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 „ n e r e i d o g e n “, die von heteronereiden Eltern stammenden,  sich zuerst im Plankton entwickelnden  
 aber als „p l a n k t o g e  n“.  Aus Gründen, die sich im Laufe dieser Arbeit ergeben werden, wird  
 in diesem Abschnitt auf die Unterscheidung  einer kleinen und großen Heteronereisform,  welche sich  
 gerade bei der vorliegenden Art finden, kein Gewicht gelegt, da sich meine Untersuchungen außer auf  
 die  nereiden  Jungen  lediglich  auf  die  Nachkommen  der  sogenannten  „kleinen“  Heteronereisform  
 beziehen.W 
 enn  hier  nun  zuerst  in  chronologischer  Reihenfolge  kurz  das Wichtigste  aus  der  Literatur  
 über die Ontogenese von Nereis aufgeführt wird, soweit dasselbe für die vorliegende Arbeit in Betracht  
 kommt,  so geschah das aus Gründen der Zweckmäßigkeit.  Es hätte ja  auch,  wie  es oft der Fall ist,  
 bei  Gelegenheit  der Darstellung meiner  eignen Befunde  an  den  entsprechenden  Stellen  lediglich  ein  
 Hinweis  auf  die  Ergebnisse  oder  Meinungen  anderer  Forscher  gegeben  werden  können.  Es  sollte  
 aber durch diese chronologische Vorführung der Literaturergebnisse einmal auch den dem vorliegenden  
 Gebiet Fernerstehenden  die Möglichkeit gegeben sein,  sich  schneller  und  ohne  sich um  die weit  verstreute  
 Literatur mühen zu müssen,  einen Überblick zu verschaffen,  vor allem jedoch bleibt auf diese  
 Weise  der  Zusammenhang  der  Ergebnisse  dieser  Arbeit  in  einer  übersichtlicheren  Form  gewahrt.  
 Natürlich wird in diesem Zusammenhang auf übereinstimmende Befunde hingewiesen oder zu widersprechenden  
 Meinungen  früherer Autoren  Stellung  genommen werden müssen. 
 Die erste mir bekannte Nachricht von jungen L y c o r i d e n   stammt von  Milne  E d w a r d s   
 (1845),  der  die  kleinen  nur  etwa  1  mm  langen Würmchen mit  4  Borstensegmenten  auf Haufen von  
 Molluskeneiern fand,  von  deren Eiweiß  sie sich  zu nähren schienen.  Vor  den vier Körpersegmenten  
 befand  sich der Kopflappen mit zwei Fühlern und einem Paar Fühlercirren.  Die  ersten drei Rudersegmente  
 trugen  heterogomphe  Grätenborsten,  wie  aus  der  Abbildung Taf.  IX.  Fig.  64  hervorgeht,  
 während das 4. Segment noch klein war.  Mi ln eEdwa r d s  beschreibt dann nicht gerade sehr eingehend  
 das  weitere Wachstum.  „Des  vestiges  de  nouveaux  cirrhes  tentaculaires  se  développaient  sur  les  
 côtés de la tête“  (S.  167).  Als die Tiere 7 Ruderpaare hatten, besaßen die ersten 6 von diesen bereits  
 dorsale  und  ventrale Cirren,  aber  der  dorsale und  ventrale Ast  der  einzelnen Ruder waren äußerlich  
 noch  wenig  von  einander  abgeteilt.  Der  Darm  erschien  als  eine  zylindrische  Röhre  und M i l n e   
 E d w a r d s   konnte weder  eine  Spur  von  dem  roten  Blut  der  erwachsenen Würmer,  noch  Zirkulationsgefäße  
 bemerken.  Mit etwa 20 Ruderpaaren hatten die N e r e i d e n ,  deren Spezieszugehörigkeit  
 übrigens  nicht  bestimmt  wurde,  die  Körperformen  der  Erwachsenen  erreicht,  die  Blutgefäße  
 führten  einen roten  Inhalt,  und der Darm war intersegmental  eingeschnürt. 
 W.  B u s c h   (1851)  zeichnete  und beschrieb  eine freischwimmende, wohl  aus  dem Mittelmeer  
 stammende Werns-Larve,  welche  „Vs  Linie“  lang war.  Die  in  allen  5  Körperringen  gleichen Ruder  
 bestehen  aus  dem borstentragenden Teil und  einem  im Verhältnis  zur  Jugend des  Tieres  schon  sehr  
 langen,  aber nur dünnen Cirrus,  auf dessen Oberfläche hin und wieder kleine gefärbte Punkte  stehen  
 (es sind wohl Sinneshärchen gemeint).  Die größte Zahl der in einem Ruder sitzenden Borsten war 4.  
 B u s c h   nennt  die Borsten  „gegliederte  peitschenförmige  Stacheln;  der  Stiel  derselben  ist  anfangs  
 rund und von demselben Durchmesser;  an seinem Ende schwillt er aber in eine abgeplattete  breitere  
 lanzettförmige  Spitze  an,  von welcher  dann  in  einem Winkel  das  dünnere  Ende  sich  fortsetzt“. 
 In  der Leibeshöhle  der  im April gefangenen Weibchen  der  an der Ostseeküste  bei  Greifswald  
 häufigen Nereis diversicolor 0. F. Müller entdeckte M a x   S c h u l t z e  (1856) sich entwickelnde Junge. 
