist nur wenig kleiner als im Sommer.
M ä n n c h e n ausgezeichnet durch den stets stumpfen oder abgerundeten ventrocaudalen
Schalenwinkel. Hinterer Dorsalkontur flach, vor der dorsocaudalen Ecke mitunter konkav.
Da Bairds (’57) Beschreibung dieser typischen Subspezies heutigen Ansprüchen nicht genügt,
halte ich mich im folgenden an die Nachuntersuchung von Norman und Brady (’67). Nach der von
diesen beiden Autoren gegebenen Zeichnung ist die relative Schalenhöhe der typischen Form von
Lochmaben Castle Loch (Dumfriesshire) etwa 850, nach den Textangaben aber bei ausgewachsenen
Weibchen sogar mehr als 1000.2) Aus letzterem ergibt sich, daß B. rotunda Schoedler (’66), die hauptsächlich
durch ihre große Schalenhöhe (H = ca. 1000) charakterisiert ist, nicht als selbständige Subspezies
angesehen werden kann.3) Ich benutze daher den Namen rotunda zur Bezeichnung der
Zustands-(Saison-)Formen von B. c. coregoni, die (namentlich im Sommer auftretend) sich durch
H g ca. 1000 auszeichnen, und nenne dieselben also: B. c. coregoni f. rotunda. Für B. d iaph ana
P. E. Müller (’67), die von den meisten Autoren einfach mit B. c. coregoni identifiziert wird, ist
m. E. die scharfe ventrocaudale Ecke eigentümlich,4) die auf der Abbildung der t y p i s c h e n
Form von Norman und Brady abgerundet ist. Da aber in den meisten Seen Formen mit runder und
mit scharfer ventrocaudaler Ecke nebeneinander Vorkommen, scheint mir diese Eigenschaft in den
meisten Fällen nur ein individuelles Merkmal zu sein, und ich betrachte demnach B. diaphana nur
als Zustandsform von B. c. coregoni, die ich also B. c. coregoni f. diaphana nenne. Allerdings gibt
es auch Seen, in denen Diaphana- oder Coregoni-Formen allein Vorkommen, oder in denen wenigstens
die eine Form stark vor der anderen prädominiert. Doch möchte ich auch in solchen Fällen die
Diaphana-Formen nicht als selbständige Subspezies ansprechen, denn dieselben sind zwar als Übergangsformen
zu B. c. kessleri von Interesse, aber ihre morphologischen Unterschiede gegen B. c. coregoni
sind systematisch nur geringfügig und tiergeographisch wohl völlig belanglos. Gegen B. c.
kessleri grenze ich B. c. coregoni f. diaphana so ab, daß ich Formen mit einem deutlich nach
*) Außerdem ist bei ih r die ventrocaudale Schalenecke meist abgerundet.
2) „ In the ad u lt female th e width anteriorly exceeds the to ta l length of th e animal.“
3) Die Schoedlersche Zeichnung und Angabe über die Lage der Stirnborste ist, wie ich an seinem eigenen Exemplar, das
sich im zoologischen Museum zu Berlin befindet, nachprüfen konnte, unrichtig; Schoedlers B. rotunda zeigt in diesem Punkte
keine Abweichungen gegenüber den übrigen Formen von B. coregoni.
*) Dies geht sowohl aus der Zeichnung P . E. Müllers, wie aus folgender Angabe hervor: „Margine posteriore inferne angulum
rectum inermem efficiente“ . Gleiches gibt P. E. Müller von B. lilljeborgii anl
hinten vorragenden Mucro (Mu. -— 20—100) zu B. c. kessleri stelle, während f. diaphana nur eine
scharfe ventrocaudale Ecke hat. Natürlich bestehen hier alle Übergänge. Als solche will ich
namentlich die Rosmma-Kolonien des Bislawe-, Lossowo- und Gluchisees anführen, die ich weder der
B. c. kessleri, noch der f. diaphana eindeutig zuweisen konnte. Eine Seta Kurzi beobachtete ich
häufig sowohl bei f. diaphana, wie bei f. rotunda, so daß auch dieses Merkmal nicht zur Begründung
einer scharfen Trennung der B. c. coregoni von B. c. kessleri benutzt werden kann.
Zur Subspezies B. c. coregoni gehört auch B. coregoni var. gibba (= gibbosa) Sars (’91) aus dem
Orrevand auf Jäderen. An einem von Huitfeld-Kaas in diesem See gesammelten Material, das sich
im Besitze der biologischen Station Lunz befindet, konnte ich diese Bosminenform nachuntersuchen.
