Aquarien regelmäßig zwischen 11 und 12 Uhr vormittags gelaicht hätten. In Neapel schritten die
Nereis dumerilii nach meinen Erfahrungen meist des Nachts zum Laichgeschäft, wie besonders aus
der Tatsache hervorgeht, daß in den Röhren, welche sich frisch gefangene Würmer erst am Nachmittag
des einen Tages in ihrem Glasgefäß bauten, sehr oft am nächsten Morgen schon die Eier
abgelegt und befruchtet waren. Die Beobachtung v o n W i s t i n g h a u s e n s , daß die reifen
Weibchen ihre Röhre verlassen, wenn kein Männchen vorhanden ist, und ihre Eier auf dem Boden
der Glasschale verstreuen, wo sie dann umkommen, kann ich bestätigen.
Nachdem die E i e r be f r u c h t e t si nd, s p i nn t das Weibchen r e c h t s und lin k s v o n
se inem Kör p e r ein pa a r die Röhr e der Länge n a c h d u r c h l a u f en d e Schei dewände,
h in t e r we lchen die E i e r in je ei ner Sch i c h t in e in e r A r t Br u t r a um l iegen, währe n d
der mi t t l e r e T e il d e r Wohnr öhr e für das Mut t e r t i e r frei b le ib t. Der Mutterwurm führt
nun in der Röhre seine gewöhnlichen Atemschlängelungen aus, nur daß er seinen Körper viel
heftiger hin und her bewegt als es die Tiere sonst zu tun pflegen. Zweifellos wird so den sich entwickelnden
Eiern ein kräftiger Strom von Atemwasser zugeführt, aus dem der Sauerstoff durch Diffusion
durch die Membranen der Brutkammern zu ihnen-gelangt. Wird der Wurm aus der Röhre
vertrieben, so entwickeln sich die Eier nicht weiter, sondern gehen ein. Wie schon früher gesagt,
ließen sie sich am Leben erhalten, wenn sie aus der Röhre herausgenommen und auf dem Boden einer
Glasschale zerstreut wurden. Auch jetzt noch halten die Würmer wie früher, ehe sie reif waren, mit
ihren Atemschlängelungen inne, wenn ein dunkler Körper sich zwischen ihnen und der Lichtquelle
bewegt.
Es wurde schon gesagt, daß die G a l l e r t h ü l l e n um die Eier nach einigen Tagen von den
Embryonen zerrissen werden, wodurch sich wohl die Meinung v o n W i s t i n g h a u s e n s , sie
dienten vielleicht als Nahrung der sich entwickelnden Jungen, erklären läßt, denn dieser Forscher
entnahm seine Untersuchungsobjekte immer direkt den Brutröhren und bekam so natürlich stets
nur die ausgeschlüpften Würmer ohne Hülle. Tatsächlich zerfallen die Gallerthüllen wohl allmählich,
besonders wenn die größer werdenden Larven sich zu bewegen beginnen. Meine außerhalb der Röhren
gezüchteten Embryonen krochen aus den Hüllen heraus und ließen sie leer nur mit einer Anzahl ausgefallener
oder ausgerissener Borsten zurück.
Das Mu t t e r t i e r b le ib t währ e n d der ganzen En twi c k l u n g der La r v e n in der
Rö h r e bei s e i n er Br u t und v e r l ä ß t sie wohl au ch n i c h t auf ku r z e Z e it, um etwa
Na h ru n g zu suchen , v i e lmeh r s c h e i n t es i n di es er Pe r i o d e sei nes Lebens ü b e r h a u p t
k e in e sol che zu sich zu' nehmen. In meinen mit dem oft erwähnten Bodenbelag versehenen
Gläsern, welche solche Brutröhren mit dem Muttertier enthielten, fand ich niemals Kriechspuren,
woraus sicher hervorgeht, daß die Tiere ständig, auch des Nachts in ihren Röhren saßen. Erst wenn
die Jungen etwa 10 Ruderpaare besitzen, verläßt sie die Alte. Der nun eintretende Sauerstoffmangel
ist es wohl in erster Linie, der die kleinen Würmer aus der Röhre treibt und die früher geschilderten
Tropismen bei ihnen wachruft.
