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Allmählich wird nun das Pigment der Haut dichter und dunkler, so daß es vor allem in der
vorderen Hälfte des Körpers, wo auch die Längsmuskulatur am stärksten und daher undurchsichtiger
ist, die Chromatophoren des Pigments mehr und mehr verdeckt. C l a p a r è d e hat diesen Vorgang
wie überhaupt die näheren Verhältnisse der Pigmentierung bereits ausführlich beschrieben (1868,
S. 158, 159 und 1870 S. 50—53. Taf. V Fig. 1—4), so daß ich nicht mehr näher darauf einzugehen
brauche. Oft erscheinen die Würmer mittlerer Größe infolge dieses Vorwaltens des Hautpigments
mehr bräunlich als rot.
Fig. 3 der Taf. I ist eine Nereis dumerilii mit 80 borstentragenden Segmenten, bei der wir vorn
das übrigens bei so großen Individuen im Leben mehr karminrote als braune Hautpigment (C1 a-
p a r è d ë nennt es „pigment d’un brun rougeâtre“) in queren feinen Streifen angeordnet sehen,
während weiter hinten zuerst die bei auffallendem Licht goldig-leuchtenden gelben, dann auch im
durchsichtigeren Hinterende die roten Chromatophoren sichtbar werden. Zugleich pflegt bei so
großen Tieren das Vorderende bläulich zu irisieren.
Auf einen Umstand möchte ich noch aufmerksam machen, den C l a p a r è d e nicht erwähnt.
D a s P i gme n t sowohl de r r o t e n al s au ch d e r gelbe n Chroma to p h o r e n i s t b e f
äh i g t , sic h au s z u b r e i t e n un d s ic h z usammen zu b a lle n . Taf. IV Fig. 19 und 20 stellen
je zwei solcher Pigmentzellen dar, von denen die eine sich im Zustand der Pigmentexpansion, die
andere in dem der Pigmentballung befindet. Der rote Farbstoff selbst erscheint bei durchfallendem
Licht, wenn er ausgebreitet ist, gekörnelt, hell durchsichtig, karminrot, | j | wenn er geballt ist,
undurchsichtig dunkel-karminrot. Bei auffallendem Licht nimmt er eine mehr violette Färbung an,
weswegen ihn C l a p a r è d e als ein „beau violet“ bezeichnet. Bei durchfafiendem Licht erscheinen
die gelben Pigmentzellen matt fahlgelb während der Expansion, matt hellgrün bei Pigmentballung.
Im auffallenden Licht leuchten sie, wie erwähnt, goldig bis glänzend-weißlich gelb. Der gelbe Farbstoff
selbst ist homogen, also wohl öliger Natur.
An den beiden größeren Individuen der Taf. I fällt außer dem Pigment der Haut und des Peritoneums
noch einiges andere durch eine besondere Färbung auf. So die Spmndrüsen in den Parapodien,
die bei dem Tier mit 44 Kuderpaaren weißlich durchschimmem, während sie bei dèm Wurm
mit 80 Borstensegmenten in der hinteren Region rötlich gelb erscheinen und vorn überhaupt nicht mëhr
bei auffallendem Licht zu sehen sind.
Die den After umgebenden rosettenartig angeordneten Papillen sind infolge der schwachen
Vergrößerung bei dem Tier der Fig. 2 nicht im einzelnen zu erkennen und zeichnen sich auch durch
keine besondere Färbung aus. Bei größeren Individuen, wie z. B. bei dem in Fig. 3 dargestellten,
ist dagegen die kreisrunde, beinahe horizontal liegende Rosette sehr deutlich und leuchtet dem Beschauer
schon bei der Betrachtung mit bloßem Auge als gut erkennbare hell weißliche Scheibe entgegen.
Die Färbung wird durch die in den Papillen liegenden gewaltig entwickelten Drüsen verursacht.
Beachten wir die Färbung des Blutes, so sehen wir dasselbe in der Aufsicht bei dem Tier mit
44 Ruderpaaren immer noch grünlich, im dürchfallenden Lichte dagegen bräunlich, mit einem stark
rötlichen Schein. Das Tier der Fig. 3 besitzt in jedem Licht dunkelkarminrotes Blut. Die Umfärbung
der Blutflüssigkeit beruht wohl zum wenigsten in einer Änderung des Blutfarbstoffes selbst, als vielmehr
in der allmählichen Vergrößerung des Gefäßlumens, so daß man bei größeren Würmern eine stärkere
Schicht von Blutflüssigkeit zu sehen bekommt, die dunkler als eine nur dünne erscheint.
