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 zu sprechen  scheint,  andererseits  unmöglich  zugeben,  daß  eine  solche  F o rm   des Rostrums  jemals  
 bei einer Longirostris - Form vorkommt.  Ich habe den Eindruck,  als ob  das Auge des Schoedlerschen  
 Tieres  verlagert  ist,  was  ja'bei  der  Konservierung  oft  eintritt,  und  glaube  darauf  den  hohen Wert  
 für A +  B  zurückführen  zu  können,  zumal  da  alle  übrigen  Angaben  Schoedlers  entschieden  für  die  
 Zugehörigkeit  seiner  Form  zu  B.  coregoni  sprechen.  Erstens  einmal  stammt  Schoedlers  Exemplar  
 aus  der  Spree,  und  es  gibt  in  unserem  ganzen  Spree-Dahme-Havel-Gebiet  keine  Longirostris-J?orm,  
 die der Schoedlerschen Abbildung nahestände  (vgl.  auch Keilhack  ’09,1).  Dagegen glaube ich in den  
 oben beschriebenen jungen Frühwintertieren Formen gefunden zu haben, die mit Schoedlers Zeichnung  
 und  Beschreibung  (abgesehen  von  der  Größe  A +  B)  vollständig  übereinstimmen.  Es  sind  diese  
 Winterformen  die  einzigen Bosminenformen  des  Spree-Dahme-Havel-Gebietes,  die  für  eine  Identifizierung  
 mit  Schoedlers  B.  longicornis  in  Betracht  kommen.  Man  vergleiche  in  Tab.  I I   die Maßangaben  
 für diese Frühwintertiere mit den Werten, die ich an Schoedlers Zeichnung (Tab.  II,  No.  11)  
 nach  derselben Maßmethode  gewonnen  habe,  und  ferner meine  Fig.  34 mit  Schoedlers  Zeichnung.  
 Die Werte,  die Schoedlers Figur  für T,  H,  Pr,  C, D, C +  D,  Mu,  0   (also  alle Werte  bis  auf A +  B)  
 ergibt,  liegen  sämtlich  innerhalb  der  Variationsgrenzen  meiner  Vintertiere.  Weitere  Übereinstimmungen  
 hegen in dem Fehlen einer Schalenretikulation, der Anzahl der Antennenincisuren (12) und der  
 Abdominalkrallenzähne  (5).  Der  „freie  untere Rand“  ist  auch bei meinen Wintertieren  „in seinem  
 hinteren Verlauf merklich  ausgeschweift  und tritt  deshalb  in seinem vorderen . . . .   Teil  erheblicher  
 hervor“.  Der Mucro  stimmt nicht  nur  in  seiner  relativen  Länge  und  im Fehlen  von  Incisuren mit  
 dem Mucro  meiner  Tiere  überein,  er  ist  auch  seiner  ganzen,  äußerst  charakteristischen  Form  nach  
 vollständig  identisch  mit  dem  meiner  Frühwinterformen  (vgl.  Fig.  34).  Dagegen  ist  bisher  noch  
 bei  keiner  Longirostris-^orm  (sicher  bei  keiner  des  Spree-Havel-Gebietes)  ein  Mucro  beobachtet  
 worden,  der so  gleichmäßig ohne Richtungsänderung zu einer scharfen Spitze ausliefe,  und bei dieser  
 Länge  keine  Incisuren  trüge.  Solche  Mucrones,  bei  denen  die  ventrocaudale  Schalenecke  zu  einer  
 gleichmäßigen,  scharfen  Spitze  ausgezogen  erscheint,  finden  sich  nur  in  der  Longicornis-Insignis-  
 Gruppe von  B.  coregoni.  Auch  die Länge  der  1.  Antennen  (also  die Maße  C, D,  C +  D) macht  die  
 Zugehörigkeit  der  Schoedlerschen  Form  zu  B.  longirostris  zur  Unmöglichkeit.  Ihrer  Form  nach  
 („ziemlich  gleichmäßig  rückwärts  gekrümmt“)  stimmen  die  1.  Antennen  der  Schoedlerschen  Longicornis  
 gut mit meinen Frühwintertieren  überein.  Nach  alledem  besteht  für mich  kein Zweifel,  daß  
 die  oben beschriebenen Frühwinterformen mit Schoedlers B.  longicornis  zu identifizieren sind.  Gibt  
 man  dies  zu,  so  ist  die  s y s t e m a t i s c h e   S t e l l u n g   d e r   B.  c.  l o n g i c o r n i s   n a c h   
 d e n   C h a r a k t e r e n   d e r   o b e n   b e s c h r i e b e n e n   H o c h s o m m e r t i e r e   f e s t z 
 u l e g e n ,   n i c h t   n a c h   S c h o e d l e r s   F r ü h w i n t e r f o r m ,   da  Winterformen  wegen  
 ihrer  geringen  Differenzen  gegen  nahestehende  Formen  und  ihrer  wenig  charakteristischen  Form  
 dazu  nicht  geeignet  sind. 
