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 Beweis  für  die  auch  durch  morphologische  Gründe  belegte  enge  Verwandtschaft  dieser  Gruppen  
 und namentlich für die Zugehörigkeit der mucronaten Longicornis-Insignis-^?oimen zur Coregoni-Reihe. 
 In  ganz  neuer  Richtung  entwickelt  sich  aus  dem  Variationsverlauf  der  Eucoregoni-Gruppe  
 die Cyclomorphose  der  Crassicornis- Gruppe.  Hier tritt  eine  sommerliche Reduktion  der  1.  Antenne  
 ein,  im völligen Gegensatz zu dem sonstigen Verhalten der  1. Antenne innerhalb  der Coregoni-Reihe.  
 Da aber die sonst ganz allgemein in gleichem Sinne wie die.  1. Antenne sich verändernde Länge A +  B  
 hier in umgekehrter Richtung wie C +  D variiert, läßt sich daraus der Schluß ziehen, daß die sommerliche  
 Reduktion  der  1.  Antenne  bei  B.  c.  crassicornis  sich  erst  sekundär  aus  einer  ursprünglichen  
 sommerlichen Verlängerung  von C -j- D,  wie  sie  bei  allen  übrigen  Coregoni-Formen  besteht,  herausgebildet  
 hat.  Weiterhin entfernen sich  die Sommerformen von B.  c. crassicornis dadurch von denen  
 der  Eucoregoni- Gruppe,  daß  bei  ihnen die  1.  Antenne  dem Körper  eng  anliegt.  Bei  einigen  Crassi-  
 eorm’s-Kolonien erfolgt dann im Winter noch eine Aufrichtung der 1. Antenne, die jedoch bei anderen  
 Formen  schon  unterbleibt. 
 Beim  Vergleich  der  jahreszeitlichen  Formzustände  verschiedener  Subspezies  und  Gruppen  
 der  Coregoni-Reihe miteinander läßt sich  ganz  allgemein  die Feststellung machen,  daß  die Sommerzustände  
 dieser Formen einander morphologisch weit  ferner stehen als  die Winterzustände und zwar  
 beruht  diese „Konv e r gen z   der W in t e r f o rme n “, wie  ich die  genannte  Erscheinung  bezeichnen  
 möchte, darauf, daß die Winterformen  den Schritt, um den sich die Sommerformen in einer bestimmten  
 Richtung  einseitig  entwickelt  haben,  mindestens  zum  Teil wieder  rückgängig machen.  Es  besteht  
 somit die „Konvergenz  der Winterformen“  in der Rückkehr  oder wenigstens Annäherung  derselben zu  
 phylogenetisch älteren Formzuständen.  Ich bin geneigt, mit Wesenberg-Lund (’08)  anzunehmen, daß  
 diese Konservierung  phylogenetisch  älterer Formzustände  durch die Winterformen eine Reminiscenz  
 an  eiszeitliche  Verhältnisse  darstellt.  Eine  solche  konnte  sich  insofern  einbürgern  und  erhalten,  
 als  die Winterformen  noch  jetzt  unter  Bedingungen  leben,  die  den  zur  Eiszeit  herrschenden  nicht  
 allzu fern stehen dürften.  Je nachdem sich nun eine Sommerform mehr oder weniger weit progressiv  
 von  der  eiszeitlichen,  gemeinsamen  Stammform  entfernt  hat,  ist  die  Annäherung  der  zugehörigen  
 Winterform  an  diese  Stammform  eine  mehr  oder  weniger  weitgehende.  (Von  einer  vollständigen  
 morphologischen Rückkehr  der Winterform zur Stammform  kann man mit  einigem Recht wohl nur  
 bei B. c.  berolinensis und B.  c.  longicornis reden, deren Winterformen in der Tat morphologisch kaum  
 von  Longispina-Formen  unterscheidbar  sind.)  Es  erfolgt mit  anderen Worten  im Winter  n i c h t   
 etwa  ein  vollständiger  R ü c k s c h l a g   zur  ä l t e s t e n   gemeinsamen  Stammform,  sondern  nur  
 eine  verschieden  weit  gehende  R ü c k k e h r 1)  zu  den  n ä c h s t   niederen  Verwandten.  Das  
 kann  aber  an  dem  Resultat  nichts  ändern,  daß  sich  die  Rückentwicklung  von  der  Sommer-  zur  
 Winterform ganz allgemein in der R i c h t u n g   auf die  Longispina-Reihe hin bewegt.  Die gemeinsame  
 Stammform,  aus der sich am Schluß  der  Eiszeit  infolge der jetzt reicher differenzierten Lebensbedingungen  
 die  Formenmannigfaltigkeit  der Coregoni-Reihe entwickelte, dürfte daher mit Recht in  
 der Longispina-Reihe  zu  suchen  sein.  Es  ergibt  sich  bei  dieser  Auffassung  der  „Konvergenz  der  
 Winterformen “ein neues Argument zugunsten der im geographischen Teil  (pag. 121 f)  zu besprechenden  
 eiszeitlichen Schöpfungstheorie  der  Coregoni-Reihe. 
 *)  Man kann selbstverständlich diese Verhältnisse auch so darstellen, daß man von einem Stehenbleiben der Winterformen  
 auf älteren Formentwicklungsstadien und einer verschieden weit  gediehenen progressiven Entwicklung der Sommerformen spricht.  
 Das  is t  n u r   Sache  des  Ausdrucks! 