Das Pigment der Augen endlich ist bei den jüngeren, kleinen Würmern oft braun und dunkelt
beim Größerwerden derselben meist so stark, daß man es schwarz nennen kann; nicht selten jedoch
behalten die Augen auch sehr großer Würmer ihre braune Farbe bei, wie Fig. 3 zeigt. Im auffallenden
Licht scheinen sie dann in der Umgebung der Pupille direkt goldbraun zu funkeln.
Man kann wohl sagen, daß die einzelnen Individuen von Nereis dumerilii so lange wachsen,
d. h. an Größe und Segmentzahl zunehmen, bis sie in die Periode ihres Lebens kommen, in der ihre
Geschlechtsprodukte zu reifen beginnen. Erst dann tritt ein Stillstand des Wachstums ein, das aber,
wie wir noch sehen werden, nicht immer endgültig durch diese Pause abgeschlossen zu sein braucht.
Die Zeit, welche zur Entwicklung einer bestimmten Anzahl neuer Segmente nötig ist, zeigt sich je
nach dem Alter und der Größe der Tiere, ebenso auch nach den äußeren Bedingungen als eine kürzere
oder längere. Die Tabellen auf den folgenden Seiten geben die Lebenszeit und Dauer sowie das Wachstum,
soweit dieses gemessen wurde, der gesamten nereidogenen und planktogenen zur Entwicklung gebrachten
Kulturen und einer Anzahl (No. 21—39) als größere Würmer gefangener und isoliert gehaltener
Individuen an. Wegen der mit dem Messen lebender Würmer verbundenen technischen
Schwierigkeit, einigermaßen übereinstimmende Längen in mm anzugeben, wurde bei den größeren
Tieren auf eine Feststellung der Körperlänge verzichtet und bei ihnen nur die zunehmende Zahl der
Segmente berücksichtigt. Bei den aus Eiern gezogenen Kulturen wurde in diese Tabellen immer der
Durchschnitt aus den jeweilig größten Individuen aufgenommen, das Gros hielt sich nicht unbeträchtlich
unter der angegebenen Größe; doch ist anzunehmen, daß unter normalen Bedingungen im freien
Meer die Entwicklung schneller von statten geht als in den engen Zuchtgläsern, so daß das Wachstum
der der Masse vorauseilenden Individuen in den Kulturen noch am ehesten die natürlichen Verhältnisse
widerspiegeln wird. Auf Seite 70 N ist die Zunahme der Segmente der zu einer
weiteren Entwicklung gekommenen nereidogenen (No. 2—8) und planktogenen (No. 11, 16, 19, 20)
Kulturen sowie die einzelner größerer Nereis dumerilii (No. 21—28, 32, 34, 35, 37), soweit sie
gemessen wurden, graphisch dargestellt. Die Würmer No. 29—31, 33 und 36 wurden nicht mit
in die Tabelle aufgenommen, da ihr Wachstum gegenüber den dort schon verzeichneten nichts
Besonderes bietet und ihre Kurven das Bild unübersichtlich gemacht hätten. Die nur kurze
Zeit lebenden und nicht gemessenen Kulturen wurden als gerade Linien unter den entsprechenden
Monatsdaten eingezeichnet, ebenso die Punkte der Geschlechtsreife der Individuen No. 38 und 39.
Sehen wir uns nun die einzelnen Kurven etwas näher an.ll|- Bei den nereidogenen Kulturen
nimmt die Zahl der Segmente nach dem Ablauf der allerersten Embryonalperiode rasch zu, indem
beinahe jeden Tag etwa ein neues Segment gebildet wird. Die im Winter zur Entwicklung gebrachten
Kulturen (No. 2—5) verharren, nachdem sie etwa 10 Ruderpaare erlangt haben, längere Zeit auf
diesem Stadium, während diese Pause bei den im Frühjahr geborenen Kulturen (No. 6—8) nur äußerst
kurz ist.
Zur Entwicklung der zweiten Dekade von Segmenten brauchten die nereidogenen Kulturen
etwa 20—25 Tage, und um von dem Stadium mit 20 borstentragenden Segmenten auf das mit 30
zu kommen, durchschnittlich 30 Tage. 40 Ruderpaare wurden nur von einem Wurm der Kultur
No. 6 erreicht. Die Zeit, in welcher die Tiere der Kulturen No. 4 und 5 das 31. bis 37. Ruderpaar
erhielten, betrug gegen 50 Tage. Am schnellsten wuchsen die Tiere der Kultur No. 8, deren in der
Hauptsache in den Juli fallende Kurve die steilste unter denen der nereidogenen Kulturen ist. Am
36. Tage nach der Befruchtung waren schon Würmer mit 20 Ruderpaaren vorhanden.
Zoologica. Heft 62. 9