
Verbindungen und Abzweigungen studieren; die schematische Textfigur 11b (s. S. 43) gibt, wie ich
glaube, ein ziemlich genaues Abbild der in Wirklichkeit herrschenden Verhältnisse, soweit sie hier
in Betracht kommen.
„Das Vorderende des ganzen Bauchstränges liegt im zweiten Segment“ schreibt sehr richtig
E h l e r s (1868), wobei er mit No. 2 unser erstes borstentragendes Segment bezeichnet, doch trifft
dieser Ort nur für größere Individuen von Nereis dumerilii zu, denn bei jungen Exemplaren mit
wenigen Segmenten findet man das Vorderende der Bauchganglienkette im Segment (1 +).,. indem
dort ebenso wie in jedem der folgenden Segmente ein paariges großes Gangbon Hegt, das sich aber
dadurch von allen übrigen Bauchganglien unterscheidet, daß seine vorderen Hälften auseinanderweichen
und die hier abgehenden Schlundkommissuren ein Stück weit begleiten. Mit der Rückbildung
der Ruder im II. Fühlercirrussegment rücken dann die beiden Hälften dieses vordersten Ganglions
völbg auseinander, so daß sie jetzt in dem Segment (1 -f-) der Schlundkommissur jeder Seite angelagert
erscheinen. Es existiert somit bei Nereis keine einheitbche mediane Unterschlundgangbenmasse,
sondern nur ein Paar von einander getrennter Unterschlundgangben in dem II. Fühlercirrussegment,
während vom ersten borstentragenden Segment an je eine paarig gebaute Ganghenanschwellung in
jedem Segment vorhanden ist. (Vergl. Textfig. 11b.)
Von den Unterschlundgangben gehen die Schlundkommissuren ab. Schon d e Q u a t r e -
f ä g e s zeichnet dieselben doppelt auf jeder Seite, wie das auch H a m a k e r tut. Tatsächbch
erscheinen die Schlundkommissuren auf Schnitten zunächst auch nur zweiteilig, wie man vor allem
in den mehr nach dem Gehirn zu gelegenen Regionen dieser Stränge erkennen kann. Dort zweigt
sich die eine Hälfte jeder Kommissur bald von der ändern ab und läuft in ein Ganglion, das als
Gangbon des II. Fühlercirrus bekannt ist, und von dem aus dessen beide Äste innerviert werden.
Der andere Zweig der Schlundkommissur trifft alsbald auf ein ähnbches Gangbon, das des I. Fühlercirrus,
von dem die beiden Nerven in dessen Äste ausgehen. Es tritt aber nicht der ganze Rest der
Schlundkommissur in dieses Gangbon ein, sondern nur etwa die Hälfte der Fasern. Die übrigen
wenden sich dem Gehirn zu, in das sie alsbald eintreten. Ein ebenso starker Strang, als in das Gangbon
des I. Fühlercirrus eingetreten war, verläßt dieses auf der ändern Seite und mündet ebenfalls in das
Gehirn. Endbch stehen die beiden Fühlercirrengangben jeder Seite durch eine Kommissur miteinander
in Verbindung.
Aus den bisherigen Erörterungen geht wohl deutbch hervor, daß der zu dem Gangbon des
II. Fühlercirrus führende Teil der Schlundkommissur der ursprüngbche periphere Hauptnerv des
Buccalsegmentes ist, den wir in jedem der folgenden Segmente von dem Bauchgangbon abgehen sehen.
Er entspricht dem II. und größten der fünf Segmentalnerven, die H a m a k e r in jedem Segment
des Rumpfes nachgewiesen hat. In den Fühlercirrusgangben hätten wir dann das an diesem II. Nerven
hegende Parapodialganghon H a m a k e r s zu sehen, von dem ebenso wie in den Parapodien des
Rumpfes zwei Hauptnerven abgehen. Während nun in den normalen Parapodien diese beiden Hauptnerven
(2. und 3. H a m a k e r s ) sich mehrfach verästelnd die verschiedenen Regionen des Ruders
innervieren und nur je ein kleiner Zweig in die beiden Cirren des Parapodiums tritt, sind bei der
Rückbildung des Ruders des Buccalsegmentes die Äste dieser Parapodialnerven bis auf die beiden
letztgenannten geschwunden, die nun um so mächtiger als die Nerven der beiden Äste des II. Fühlercirrus
entwickelt sind.
