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 eine  Art Wasserlungen  dienen  könnten.  Zwar  stehen  sie  in keinem  Zusammenhang mit dem Blutgefäßsystem, 
  sondern werden nur von der Leibeshöhlenflüssigkeit umspült; doch ist wohl anzunehmen,  
 daß das Blut in diesen jugendlichen Stadien unseres Wurmes überhaupt noch keine oder,sicher keine  
 bedeutende Rolle für die Atmung spielt,  denn es existieren erst wenige und starke Gefäße,  die nur an  
 wenigen Stellen auf ein kurzes Stück dicht unter der Haut verlaufen und da einen Gasaustausch mit  
 dem  umgebenden Wasser  vermitteln könnten.  Wahrscheinlich  findet  bei  solchen  jungen Würmern  
 noch eine Atmung mit der ganzen Haut statt, wobei die Leibeshöhlenflüssigkeit und vor allem deren  
 zelliger  Inhalt  die  Funktion,  welche  bei  den  erwachsenen  Tieren  allerdings  das  Blut  ausübt,  einstweilen  
 übernimmt.  Wenn das der Fall ist, so wird natürlich auch  ein Gasaustausch durch die dünnen  
 Wände  der  Darmdivertik'el  hindurch  stattfinden.  Vielleicht  deuten  die  regelmäßig  periodischen  
 Füllungen  und  Entleerungen  dieser  Organe  auf  das  Vorhandensein  einer  solchen Atmung  hin,  und  
 es ist wohl  damit in Einklang  zu bringen,  daß  der Rhythmus  des Spieles  dieser Bläschen  durch  eine  
 Reizung  des  Tieres  beschleunigt werden  kann.  Bei  den  erwachsenen Nereiden  scheinen  die Darmanhänge  
 wie  schon  gesagt  nicht  mehr  gefüllt  zu  werden;  allerdings  teilt  D e   S a i n t - J o s e p h   
 (1888)  folgende  Beobachtung  mit,  die  den  seitherigen  Erfahrungen  zu widersprechen  scheint:  „ J ’ai  
 vu  quelquefois la Leptonereis vaülanti projeter sa  trompe  et  aspirer de Fair  et de l’eau  qui passaient  
 par  le  ventricule  dans  les  poches  laterales,  paraissant  alors  distendues“. 
 Da  die  Darmanhänge  der  Lycoriden  eine  beträchtliche  Größe  erreichen,  so  ist  wohl  anzunehmen, 
   daß sie noch irgend  welche Funktion zu erfüllen haben.  Drüsen sind sie dem histologischen  
 Bau  ihrer Wandungen  nach  nicht.  Als  Schwimmblasen  funktionieren  sie  auch  nicht,  denn  selbst  
 bei  der freischwimmenden heteronereiden Form,  von der man noch  am  ehesten glauben könnte,  daß  
 sie solcher Organe bedürfe, behalten die Anhänge, die man wegen der vollkommenen Durchsichtigkeit  
 solcher Tiere nach dem Entleeren ihrer Geschlechtsprodukte sehr gut im Leben erkennen kann, immer  
 ihre eingefältelte Form bei. — Bemerkenswert scheint mir die Tatsache zu sein, daß die Darmanhänge  
 bei allen in Sublimat mit Zusatz von Essigsäure fixierten jungen Würmern kugelig aufgetrieben waren. 
 Ein  ähnlicher Versuch,  wie  ihn  seinerzeit E i s i g   (188.1)  angestellt hatte,  um  bei  den vorher  
 genannten Polychaeten Gas in diesen Organen nachzuweisen, ergab keine positiven Resultate.  E i s i g   
 brachte u.  a. Nereis cultrifera unter den Recipienten einer Luftpumpe und sah,  wie beim Evakuieren  
 Gas im Darm ausgeschieden wurde.  Er meint, daß  die Hautatmung durch eine Darmatmung unterstützt  
 werde,  und kommt zu dem Schluß:  „Wir betrachten daher die Schwimmblasen der Anneliden  
 als Anhänge des Darmkanals, deren Hauptfunktion darin besteht, den vom Magendarm abgeschiedenen  
 Sauerstoff aufzuspeichern und nach Bedürfnis, sei er rein oder mit Seewasser gemischt, demselben behufs  
 vicariierender Atmung wieder zur Verfügung zu stellen“. — Es wurde von mir einer lebenden erwachsenen  
 Nereis dumerilii am Vorderkörper die Leibeshöhle geöffnet und das Tier, natürlich unter Wasser,  
 unter  die  Luftpumpe  gebracht.  War  die Verdünnung  der  Luft  auch  noch  so  stark,  so  zeigte  sich  
 doch kein Anschwellen der Darmdivertikel,  das die Anwesenheit von Gas bewiesen hätte.  Wenn sich  
 also  über die Funktion  dieser Organe  nichts Bestimmtes  sagen läßt,  so mag doch  vielleicht  die  von  
 M a l a q  u i n   gegebene Deutung  auch  für Nereis von Geltung  sein,  daß  nämlich gerade bei  den  erwachsenen  
 Individuen die Darmanhänge als Speicher  des mit der Nahrung aufgenommenen Wassers  
 dienen.  Bei  den  jungen  mit  mindestens  10 Ruderpaaren versehenen Würmern vermitteln sie neben  
 dieser Funktion wohl  auch noch  die Atmung  als  eine Art Wasserlungen. 