 Diese kamen zu Hunderten aus kleinen Löchern an der Seite des Körpers unter den Parapodien hervor,  
 hatten  eine  ei-  oder  bimförmige  Gestalt,  rötlich-gelbe  Farbe  und  waren  gleichmäßig  mit  Wimpern  
 bedeckt.  Die Vio- "d/s Linie langen Embryonen waren wegen des in ihnen angehäuften reichlichen, fettähnlichen  
 Dottermaterials ziemlich undurchsichtig.  Unter Rotation um die Längsachse schwammen  
 sie mit dem schmalen Ende voraus durch das Wasser.  Sie besaßen zwei dunkle Augenflecke und eine  
 Mundöffnung mit längeren Wimpern,  von der  sich  ein Kanal  in das Körperinnere  erstreckte,  dessen  
 hinteres  Ende  noch  nicht  ausgebildet  zu  sein  schien. 
 C l a p a r e d e  (1863) zeichnet und beschreibt die drei später als Spinndrüsen erkannten Organe  
 in  den Rudern  von  ganz  jungen L y c o r i d e n ,   und mißbilligt  die  Ansicht K e f e r s t e i n s ,   der  
 diese gewundenen Schläuche  bei  anderen Anneliden  für Geschlechtsorgane  hielt,  -|||weiß  aber  nichts  
 mit  ihnen  anzufangen.  Eine %  mm  lange Nereis  mit  5  borstentragenden  Segmenten  besaß  einen  
 Rüssel mit gezähnelten Kiefern,  zwei Paar Augen,  das vordere Paar mit Linsen,  zwei Antennen, zwei  
 Palpen mit  kurzem  Endglied,  zwei  Paar  Fühlercirren  jederseits  der  Mundöffnung,  ein  drittes,  viel  
 längeres weiter nach hinten,  jeder der letzteren Cirren auf einem Höckerchen mit zwei Aciculae.  Die  
 vordersten  vier  Ruder  enthielten  je  eine  Kapsel  mit  den  gewundenen  Drüsenschläuchen. 
 Aus  dem Meer  bei  Fiume  erhielt  E h l e r s   (1868)  eine  junge Nereis,  an der  er vier borstentragende  
 Segmente,  den großen Kopflappen und  das kurze Aftersegment unterschied.  Nach der Beschreibung  
 dieses  Forschers  (S.  501,  502  u.  Taf.  XXI  Fig.  1—4)  war  das  Tier  „mit  Fühlern  und  
 Aftercirren 0,354 mm,  ohne diese 0,256 mm lang, bei einer größten Breite von 0,084 mm.  Der Kopflappen  
 ist eine ovale, vorn seicht ausgerandete, wenig gewölbte Platte, an deren abgerundeten Vorderecken  
 die kurzen mit einzelnen starren Härchen besetzten Fühler stehen;  die Palpen sind bei der Ansicht  
 von oben völlig  durch den Kopflappen verdeckt;  sie entspringen  (Taf.  XXI  Fig.  2) von dessen  
 Unterfläche  nahe  dem  Seitenrande,  a u f   d em   Übergange  zum  ersten Segment1)  und  bestehen  aus  
 dem Wurzelgliede und dem kurzen, knopfförmigen, mit Härchen besetzten Endgliede.  Auf der Oberfläche  
 des  Kopflappens  steht  hinter  jedem  Fühler  ein  verhältnismäßig  großer  dunkler  Augenfleck  
 von  ovalem Umriß,  in dessen Mitte  ein heller,  linsenähnlicher Körper sitzt.  Nahe dem Hinterrande  
 des Kopflappens stehen jederseits  eng aneinander zwei sehr viel kleinere rundliche Augen von einem  
 tiefblauvioletten  Pigment  gebildet.  Nach  ihrer  Stellung  und  Bildung  sind  diese  hinteren  Augen,  
 unter  denen  man  die  Anlage  des  Hirns  vermuten  kann,  bleibende  Organe,  während  die  vorderen  
 augenähnlichen Organe bei fortschreitendem Wachstum offenbar verloren gehen und nur provisorische,  
 dem Larvenstadium  zukommende  Gebilde  sind.  Jederseits  neben dem Kopf lappen  entspringt  vom  
 Vorderrande des ersten Segments ein Fühlercirrus, bestehend aus einem kleinen Wurzelgliede und einem  
 gestreckten, mit Härchen besetzten Endstücke.  Die Entwicklung der übrigen Fühlercirren findet also  
 erst in  späterer  Zeit  statt,  dann  erfolgt  auch  die Bildung  des  ersten  ruderlosen  Segmentes,  denn  an  
 Tieren auf dieser Entwicklungsstufe tragen alle Segmente Ruder und Borsten.  Die Zahl der borstentragenden  
 Segmente war vier,  von  diesen sind die beiden mittleren am größten und  ausgebildetsten;  
 ihre Ruder (Taf. XXI Fig. 3) sind zweiästig, jeder Ast läuft mit zwei stumpf abgerundeten lippenartigen  
 Enden aus,  zwischen denen  die feinen Borsten hervortreten, welche mit langem,  geradem,  grätenförmigem  
 Endgliede  auslaufen  (Taf.  XXI  Fig.  4);  Borsten mit  kurzem Sichelanhang fehlen ganz.  Die  
 Borstenbündel ragen weit in die Leibeshöhle hinein, mit ihrer Muskulatur kegelförmige Einstülpungen  
 bildend.  Das  Züngelchen  des  unteren Astes  der  Ruder und  der Bauchcirrus  fehlen  noch;  als  erste  
 Anlage des  oberen Züngelchen betrachte  ich  den  oberen lippenartigen Vorsprung  des  oberen Ruder- 
 *)  Von  mir  hervorgehoben.  Der  Verf.