
schälchen versuchen die Würmer auch zu schwimmen, indem sie sich hin und her schlängeln, vermögen
aber nicht, sich vom Boden des Gefäßes zu erheben.
Mit der Ausbildung des 10. Ruderpaares am 13. Tage haben die etwa 1,3 mm langen Tiere
ein wichtiges Stadium erreicht, wie wir später noch besser einsehen werden. Der noch vorhandene
Dotterrest wird immer dünner und heller. Jetzt bricht auch die Scheidewand zwischen dem Mitteldarm
und dem Enddarm durch, so daß man bereits einzelne Würmer trifft, die außer dem Körper
im Enddarm auch den im Mitteldarm entleert haben, oder andere, bei denen man diesen Vorgang
direkt beobachten kann.
Nachdem die Tiere also 10 Ruderpaare erlangt haben, tritt eine Pause in dem Erscheinen
neuer Segmente ein, die bei den einen Individuen längere, bei den anderen kürzere Zeit dauert. Zwar
wird bald die Anlage eines 11. Segmentes sichtbar, aber dessen Wachstum und Entwicklung geht
nur sehr langsam von statten. Dagegen schreitet die Streckung des ganzen Körpers ungefähr in dem
gleichmäßigen Tempo der vorhergehenden Tage vorwärts, so daß die jungen Würmer am 14. Tage
etwa 1,5 mm lang sind.
Während die Embryonen in den ersten Stadien nach dem Verlassen der. Eihülle leicht unter
dem Mikroskop mit Hilfe eines Okularmikrometers zu messen waren, da sie wegen der großen Dottermasse
ihre Form, vor allem ihre Länge nicht viel ändern konnten, so wurde das Messen der Länge
größerer Embryonen und junger Würmer ziemlich schwierig, da die Tiere bald die mikroskopisch
noch meßbaren Längen überschritten, sodann aber, weil sie durch das allmähliche Schwinden des
Dotters beweglicher geworden Waren und nun nicht mehr ruhig liegen blieben, sondern lebhaft umherkrochen
und sich bald kontrahierten, bald streckten. Um einigermaßen relativ übereinstimmende
Zahlenwerte zu erhalten, wurden vom 11. Tage ab die Messungen in der Weise vorgenommen, daß
die Tiere in einem großen Wassertropfen über die Skala eines in Zehntel-Millimeter eingeteilten
Glasmaßstabes kriechen mußten, der unter der binokularen Lupe beobachtet wurde.
Deutlich erkennen lassen sich jetzt die in der Haut gelegenen Drüsen, die ventral besonders
zahlreich und groß entwickelt sind. In der Mitte jedes Rumpf Segmentes findet sich ziemlich nahe
der Mittellinie der Bauchseite ein Paar gewundener Drüsenschläuche. Bei einem Individuum hatten
die Analdrüsen ihr Sekret entleert, das zu langen Fäden mit kreisrundem Querschnitt erstarrt war.
Die Blutkörperchen haben sich reichlich vermehrt und zirkulieren in der grünlichen Blutflüssigkeit
lebhaft durch die Gefäße. Vom Rückengefäß geht im 2. Rudersegment rechts und links je eine
seitliche Schlinge ab, die abwärts schräg nach vorn um den Schlundkopf herum führt. Die Exkretionsorgane
sind deutlich erkennbar in der Gestalt, wie sie Ed. M e y e r (1887 Taf. XXVII Fig. 1—8)
abgebildet hat. Wichtig ist, daß jetzt zum ersten Male die bereits von C l a p a r e d e (1868 und 1870)
für die erwachsenen Tiere als charakteristisch hingestellten und beschriebenen roten und gelben Pigmentzellen
im Peritoneum sichtbar werden, und zwar zunächst nur im Vorderkörper der jungen
Würmer. Rote Chromatophoren traten bei einem der daraufhin untersuchten Individuen in folgender
Anordnung auf: in der Nähe des vorderen dorsalen Randes des II. Fühlercirrussegmentes jederseits
und in der Mitte der linken Hälfte, ziemlich dicht an der hinteren Grenze desselben Segmentes je eine,
ebenso je eine an der entsprechenden Stelle des hinteren Randes im 2., 3. und 4. Rudersegment, und
zwar auch hier unsymmetrisch, in den beiden ersteren nur links, im 4. Rudersegment dagegen rechts,
links aber doch schon in der Anlage erkennbar. Im 5. Rudersegment waren dann an der gleichen
Stelle beiderseits noch sehr wenig Pigment führende Chromatophoren vorhanden, links außerdem
eine solche in der Entwicklung begriffene etwas weiter nach'vorn, im 6. dieser Segmente endlich
befand sich wieder nur rechts eine kleine solche Zelle; in den folgenden Segmenten war noch keine
Spur von rotem Pigment zu sehen. Ähnlich wie bei dem beschriebenen Tier legten sich die roten
Chromatophoren auch bei allen anderen daraufhin untersuchten Individuen an, nur daß von den
später streng paarigen Zellen bald einmal die der rechten Seite, bald einmal die der linken zuerst
erschienen. Jedenfalls war die Zahl dieser Zellen im Bukkalsegment immer am größten.