Noch auf einen Umstand muß hier aufmerksam gemacht werden, der bei der Entwicklung der
nereidogenen Jungen auffällt, das ist d ie ung le iche Geschwind i gkei t des Wachs t u ms
i n n e r halb der Nach kommen s c ha f t e in e s u n d d e s s e lb e n Wurmes. Wir sahen ja schon,
wie in den Kulturen einzelne Individuen weit vor dem Gros vorauseilten, und in den frisch aus dem
Meer geholten Brutröhren finden wir dasselbe wieder. Von Wi s t i n g h a u s e n schon war das, wenn
auch nicht in solchem Maße aufgefallen, und er versucht die Größenunterschiede der Larven auf die der
Eier zurückzuführen. Indem er auf das Variieren des Eidurchmessers hinweist, führt er folgendes aus:
„Ähnliches kommt übrigens auch bei Eiern anderer Chaetopoden, z.B. Aphr odi t een, wie Kl e i n e n ber
g angibt, vor. Bei Lopadorhynchus beobachtete derselbe Autor häufig genug, daß von zwei Larven
der nämlichen Ausbildungsstufe die eine die andere um die doppelte, ja sogar dreifache Größe übertraf,
und K l e i n e n b e r g glaubt auch hier annehmen zu können, daß diese auffallende Ungleichheit
auf ursprüngliche Größenverschiedenheiten der Eier zurückzuführen sei. So beträchtliche Größenunterschiede
konnte ich bei Nereis dumerüii in den späteren Entwicklungsstadien nicht konstatieren;
freilich machen auch hier sich Größenverschiedenheiten geltend, jedoch sind sie den oben angeführten
Maßangaben (der Eier) proportional.“ F a s t imme r ko n n t e ich f es ts t el le n , daß in einer
f risch aus dem Meere kommende n Brut röhr e neben der Hau p tma s s e von Embryonen,
d ie v ie lle ic h t e r s t ein pa a r Rude r s e gmen t e bes aßen, einige wenige E x emp
l a r e mit wei t meh r, meis t 10 Rud e r p a a r e n vo r han den waren. Daß diese etwa
von außen eingewandert seien, ist kaum anzunehmen, da das Muttertier wohl keinen fremden Gast
in die Röhre herein läßt; es müßte denn sein, daß weibliche Würmer in dieser Periode ihres Lebens
gegen junge Individuen ihrer Art überhaupt keine Feindschaft hegen. Um festzustellen, an welchen
Stellen diese größeren Individuen in der Röhre saßen, warf ich einige Röhren in heißes Sublimat,
um ihren Inhalt möglichst plötzlich zu töten. -Nachdem ich sie dann aufgeschnitten hatte, fand
ich die großen Exemplare in der Nähe der beiden Öffnungen, mit dem Kopf bald nach dem Inneren,
bald nach dem Ausgang gerichtet. Vielleicht ist es die wohl unzweifelhaft bessere Versorgung mit
Sauerstoff, welche die an den Enden der Röhre sich entwickelnden Jungen begünstigt und sie im
Wachstum ihren Geschwistern voraneilen läßt. Ich möchte noch bemerken, daß sich Übergänge
zwischen diesen größeren Würmern und dem Gros der Brut kaum fanden. Die Hauptmasse der
jungen Würmer zeigte sich immer auf der gleichen Entwicklungshöhe.
C. Die kleine heteronereide Form.
Während die einen der heranwaehsenden Würmer, sobald sie mindestens etwa 40 Rudersegmente
besitzen, geschlechtsreif werden, wobei sie ihre äußere Form nicht verändern, wachsen andere noch
etwas weiter und kommen alsbald in ein Stadium, auf welchem eigenartige Umwandlungen an fast
allen ihren inneren wie äußeren Teilen vor sich gehen. Aus dieser Metamorphose resultiert dann
eine ganz neue ebenfalls getrenntgeschlechtliche, die kleine heteronereide Form, bei welcher jetzt
auch die Geschlechter äußerlich durch besondere Eigentümlichkeiten im Bau zu unterscheiden sind.
Bekanntlich nennt E h l e r s diese Form „epitok“ im Gegensatz zu der nicht umgewandelten „atoken“.
Es wurde hier absichtlich auf diese Bezeichnungen verzichtet, weil gerade bei unserer Nereis dumerüii,
wie wir sahen, auch die nereide Form geschlechtsreif wird und deshalb nicht gut „atok“ genannt
werden kann. C l a p a r e d e wies ja schon auf diesen Umstand hin und führte für epitok oder
besser für die Zeit der Umwandlung den Ausdruck „phase epigame“ ein; doch da dann keine entsprechende
Bezeichnung für die nereide Form vorhanden ist, wurde auch dieser Ausdruck hier nicht
verwendet. Zur Erleichterung der Bezeichnung und in Analogie mit ähnlichen Verhältnissen bei
Zoologica. H e it 62. 11