Seite mit aller Vorsicht für einen Teil des dem Gehirn angegliederten ehemaligen Bauchganglions
des Palpensegments halten. Vielleicht erinnert an die Tatsache, daß die Basalglieder der Palpen umgebildete
Ruderteile sind, ein dort neben dem eigentlichen Palpennerven vorkommender Nerv, den
R e t z i u s (1895) bei seiner Beschreibung des Gehirns von Nereis diversicolor erwähnt: „Es findet
sich in den Palpen, und zwar an ihrem inneren Umfange jederseits ein eigentümlicher Nervenzweig,
welcher aus einer beschränkten Anzahl von Fasern besteht, die ein grob-variköses Aussehen darbieten
und vorn einen kolbenförmigen Klumpen bilden; in diesem treten starke Verdickungen
der Nervenfasern hervor, die jedoch nicht als kleine kernhaltige Nervenzellen imponieren, sondern
eher das Aussehen von motorischen Nervenendigungen darbieten. Indessen ist mir die Natur dieser
Nervenzweige, welche bei allen von mir untersuchten Nereiden vorkamen, zweifelhaft, und dieselben
erfordern daher eine weitere Nachforschung“. Möglicherweise haben wir in diesem Nerv einen Rest
eines der ursprünglichen
Parapodialnerven vor uns.
Wenn somit die seg-
mentale Natur der Palpen
vorläufig noch nicht sicher
bewiesen werden kann, so
scheint es mir nicht zweifelhaft
zu sein, daß ebenso
wie die II. Fühlercirren
aus den Rücken- und
Bauchcirren des Buccal-
segmentes hervorgegangen
sind, auch die I. Fühlercirren
solchen Cirren eines
ehemaligen selbständigen
Segments entsprechen,
' dessen Bauchganghon
jetzt teilweise mit dem
Unterschlundganghon verschmolzen,
Medianer Fühler
a. b.
Fig. 10.
a) Vorderende einer Larve von Eusyllis monilicornis mit 7 borstentragenden Segmenten,
n. Malaquin.
b) Vorderende einer Larve von Nereis dumerilii mit 7 borstentragenden Segmenten.
teilweise dem Gehirn angegliedert ist. Für die Segmentnatur des die Palpen tragenden
Abschnittes sehr junger Larven spricht die bis dorthin reichende geräumige Leibeshöhle und die Lage
der MundöfEnung, zwischen den Palpen.
Im Anschluß an diese Erörterungen möchte ich nun noch einen Vergleich zwischen den den
L y c o r i d e n nahe verwandten S y l l i d e e n und ersteren in bezug auf die Verhältnisse des
Vorderendes anstellen.
Der Kopfabschnitt der S y l l i d e e n trägt fünf Anhänge, nämlich ein Paar Palpen, ein Paar
seithche (bei manchen Geschlechtsformen [Polybostrichus] sogar zwei Paar) und einen medianen,
aus zwei einzelnen verschmolzenen Fühler. Das nächste Segment ist meist mit zwei, seltener mit nur
einem Paar Fühlercirren ausgestattet. Die nun folgenden Somiten sind normale Rumpfsegmente,
welche im Gegensatz zu den vorhergehenden mit Parapodien versehen sind. Textfigur 10 zeigt die
Vorderenden einer jungen Eusyllis (a) mit 7 borstentragenden Segmenten nach M a l a q u i n und
einer Larve von Nereis dumerilii (b) nebeneinander.
Ich möchte nun das Fühlercirrussegment der S y l l i d e e n dem II. Fühlercirrussegment
der L y c o r i d e n homologisieren. Den unpaaren, aus paarigen Organen hervorgegangenen Fühler
des Kopfes der S y l l i d e e n aber halte ich für homolog den I. Fühlercirren der L y c o r i d e n .
Endlich würden dann die paarigen Fühler jener den paarigen Tentakeln dieser ebenso wie die Palpen
der beiden Familien einander entsprechen. Bei der Polybostrichus-Form von Myrianida sind die
dort auftretenden vorderen seitlichen Fühler als ein Paar zu dem Palpensegment gehörender Cirren
anzusehen, während die äußeren Palpenglieder selbst das zu diesem wie zu jedem normalen]Segment
gehörende zweite Cirrenpaar darstellen, wie ich weiterhin noch näher ausführen werde.
Medianer Fühler
Fig. 11.
Nervensystem des Vorderendes, a) einer Syllidee Eusyllis n. Malaquin, b) einer jungen Nereis dumerilii.
M a l a q u i n (1893) beschäftigt sich in seiner S y l l i d e e n - Monographie ebenfalls mit der
Kopf frage der Polychaeten und kommt zu dem wohl kaum haltbaren Resultat, der ganze Kopf-
abschnitt der Polychaeten mit allen seinen Anhängen repräsentiere ein einheitliches, einem Rumpfsegment
homologes Gebilde, wie das schon V i g u i e r (1886) behauptet hatte. M a 1 a q u i n bekämpft
dabei P r u v o t (1885), welcher in ähnlicher Weise wie ich es jetzt vor allem für die L y c o-
r i d e n klar zu stellen suche, bei den S y l l i d e e n mehrere ursprünglich selbständige Segmente im
Kopfabschnitt vermutet. Und zwar nimmt P r u v o t 3 solcher Segmente im Kopfabschnitt an,
nämlich ein die Palpen tragendes „segment stomato-gastrique“, ein die seitlichen Fühler oder, wo zwei
Paar solcher vorhanden sind, die vorderen von diesen tragendes „segment antennaire antérieur“ und
endlich ein den unpaaren (event. auch noch die hinteren seitlichen Fühler) tragendes „segment antennaire
postérieur“.
M a l a q u i n begründet seine Annahme von der Einheit des Kopfabschnittes in der Hauptsache
damit, daß er eine vollständig durchgeführte Homologie zwischen den Kopfanhängen und den
äußeren Teilen eines normalen Parapodiums nachzuweisen sucht. An einer Reihe von Beispielen