Huitfeld-Kaas (’06) bezeichnet die Orrevandform als eine B. coregoni var. diaphana. Wie ich an dem
erwähnten Lunzer Material feststellen konnte, handelt es sich um Formen mit scharfer, nicht vorragender
ventrocaudaler Ecke und einer relativen Schalenhöhe von ca. 1000. Ich halte es für durchaus
unnötig, für diese Form einen neuen Namen einzuführen und würde in wesentlicher Übereinstimmung
mit Huitfeld-Kaas dieselbe als eine B. c. coregoni f. diaphana bezeichnen, die sich durch die Größe
ihrer relativen Schalenhöhe der B. c. lilljeborgii etwas annähert, aber keine vorragende ventrocaudale
Ecke besitzt.
Auch B. c. var. gibberoides Linko (’01, II) gehört nach der Zeichnung des Autors zweifellos
hierher (H < 1000). Die von B. c. coregoni etwas abweichende Form des Dorsalkonturs derselben
kommt durch eine unwesentliche Rückwärtsverlagerung der Rückenspitze zustande. Auch bei
dieser Form halte ich eine systematische Absonderung von B. c. coregoni nicht für nötig (vgl. pag. 53).
Verbreitung.
B . c. coregoni ist entschieden die am w e ite sten verbrei tete und häufigste Form der
C o r e g o n i- Reihe.
GROSSBRITANNIEN. Nach Scourfield (’03) in Schottland: Lochmaben Castle Loch (Dumfriesshire) von Baird
(’57), im nördlichen Schottland von Murray, in England (Ellesmere) von Hodgsön und in Irland (Upper Lough
Erne) von Kane gefunden.
FRANKREICH. Die einzigen französischen Fundorte der Spezies B . coregoni sind von de Guerne et Richard (’91,1)
angegeben: Etang de Cazau (22,30 m tief), Etang d’Hourtin (9,70 m tief); Nachprüfung wäre erwünscht.
DEUTSCHLAND. B r a n d e n b u r g : Aus Hartwigs, Keilhacks und meinen eigenen Befunden ergibt sich, daß
B . c. coregoni in sämtlichen untersuchten Seen des Spree-Dahme-Iiavelgebietes vorkommt. In der Havel
wurde sie vom Havelsee bis zum Plaueschen See, in der Spree bis zum Dämeritzsee aufwärts, in der Dahme
bis zum Trüben Dolgensee bei Prieros gefunden. In den zur Dahme hin entwässernden Storkower Seen:
Scharmützel-, Storkower-, Wolziger-, Köllnitz- und Langer See lebt sie ebenfalls. Hartwig fand sie außerdem
im Teltower-, Lehnitz-*, Berlinchener-*, Jungfernsee* (bei Bernstein), Ruppiner-*, Unter-Ucker*-, Strausberger*,
Hellsee bei Lanke, Wandlitz-,1), Werbellinsee* (Hartwig ’95). Ferner im Teupitzcr-*, Gr. Stechlin-*,
Zens-* und Wurdelsee* bei Lychen (Hartwig ’97) und im Kremmener See* (Hartwig ’98). Ich fand Coregoni-
Formen außerdem im: Zechliner-, Wumm- und Schlabornsee bei Rheinsberg, ferner im Mündesee bei
Angermünde, im Rosiner See und im Nordwestbecken des Paarsteiner Sees (vgl. p. 116), schließlich im Gülper
See (nördlich von Rathenow), Gr. Glienicker See und Sacrower See bei Potsdam. Gemeinsam mit Dr.
L. Keilhack fing ich B . c. coregoni f. diaphana im Haussee und Moderfitzsee bei Himmelpfort, im Gr. Lychener-,
Zens- und Wurdelsee bei Lychen (vgl. p. 110).
Me c k l e n b u r g . Gemeinsam mit Dr. L. Keilhack fand ich B . c. coregoni f. diaphana im Müritzsee,
den vom Müritz-Havelkanal berührten Seen, ferner im Ellbogen-, Ziern-, Menow-, Röblin-, Gr. Stolp-, Thymensee.
Außerdem fand ich B . c. coregoni im Zierker- (bei Neustrelitz), Woblitz-, Plauer-, Schweriner See und
in der Tollense.
*) Im Wandlitzsee kommt B. c. coregoni nicht vor. Es handelt sich, wie ich auch an Hartwigs eigenem Material (im Besitz
des Zoolog. Museums Berlin befindlich) nachweisen konnte, hier um Extrem Varianten von B. c. gibbera.
Zoologien. Heft 63. 7