ihrer im Verhältnis zu den zusammengesetzten Borsten geringen Zahl in den einzelnen Rudern
leicht erklären läßt. Solche h a a r f ö r m i g e n B o r s t e n (setae capillares), wie man sie nach
der von G r u b e (1851) in seinen „Familien der Anneliden“ S. 16 ff. gegebenen Einteilung nennen
muß, fanden sich immer nur in dem 1. und 2. definitiven Rudersegment, niemals im Segment der
II. Fühlercirren. In jedem der in Betracht kommenden Ruder traf ich meist nur je eine dieser
Borsten, im höchsten Falle auch zwei an, und zwar befinden sie sich in dem Falle, daß nur je eine
vorhanden ist, in dem zu dem unteren Ast des betreffenden Ruders gehörenden Borstenbündel; eine
eventuelle zweite steht dann im Bündel des oberen Astes.
Eine derartige Haarborste, die in Fig. 5 m im richtigen Größenverhältnis zu den anderen Borsten
und der Acicula n gezeichnet-ist, mißt etwa 76 ist meist ganz gerade, manchmal jedoch auch etwas
gebogen, besitzt eine völlig glatte Oberfläche und einen etwa kreisrunden Querschnitt. Wie wir bald
sehen werden, finden sich diesé einfachen Haarborsten nur in den allerersten Wachstumsstadien
der Tiere, bis bei diesen 5 oder 6 definitive Ruderpaare vorhanden sind. Aus dieser Tatsache möchte
ich schließen, daß wir es hier mit einer sehr alten Bewaffnung zu tun haben, die vielleicht bei den
Vorfahren der heutigen L y c o r i d e n ebenso wie mancher anderer Polychaetenfamilien einst eine
größere Rolle spielte, als sie es jetzt tut. Es kommen nämlich solche einfachen Borsten auch bei
den Larven anderer Polychaeten vor, ohne etwas mit etwaigen einfachen Borsten der definitiven
Bewaffnung zu tun zu haben. So fand s i eM a l a q u i n an den Embryonen von S y l l i d e e n .
(Vergl. seine Taf. X III Fig. 32, 33a 1893.) Gelegentlich seiner Beschreibung der Entwicklung von
Eusyllis monilicornis Mgrn. erwähnt dieser Forscher solche Haarborsten, indem er schreibt: „Comme
nous l’avons vu déjà, le parapode est d’abord indiqué par l’acicule, le cirre dorsal apparaît ensuite.
La fig. 32 représente un parapode jeune, mais où le mamelon sétigère fait déjà saillie. L’acicule Ac.
est pourvu de ses muscles moteurs. La soie qui se forme immédiament ensuite est une soie capillaire
fine, a), dont la présence me paraît constante non seulement chez Eusyllis, mais chez un très grand
nombre de Syllidiens. On voit, en outre, une soie composée, encore jeune, au milieu de la masse
sétigène“'. Aus der Entwicklungsgeschichte anderer Polychaetenfamilien ist mir kein Fall bekannt,
in welchem ebenfalls derartige rein embryonale Haarborsten auftreten. Es ließe sich aber denken,
daß sie bei den nächsten Verwandten der L y c o r i d e n wohl ebenso vorhanden sind, da sie ja
sogar bei den doch etwas ferner stehenden S y l l i d e e n sich finden. Wahrscheinlich wurden sie
zwischen den zahlreichen anderen Borsten wegen ihrer Feinheit und geringen Zahl wie bei Nereis
bisher übersehen.
Betrachten wir die verschiedenen z u s a m m e n g e s e t z t e n B o r s t e n einer Larve mit
(1 -|-) 2 Ruderpaaren, so müssen wir zunächst konstatieren, daß sie alle ein und demselben der beiden
bei solchen Borsten möglichen, von C la p a rè d e (1870 S. 42) aufgestellten Typen angehören, nämlich
dem h o m o g o m p h e m Innerhalb dieses Typus sind nun schon die beiden von den erwachsenen
Nereiden bekannten Borstenformen zu erkennen, echte G r ä t e n b o r s t e n (setae spinigerae) und
echte S i c h e l b o r s t e n (setae falcigerae). Die Figuren 5a und h der Tafel I I zeigen solche
Grätenborsten, während g und 1, vielleicht auch wohl noch c als echte Sichelborstenformen anzusehen
sind. Fig. 5a stellt eine der längsten vorhandenen Grätenborsten dar; sie stammt aus dem
oberen Ast des Segmentes (1+) und besitzt ein nur wenig gebogenes, in eine scharfe feine Spitze
auslaufendes etwa 28 ^ langes Anhangsglied. Der Anhang der Borste h ist etwas mehr nach seinem
Rücken zu gekrümmt und nicht so scharfspitzig als der der Borste a; auch ist er etwas kürzer, denn
seine Länge beträgt nur gegen 22 y.. Die Sichelborsten Fig. 5 g und 1 besitzen einen kleinen sichelförmigen
Anhang von etwa 14 y. Länge, der bei Borste g etwas mehr nach dem Rücken zu gebogen
ist als bei 1. Das äußere Ende dieser Anhänge ist in einem schlanken, mit abgerundeter Spitze versehenen
Haken bald mehr bald weniger nach der Schneidenseite gebogen. Der Borstenschaft, der
bei den erwähnten Grätenborsten gerade zu sein pflegt, ist oft etwas gekrümmt, z. B. bei Borste g
so, daß der Rücken des Anhanges auf der konkaven Seite des Bogens liegt.