 *  * * 
 Kehren wir nun  zu  unserer Zucht  zurück.  Am  18. Tage  besitzen  die Würmer  II  fertig  ausgebildete  
 Ruderpaare,  ein  12.  ist  im  Entstehen  begriffen.  Die Länge des  Körpers  beträgt  1,9 mm,  
 die der Tentakeln 80 ix  und  die  der Analcirren 200 ¡x.  Der dorsale Ast  des  I. Fühlercirrus mißt 288 (x,  
 der ventrale 128 [x;  der  dorsale Ast des II. Fühlercirrus  ist  416 ix lang,  der ventrale 80 jx.  Die Dorsalcirren  
 des  3.  borstentragenden  Segmentes,  die  längsten  aller  vorhandenen  sind  ebenfalls  80  (x lang.  
 Die großen ölkugeln  sind  endlich  aus  dem Dotter  verschwunden,  doch  existieren  immer  noch  zahlreiche  
 kleine  in  ihm.  Alle Würmer  sitzen  jetzt  am  Boden  des  Gefäßes  in  ihren Röhren. 
 Am folgenden,  19. Tage sind die mit 12 Ruderpaaren versehenen Tiere etwa 2 mm lang.  Auch  
 am  20.  Tage  sind  die  größten Würmer  noch  nicht weiter  gewachsen.  Die meisten  besitzen  erst  9,  
 10  oder  11  borstentragende  Segmente  und  sind  entsprechend  kleiner.  Bei  allen  aber  ist  der Darm  
 durchgängig,  also  auch  bei  den mit  erst  9  fertigen Ruderpaaren versehenen  Individuen.  Das  diffus  
 gelbliche  Pigment bildet auf der Ventralseite  ein medianes Längsband in der Breite des Bauchmarks  
 mit  dunkleren Rändern,  d.  h.  dichter  zusammen  gedrängten Körnchen.  In  diesem Band  liegen  die  
 •schon früher (S.  14. Tag) erwähnten segmentalen großen Hautdrüsen.  Auch auf der Dorsalseite findet  
 sich  am  hinteren  Rande  jedes  Segmentes  eine  Querreihe  besonders  großer  Drüsenschläuche.  In  
 der  vorderen  Hälfte  des Mitteldarms  beginnt  die  grünliche  Färbung  zu  weichen,  d.  h.  der  Dotter  
 schwindet dort gänzlich, so daß man nunmehr den Übergangsteil des Darmes in seinem ganzen Verlaufe  
 erkennen  kann.  Er  bildet  eine  U-förmige,  nach  oben  offene  Schlinge,  die  ziemlich  ventral  in  den  
 Mitteldarm  einmündet.  Die beiden Darmdivertikel nehmen den Raum über der Schlinge  ein,  liegen  
 also mehr dorsal,  wo  sie sich  auch bei  den erwachsenen Individuen finden.  Endlich wurde noch das  
 Tempo  des  Pulsierens  des  Rückengefäßes  gemessen;  es  fanden  in  60  Sekunden  durchschnittlich  28  
 Kontraktionen  statt. 
 Am 21.  Tage waren  13  borstentragende Segmente  vorhanden,  daneben wurde in dieser Zucht  
 aber  noch  ein  Exemplar  mit  erst  6  Ruderpaaren,  aber  schon  durchgängigem  Darm  gefunden,  das  
 außerdem  die Merkwürdigkeit  aufwies,  jederseits  3  Augen  zu besitzen.  Die  roten  Chromatophoren  
 finden sich jetzt auch an den Seiten der hinteren Region des Kopflappens bis an die Basis der Fühlercirren  
 vorgeschoben.  Die  Darmanhänge  werden  infolge  der  stärker  werdenden  Muskulatur  ihrer  
 Wände immer undurchsichtiger, wozu noch die Tatsache beiträgt,  daß  in diesen Wänden  gelbbraune  
 Pigmentgranula  auftreten. 
 In den folgenden Tagen sind wenig Veränderungen an den Tieren zu bemerken.  Die Ruderzahl  
 beträgt am 23. und 24. Tage 13, die Körperlänge hat 2 mm kaum überschritten.  Die Kiefer besitzen  
 außer  der  Spitze  immer  noch  6  Zähne.  In  der Rüsselwand  ist  gerade  über  den  Spitzen  der  in  der  
 Ruhelage  befindlichen  Kiefer  ein  dichtes  schwarzbraunes  Pigment  in  zwei  symmetrischen  Haufen  
 zu  sehen. 
 Am 25. Tage besaßen die größten Würmer 14 Ruderpaare und waren 2,3 mm lang.  Die Kiefer  
 wiesen jetzt bei einigen von ihnen einen Zahn mehr auf,  also 7 außer der Spitze.  Die Darmanhänge,  
 die  eine  grünliche Färbung  angenommen haben,  bleiben meist kontrahiert. 
 Die größten, mit  14 Ruderpaaren versehenen Individuen besaßen am 26.  Tage eine Länge von  
 2,5 mm,  wenn  sie  sich  völlig  ausgestreckt  hatten.  Waren  sie .jedoch kontrahiert,  so maßen  sie  nur  
 etwa  2 mm  an Länge.  Die  dunklen Pigmentgranula  in  der  Schlundwand  haben  sich  vermehrt  und  
 ausgebreitet.  Im oralen Abschnitt des Rüssels sind die Kieferspitzen bereits deutlich in ihrer definitiven  
 Anordnung im Entstehen begriffen.  Der vordere  dorsale Rand  des  II.  Fühlercirrussegmentes,  
 der  bei den erwachsenen Tieren in der Mitte  eine leichte Vorwölbung nach vorn auf weist,  ist immer