 Ich diskutiere jetzt von  dem  dargelegten Standpunkt aus  die Auffassungen  der Autoren über  
 B.  c.  longicornis,  ohne  auf  alle Äußerungen über  diese Form  eingehen  zu können.  Der von mir vertretenen  
 Auffassung am nächsten scheinen mir die Skandinavier, vor allem Lilljeborg (’01) gekommen  
 zu  sein.  Lilljeborg hat vor  allem diese  Form nicht  zu B.  longirostris gestellt,  vielmehr  gehört  seine  
 B.  longicornis  offensichtlich  zu  B.  coregoni  in  dem weiten  Sinne,  wie  ich  diese Art mit Burckhardt  
 fasse,  und  hier  sogar  auch  in  meine  Longicornis-Insignis-Qiup'pe.  Dennoch  dürfte  Lilljeborgs  
 B.  longicornis  nicht  schlechthin  identisch  mit  der  Schoedlerschen  Form  sein.  Denn  die  Lilljeborgschen  
 Abbildungen,  die  S o m m e r t i e r e   darateUen,  ähneln  ihrer  Gesamtform1)  nach  zwar  
 dem  von  Schoedler  abgebildeten  1?r i i h w i n t e r t i  er ,   n i c h t   a b e r   d e n   o b e n   bes 
 c h r i e b e n e n   S o m m e r t i e r e n   des  Spree-Havel-Gebiets,  m it  denen  sie  als  Sommer t 
 iere  vergl ichen  werden  müssen.   Namentlich  sind  —  von  geringeren  Abweichungen  abgesehen  
 —  die  Mucrones  der  Lilljeborgschen  Longicornis  bedeutend  kürzer  als  die  der  genannten  
 Sommerformen.  Ich  halte  daher  Lilljeborgs  B.  longicornis  für  eine  der  typischen  B.  longicornis  
 Schoedler recht nahestehende Form.  Auch das  von Lilljeborg abgebildete Männchen  seiner B. longicornis  
 steht  zwar  dem  von  mir  beschriebenen Männchen .(vgl.  Fig.  29)  recht  nahe,  seine Stirn  aber  
 ist  vor  dem  Auge  etwas  stärker  gekrümmt  als  bei  letzterem. 
 Helliehs  (’77)  B.  longicornis  ist  auf  keinen  Fall  mit  Schoedlers  Form  identisch  und  höchst  
 wahrscheinlich  eine  Form  von  B.  longirostris,  wofür  u.  a.  folgendes  spricht:  „Fundort,  eine  Pfütze  
 am  Krottensee,  absolute  Länge  0,36  mm.“ 
 Stingelin (’08) rechnet B. longicornis zu B. longirostris und findet es auffallend,  daß diese Form  
 nach Lilljeborg in Schweden 1 mm lang wird, ohne zu beachten, daß Lilljeborgs B. longicornis zweifellos  
 zum  Formenkreis  der  B.  coregoni  in  Burckhardts  Sinne  gehört. 