Bei keiner dieser ersten Borsten ließ sich mit Sicherheit feststellen, ob der vordere Rand ihrer
Anhänge glatt oder gezähnelt ist, oder ob neben der Schneide etwa feine Härchen stehen, wie es bei
den größeren Borsten späterer Stadien oft der Fall ist. Es ist nicht ausgeschlossen, daß derartige
Modifikationen bereits vorhanden sind, die dann aber wegen ihres überaus zarten Baues und der
geringen Lichtbrechung nur äußerst schwer nachzuweisen wären.
Zwischen den beiden Extremen, echten Gräten- und echten Sichelborsten, existieren nun bei
unseren eben ausgeschlüpften Larven eine Menge von anderen homogomphen Borsten, von denen
man einzelne noch diesem, andere noch jenem von beiden Formen zurechnen könnte, wenn nicht noch
weitere Borsten vorhanden wären, die man weder als Gräten- noch als Sichelborsten ansehen mag,
weil deren Anhänge in ihrer Form direkt zwischen diesen beiden stehen. Kurzum, unsere Embryonen
besitzen e i n e g r o ß e A n z a h l v o n Ü b e r g a n g s f o r m e n z w i s c h e n G r ä t e n - u n d
S i c h e l b o r s t e n . Da sind zunächst die Borsten e, f und i, deren 18—20 y. langen Anhänge
ihrer Größe nach etwa die Mitte zwischen den Gräten und Sicheln einnehmen, während sie nach ihrer
Form wohl noch zu den Grätenborsten gerechnet werden dürfen. Diese Anhangsglieder stellen kurze,
mit ziemlich stumpfem Ende versehene grätenförmige Gebilde dar, die bald mehr gerade, wie e und i,
bald mehr nach dem Rücken zu gekrümmt sind, wie f. Auch der Schaft, derartiger Borsten kann
entweder gerade oder gebogen sein. Betrachten wir nun eine Borste wie k, so sehen wir den Anhang
sehr schwach S-förmig gekrümmt, indem sich das freie stumpfe Ende der Schneidenseite zuneigt.
Da sich eine solche Krümmung bei den echten Grätenborsten erwachsener Würmer ebenfalls vorfindet,
und da der Anhang der vorliegenden Borste mit seinen 24 ¡a Länge beinahe das Maß der
längsten Gräten unserer Larve erreicht, so könnte man die Borste wohl als eine Grätenborste bezeichnen.
Schwieriger ist es, die Borsten von der Form b oder d zu rubrizieren. Ihr 24 resp. 22 ^
langer Anhang hat die Form einer stumpfen. schlanken Gräte, deren äußeres Glied ähnlich wie bei
den Sicheln zu einem kleinen kurzen Haken eingebogen ist. Der Schaft ist bei b gerade, bei d
gekrümmt.
Vielleicht ist es nützlich, hier darauf aufmerksam zu machen, daß diese Borstenformen frisch
getöteten Tieren entnommen und unter Wasser untersucht wurden, wobei besonders darauf achtgegeben
wurde, daß die dargestellten Umrisse auch dem wirklichen Profil der Anhänge, gesehen von
ihrer breiten Seite, entsprächen. Bei den durchsichtigen, so überaus zarten Objekten ist ja leicht
die Gefahr vorhanden, daß man sie bereits in der gewünschten Lage glaubt, ehe sie es wirklich sind.
Ich meine nun aber, ziemlich sicher zu sein, daß die gegebenen Abbildungen wirklich verschiedene
Borstenformen darstellen und nicht etwa nur den Profilen einiger weniger Borstenarten in verschiedenen
Lagen entsprechen.
Wir kommen nun zu der V e rte ilu n g d ie s e r B o r s te n in den einzelnen Rudern. In jedem
der drei Ruderpaare finden sich zwei Stützborsten von der vorher erwähnten Form Fig. ön, die bereits
stärker als die äußeren Borsten und gegen 64 y. lang sind. Von allen Borsten erscheinen sie zuerst
Zoologica. H e ft 62. 7