Nach Analogie kann man schbeßen, daß auch das Gangbon des I. Fühlercirrus ein ursprüng-
bches Parapodialganghon des rückgebildeten Segmentes ist. Die peripher von ihm ausgehenden
— 41 —
Fühlercirrusnerven verhalten sich ja genau so, wie die des II. Fühlercirrus. Nun fragt es sich, ob sich
Reste des zu dem Segment des I. Fühlercirrus gehörenden Bauchgangbons finden lassen. Da scheint
mir der in das Fühlercirrusgangbon einmündende Teil der Schlundkommissur dafür zu sprechen,
daß wenigstens ein Teil dieses ehemabgen Bauchgangbons mit dem nächstfolgenden Gangbon, also
dem des Segmentes (1+) verschmolzen ist. Da aber in den frühesten Stadien der I. Fühlercirrus
direkt aus dem Kopfabschnitt entspringt und von dem sich bildenden Gehirn in keiner erkennbaren
Weise getrennt erscheint, so meine ich, daß ein nicht geringer Teil des zugehörigen ehemabgen Bauchgangbons
wenn nicht mit dem Gehirn selbst verschmolzen, so doch wenigstens ihm angegbedert ist.
Es war mir hier umso weniger möghch,' nach Schnittserien eine Sicherheit über diese Frage zu gewinnen,
als bei sehr jungen Larven die Schlundkommissuren in ihrer ganzen Länge vom Vorderende
des Bauchmarks bis zu dem Gehirn mit Anhäufungen von Gangbenzellen bedeckt sind, sodaß man
nicht entscheiden kann, wo diese Gangben aufhören und wo das Gehirn anfängt. Dafür daß ein Teil
des zu dem I. Fühlercirrusgangbon gehörenden ehemabgen Bauchgangbons dem Gehirn angegbedert
ist, spricht wohl auch die von diesem Gangbon zum Gehirn führende Kommissur, während aus der
Annahme, daß ein Teil des Bauchgangbons des I. Fühlercirrussegments mit dem Bauchgangbon
des II. Fühlercirrussegments verschmolzen ist, sich die Kommissur zwischen dem I. und II. Fühlercirrusgangbon
erklären läßt. Nach H a m a k e r gehen übrigens sogar drei Nerven von dem Gehirn
aus zu einem auf der Schlundkommissur dicht ■ am Gehirn selbst hegenden Kommissuralgangbon.
Ich konnte bei Nereis dumerilii immer nur zwei aberdings sehr starke Kommissuralnerven das Gehirn
betreten sehen, doch wib ich die auf Grund besonderer, von mir nicht angewandter Färbemethoden
gefundenen Resultate H a m a k e r s nicht in Abrede stellen.
Noch schwieriger gestalten sich die Verhältnisse bei den Palpennerven. Diese verlassen das
Gehirn an den vorderen unteren Ecken, um als einfache Stränge bis in die Endgheder der Palpen
zu verlaufen. Ich kann hier nur ein paar Steben aus der Literatur anführen, welche viebeicht geeignet
sind, einiges Licht auf diese Verhältnisse zu werfen. So sagt E h l e r s (1868) S. 490: „Am Umfange
des Loches, welches das Ende der Kommissur durchbricht (gemeint ist der zwischen der eigentbchen
Schlundkommissur und dem das Gehirn mit dem II. Fühleröirrusgangbon verbindenden Nervenstrang
befindhche Spalt), ist das Neurilemm auffabend stark. 1& An der SteUe, wo die Nervenfasern
auseinanderweichen, um in zwei gesonderten Strängen dieses Loch zu umfassen, hegt eine Verdickung,
die, wie ich auf dem Querschnitt sehe, Gangbenzellen enthält; da über dieser Stelle am Eintritt der
Schlundkommissur in das Hirn die Nerven der Palpen ihren Ursprung nehmen, so hat diese Anschwellung
mit GanghenzeUen für die Palpennerven viebeicht die gleiche Bedeutung, wie die zebenartigen
Verdickungen der Schlundkommissuren unter dem Ursprung der Fühlercirren.“ Wichtig für die
Auffassung, daß das ehemabge Bauchgangbon des Palpensegments dem Gehirn .nur angegbedert
worden ist, und daß die Palpennerven nicht einfach so wie die Tentakelnerven gewissermaßen nach
vorn verlängerte Teile des Gehirns darsteben, scheint mir eine weitere Angabe von E h l e r s (1868)
über den Ursprung der Palpennerven zu sein. Der genannte Forscher schreibt S. 492: „Die Palpennerven
verlassen die Hirnoberfläche am seitbchen Umfang über den eintretenden Schlundkommissuren,
fast unter dem Ursprünge der vorderen Augennerven. Ob ihre Fasern unmittelbar vom Hirnkern
ausgehen, oder in den Eintrittsstellen der Schlundkommissuren wurzeln, habe ich nicht entscheiden
können“. Auch ich kann nur bestätigen, daß man beim Durchsehen der Schnittserien den
Eindruck hat, daß die Palpennerven wenn nicht aus dem gleichen, so doch aus einem unmittelbar
neben dem der Schlundkommissuren hegenden Kern hervorgehen. Ich möchte diesen Kern jeder
Zoologica. H e ft 62. 6