Die gelben Chromatophoren waren so verteilt: eine große dorsal in der Mitte des Vorderrandes
des Bukkalsegmentes; im Kopf lappen mindestens je eine rechts und links hinten zwischen den vorderen
Augen; ferner im 2.—6. Rudersegment je ein Paar zu Seiten des Dorsalgefäßes. Die vorher
in der Haut des Bukkalsegmentes vorhandenen gelblichen Pigment-Granula haben sich seitlich und
nach hinten unregelmäßig verteilt und auseinandergezogen, so daß die nun vereinzelt hegenden
Körnchen kaum noch zu sehen sind. Dagegen ist der Kopflappen dorsal und besonders seitlich schon
stark mit solchen gelben Pigmentgranulis überzogen.
An allen 10 Ruderpaaren sind jetzt die ventralen Cirren vorhanden. Wenn schon der Umstand,
daß noch einzelne der 10-ruderigen Würmer den roten Körper im Mitteldarm enthalten, darauf
hinweist, daß die Entwicklung eine ungleichmäßige bei den einzelnen Individuen ist, so zeigen das
noch in viel höherem Maße die in der gleichen Zucht befindlichen kleinsten Tiere, die immer erst noch
nicht mehr als 4 Ruderpaare besitzen.
Auch am 15. Tage ist noch kein Fortschritt im Wachstum neuer Segmente zu erblicken, obwohl
die größten Tiere jetzt 1,6 mm lang sind. Die Kiefer haben außer der Spitze 5 Zähne. Einige Tiere
der in Rede stehenden Zucht No. 8 zeigen sich jetzt positiv phototaktisch, indem sie den oberen
Rand des Wassers in ihrem Gefäß an der Lichtseite aufsuchen, ein Verhalten, das dem der jungen
Würmer im Freien entspricht.
Mit der Erlangung des 10. Ruderpaares nämlich verlassen diese, die bis dahin unter normalen
Bedingungen immer noch in der Wohnröhre des nunmehr treulos von ihnen gehenden Mutterwurmes,
ohne Nahrung zu sich zu nehmen, gelebt hatten, nun ebenfalls die Stätte ihrer ersten Kindheit, um
sich zu trennen und jedes für sich den Kampf mit dem Dasein aufzunehmen. Die Ursache des Aus-
wanderns sind eine jetzt bei den jungen Würmern vielleicht infolge des mittlerweile eingetretenen
Mangels an der nötigen Nahrung ausgelöste negative Geotaxis und eine positive Phototaxis.
* * *
Um dieses Verhalten näher zu prüfen, wurden die mit 10 Ruderpaaren versehenen jungen
Nereis dumerüii, welche sich in einer am 9. Juli frisch aus dem Meere genommenen Röhre in der Zahl
von mindestens 300 befanden, in eine breite Glasschale mit flachem Boden gesetzt. Sofort strebten
alle der dem Zimmerfenster zugewandten Seite des Gefäßes zu. Das gleiche fand statt, wenn in einer
Dunkelkammer die eine Seite der Glasschale mit einer gewöhnlichen elektrischen Glühlampe erleuchtet
wurde. Die Würmer bewegten sich mit ziemlicher Geschwindigkeit vorwärts und zwar durch
„Schwimmgang“, eine Art der Lokomotion, bei der der ganze Wurmrumpf in Wellenlinien hin und
her bewegt wird, indem der Rückschlag der Podien immer gleichzeitig auf der jeweilig konvexen Seite
der einzelnen durch Undulation hervorgerufenen Bogen erfolgt, wie es E i s i g (1906) für eine Anzahl
von Polychaeten und speziell für die erwachsene Nereis cidtrifera beschrieben hat.
Mit Hilfe eines unter den Gefäßboden gelegten im Zentimetermaßsystem quadrierten Papiers,
dessen eines Koordinatensystem senkrecht zur Lichtrichtung und damit auch zur Richtung des Weges