 Die  biologische Bedeutung  der temporalen Variationen der Coregoni-Beihe  scheint auf Grund  
 der Schwebetheorie  eine  zufriedenstellende  Lösung  n i ch t   zu finden  und ist als  ein offenes Problem  
 anzusehen.  Wesentliche  Fortschritte  im  Verständnis  der  Cyclomorphose  dürften  v o t   allem  durch  
 experimentelles Vorgehen  zu  erzielen  sein,  zumal  sich  beim Überblicken  der  mitgeteilten Beobachtungen  
 eine  Fülle  experimentell  zu  beantwortender  Fragestellungen  aufdrangt. 
 B.  c.  reflexa. 
 Anhangsweise  will ich hier noch die Temporalvariation von B.  c.  reflexa  Seligo,1)  deren  systematische  
 Stellung  ungewiß  i l   schildern.  Mir  stand  folgendes Material  zur Beurteilung  der  Cyclomorphose  
 dieser Form  zur Verfügung.  1.  Hochsommertiere  vom  Dadeysee  (9.VIII.  95, Abbildung  
 siehe bei Keilhack ’09  Fig.  129) in einem von Herrn Dr. Seligo angefertigten Präparat, das infolge von  
 Pressung des M I  Tiere durch das Deckglas leider nicht wichtige Verhältnisse wie:  Kopfkontur,  
 Trennungslinie  der  1.  Antennen,  Rostralkontur  etc.  zu  beurteilen  gestattete.*)  2.  Spatwmtertiere  
 vom Dadeysee,  die ich selbst am  6.  V.  ’09 gefangen habe  (Fig.  69).  3.  Tiere vom Wuchsnigsee3)  (am  
 2  X  ’09 von Dr  A. Seligo gefangen), die ich mit B. c. reflexa identifizieren möchte.  Falls diese Identifizierung  
 richtig ist, wären diese Tiere  zum Teil  als Spätsommer-  (Fig.  68),  zum Teil  als Frühwmterformen  
 (Fig.  67)  zu  bezeichnen. 
 Der Vergleich  dieser  Formen  ergibt  folgende  Richtung  der Cyclomorphose: 
 1. Der Mucro  ist im Sommer länger  als im Winter.  Der Mucro  der Hochsommerformen  vom  
 Dadeysee  ist  (ähnlich  wie  der  von  R.  c.  berolinensis)  außerordentlich  lang  (Mu =  300—400),  sitzt  
 dementsprechend  mit  breiter  Basis  der  Schale  auf  und  trägt  3 ^ 6   Dömchenincisuren.  Von  dem  
 Mucro  der B.  c.  berolinensis unterscheidet  er  sich dadurch,  daß  er  nicht  gerade  nach  hinten  (in  der  
 Verlängerung des  ventralen Schalenrandes)  oder schräg nach unten,-sondern  dorsalwärts gerichtet ist.  
 Die Spätwinterformen vomDadeysee haben einenbedeutend reduzierten Mucro (Mu =  100—180), der im  
 Minimum auf eine nach hinten vorspringende abgerundete Ecke beschränkt  sein kann.  Er  tragt meist  
 keine  selten  eine  einzige Dömchenincisür  und  ist nicht dorsalwärts  wie im  Sommer,  sondern gerade  
 nach hinten gerichtet.  Bei den Spätsommer- (Fig. 68) und Frühwinterformen (Fig. 67)  vom Wuchsmg-  
 see  hat  der Mucro  mittlere Länge  und ist bei erstem S-förmig  gebogen  und  noch etwas  dorsalwärts  
 gerichtet  (3  Incisuren),  bei  letzteren  kürzer,  gerade  nach  hinten  gerichtet  und  ohne  Incisuren. 
 2.  Die  absolute  Länge  ist  im  Sommer  größer  als  im Winter.  Die  Hochsommertiere  vom  
 Dadeysee  maßen  ca.  1160  |i,  die  Spätwintertiere  im Mittel  720  n,  Max.  815  (i. 
 3.  Das  Auge  ist  im  Sommer merklich  kleiner  als  im Winter. 
 4.  Die  Schalenhöhe  H  scheint  keine  jahreszeitliche  Variation  zu  zeigen. 
 5. Die  wie bei B.  c.  crassicornis  schräg nach hinten gerichteten  1. Antennen  sind  im Sommer  
 kürzer  als  im Winter  und  außerdem im Sommer  an  der Basis  dicker  als  im Winter.  Dies ließ  sic  ,  
 trotzdem  die Antennentrennungslinie  bei  den mir  vorliegenden Hochsommertieren nicht erkennbar  
 war  und Zahlenangaben für C +  D infolgedessen nicht zu machen sind,  doch leicht feststellen. Charakteristisch  
 ist  die Form  der 1. Antennen bei den Spätwintertieren; sie stimmt mit der von Berohnensxs-  
 Spätwintertieren  überein. 
 il  Svn.  Eubosmina  longispina  var.  reflexa  Seligo  ’00.  ~  ___ 
 >)  Die von Seligo  ('07,  F ig .97) und  Keilhack ('09,11, Fig. 129) gegebenen Abbildungen von Sommert,eien der B. c. reflexa,  
 die  nach  dem  erwähnten  P räp a ra t  gezeichnet  sind,  stellen  die  Verhältnisse  falsch  dar. 
 3)  Kr.  Mohrungen  bei  Herzogswalde.