 Auch  Burckhardt  (’00,  I)  rechnet  B.  longicornis  zu  den  Formen,  die  ^sicher  zu  den  kleinen  
 Bosmmen  gehören“,  nennt sie  infolgedessen  B.  longirostris  f.  longicornis  und  identifiziert  mit  ihr  
 eine Form  vom Säckinger See.  Bemerkenswerterweise  jedoch  schreibt er:  „Daß aber bei uns Longi-  
 rostns-Formen mit  so  langer  Tastantenne  (C +  D HlßO*),  Pr =  ca.  600)  Vorkommen,  möchte  ich  
 einstweilen bezweifeln“, und weiter:  „es wäre verdienstvoll, zu versuchen, ähnliche Formen im Winter  
 in  der  Spree  wieder  zu  finden  und  genauer  zu messen“.  Die  Zugehörigkeit  der  B.  longicornis  zum  
 Formenkreise  der  B.  longirostris  scheint  also  Burckhardt  doch  zweifelhaft  gewesen  zu  sein. 
 Auch  die  meisten  übrigen  Autoren,  die  südlich  vom  baltischen  Seengebiet  gearbeitet  haben,  
 verstehen unter B.  longicornis wohl stets eine Longwoslris-Jorm.  Ich brauche daher auf die faunisti-  
 « h e n  Angaben  dieser Autoren —  z. B. Steuer, Langhans, Pavesi  (’79),  de Guerne  et Richard  (’91,1), 
 die B.  longicornis  aus  dem Etang de Cazau  (Gascogne)  und Lac  de Gerardmer  (Vogesen)  melden_ 
 nicht  einzugehen.  Aus  Amerika  (Madison)  wird B.  longicornis  Schoedler  von Birge  (’91)  gemeldet.  
 Es  ist höchst  unwahrscheinlich,  daß  diese Angabe  das Richtige  trifft.  Nach  Scourfield  (’03)  und  
 Kane  ist B.  longicornis  Schoedler  in Großbritannien gefunden,  doch ist darunter wohl B. longicornis  
 im  Sinne  Lilljeborgs  zu  verstehen. 
 Völlig deckt sich meine Anschauung über B.  c.  longicornis nur mit der von Hartwig und Keil-  
 hack3),  und  es ist ja verständlich, daß  gerade diese märkischen Cladocerenforscher der von Schoedler  
 m  der  Spree  gefundenen  Form  am  ehesten  gerecht  wurden.  Hartwig  (’95)  meldet  B.  longicornis  
 vom  Müggel-,  Krien-,  Wandlitz-4)  und  Straußsee.  Die  Stücke  seines  Kriensee-Materials  konnte  
 ich im Zoologischen Museum zu Berlin einsehen  und ihre Identität mit B.  c.  longicornis in dem Sinne,  
 wie  ich  sie  auffasse,  feststellen.  Demnach  dürften  auch  die  anderen  Fundortsangaben  Hartwigs 
 x)  Dagegen  sind  sie  als  Sommertiere  bedeutend  größer  als  Schoedlers  Exemplar. 
 )  Burckhardt h a t offenbar  die linke Antenne von Schoedlers Figur gemessen,  für die  rechte,  längere  finde  ich sogar den  
 Wert  C + - D  =   873. 
 )  Auch  Zacharias  (’87),  d er  außer  B.  coregoni  eine  B.  longicornis  aus  dem  Tegelersee  meldet,  scheint  d am it  den  
 r i c h t i g e n   Begriff verbunden  zu haben,  denn  in  seinem  von mir durchgesehenen Tegelersee-Material  (im  Besitze  des Zool.  Inst,  
 d. Univ.  Berlin)  ist  tatsächlich  B.  c.  longicornis  die  dominierende  Form. 
 .  ^   Weder  in  dem  Hartwig’schen  Material  vom  6.  X.  89  (gesammelt  von  P ro tz ),  das  sich  im  Besitze  des  Berliner  
 Zoologischen  Museums  befindet,-  noch  in  anderweitigem  Wandlitz-See-Material  (vom  6.  IX .  91  und  17.  IX .  1910)  fand  ich  
 B.  c.  longicornis.