Die Entdeckung der. Proturen und ihre allmähliche Untersuchung in anatomischer Hinsicht
hat der Entomologie die Kenntnis von einem außerordentlich interessanten Typus atelocerater Anten-
naten vermittelt. Am auffälligsten tritt die Bedeutung dieser kleinen Gruppe hervor, wenn man
die mannigfachen Ansichten vergleicht, welche in den wenigen Jahren seit ihrer Auffindung
von verschiedener Seite über ihre systematische Stellung geäußert worden sind. Trotz dieses vielseitigen
Interesses sind die Proturen aber nur von wenigen Autoren zum Gegenstände eingehender
Untersuchungen gemacht worden. Der Grund dafür ist jedenfalls in der schwierigen Zugänglichkeit
der verborgen lebenden Tiere zu suchen. Durch die Arbeiten von B e r l e s e , R im s k y ■ Ko r -
s a k o w und S i 1 v e s t r i ist zwar die innere Organisation der Proturen in ausgedehntem Maße
festgestellt worden, mit der äußeren Morphologie dagegen haben sich dieselben stets nur nebenher
beschäftigt und so kommt es, daß die Kenntnisse in dieser Richtung noch keineswegs geklärt sind.
Da überdies zu erwarten war, daß eine so isoliert stehende Insektengruppe, wie die der Proturen, auf
manche in den letzten Jahren diskutierte Fragen über die Zusammensetzung des Chitinpanzers Licht
werfen würde, erschien es wünschenswert, den Aufbau des Skeletts einer genaueren Untersuchung zu
unterziehen Als Objekt wurden dabei Vertreter der Eosentomidae gewählt, weil einmal der Bau
dieser Familie am wenigsten bekannt ist, und dann auch, weil dieselben in mancher Beziehung weniger
differenziert sind, als die von B e r l e s e u. a. hauptsächlich bearbeiteten Acerentomidae. Immerhin
mußte des öfteren auf die Verhältnisse bei Acerentomon Bezug genommen werden, wenn die Betrachtung
von Eosentomon allein kein klares Bild zu geben vermochte.
Naturgemäß wurde durch das Bestreben, die bei den Proturen gemachten Feststellungen
zu den Verhältnissen bei höheren Insekten in Parallele zu setzen, die Berührung verschiedener Anschauungen
bedingt, welche über den Aufbau des Insektenskeletts ausgesprochen worden sind. Diese
Erwägungen sind in der Hauptsache theoretischer Art, und es war zu befürchten, daß ihre zu starke
Betonung der rein morphologischen Beschreibung des Proturenskelettes an Klarheit Abbruch tun
würde. Aus diesem Grunde habe ich die Ergebnisse der direkten Untersuchung zunächst im Zusammenhänge
dargestellt und nur eine kurze Übersicht über die jeweilige Nomenklatur vorangeschickt.
Die Gründe dagegen, welche mich zur Annahme einer derartigen — stellenweise neuen — Nomenklatur
veranlaßt haben, sowie die Ausblicke, welche die Untersuchung der Proturen für die Beurteilung
aller Insekten bietet, habe ich in einem zweiten allgemeinen Teil darzulegen versucht.
Die nachfolgenden Untersuchungen wurden im Marburger zoologischen Institute ausgeführt;
es drängt mich, auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer Herrn Geheimrat Prof. Dr. E.
K o r s c h e . l t aufrichtigsten Dank zu sagen für das große Interesse, welches er dem Fortschreiten
meiner Arbeit widmete; ebenso bin ich den Herren Prof. Dr. C. T o e n n i g e s und Dr. W. H a r m s
für manchen Ratschlag zu großem Danke verpflichtet.
Zoologica. H e f t 64.