
Produkt i on nimmt die relative Schalenhöhe H erheblich zu, und damit wölbt sich der Dorsalkontur
mehr oder weniger stark empor. Auch beim Männchen ist aus dem gleichen Grunde wie bei
jungen Tieren die Schalenhöhe recht niedrig und der Dorsalkontur flach. Weiterhin liegt bei jungen
Tieren (und auch beim Männchen) die höchste Stelle des Dorsalkonturs stets weiter nach vorn als bei
ausgewachsenen Weibchen. Doch ist in diesem Jugendmerkmal von Formen der Coregoni-Beihe nicht
etwa eine Annäherung an die Longispina-Reihe zu sehen, da dasselbe auch Longispina-Jungen zukommt.
Auch dies Merkmal hängt damit zusammen, daß erst beim Einsetzen der Eiproduktion die
hintere, als Brutraum fungierende Schalenpartie stark auswächst, wodurch die höchste Stelle des
Dorsalkonturs allmählich nach hinten rückt. In der Longispina-Reihe ist das Wachstum der Brutraumpartie
der Schale allerdings n i e so stark, daß die höchste Stelle des Dorsalkonturs hinter die
Mitte der Längsachse zu liegen kommt, während dies bei ausgewachsenen Tieren der Gora/om-Reihe
wohl stets der Fall ist.
Mit der Lage der höchsten Stelle des Dorsalkonturs bei jungen Tieren hängt der meist gewölbtere
Verlauf des Stirnkonturs und der flachere Abfall des hinteren Dorsalkonturs im Vergleich zu alten
Weibchen zusammen.
Die Körperanhänge: Mucro und 1. Antennen sind bei jungen Tieren s t e t s relativ1) länger
als bei alten. Am Mucro von Jungen findet man im Einklang hiermit oft Incisuren, wenn solche den
alten Tieren wegen der Kürze des Mucros fehlen. Ferner haben die Jungen von Coregoni-Formen,
deren ausgewachsene Weibchen keine oder nur stark reduzierte Mucrones besitzen, mitunter noch
einen deutlichen Mucro. Doch wird man gegenüber einer phylogenetischen Ausdeutung dieser Tatsache
zur Vorsicht mahnen müssen, wenn man den enorm langen Mucro der jungen Hochsommerweibchen
von B. c. berolinensis (vgl. Fig. 23) betrachtet.2) Es wird wohl niemand auf den Gedanken
kommen, B. c. berolinensis von Formen mit derart monströs langem Mucro phylogenetisch ableiten
zu wollen. Ähnliches gilt für die relative Länge der 1. Antennen. Letztere zeigen übrigens bei jungen
Tieren eine deutliche Tendenz zur Vorwärtsbiegung des Antennenstieles, so daß die Antennenprojektion
Pr. bei jungen Tieren trotz der größeren relativen Länge der 1. Antennen geringer als bei ausgewachsenen
ist. Schließlich ist bei jungen Tieren oft noch eine Schalenretikulation zu beobachten,
wenn dieselbe beim ausgewachsenen Tier fehlt oder undeutlich ist.
*) Nach Burckhardt m itunte r sogar absolut..
2) Vgl. auch die Abbildung des jungen Tieres von B. hagmanni bei Stingelin (’04).
II. Biologischer Teil.
Im ersten systematischen Teile dieser Arbeit mußte vielfach die jahreszeitliche Variation der
Bosminenformen berührt werden, da dieselben eine wichtige und nicht zu Umgehende Komplikation
eines systematischen Einteilungsversuches darstellt. Von weit größerer Bedeutung aber ist die
biologische Seite dieses Phänomens, der ich in diesem zweiten Abschnitte eine selbständige Behandlung
widmen will.
Unsere bisherige Kenntnis der Cyclomorphose des Formenkreises der Bosmina coregoni
beschränkt sich im wesentlichen auf Beobachtungen an Formen meiner Eucoregoni- Gruppe, über die
wir namentlich durch Wesenberg-Lunds (’08) in großem Stile ausgeführte Untersuchungen eingehend
unterrichtet sind, und auf äußerst spärliche Mitteilungen über einige Formen der Longispina-
Reihe. Da ich der Ansicht bin, daß es zum Verständnis der Cyclomorphose der Unt er suchung
eines mögl i chs t viel sei t igen und ver schi edenar t igen Mater ial s bedar f , um das
Wesent l iche der ganzen Er s cheinung her auszuarbei t en, habe ich versucht, mir von
Vertretern möglichst jeder einzelnen systematischen Gruppe Beobachtungsserien zu verschaffen.
Denn es war wohl a priori zu erwarten, daß morphologisch einander so fern stehende Formen,
wie etwa B. c. berolinensis, B. c, coregoni und B. c. crassicornis, um nur einige Extreme zu bezeichnen,
auch im Ablauf ihrer Cyclomorphose starke Differenzen aufweisen mußten. Im folgenden
versuche ich, eine zusammenhängende Darstellung der Cyclomorphose möglichst vieler Formen von
Bosmina coregoni zu geben, indem ich mich dabei hauptsächlich auf meine eigenen Beobachtungen
stütze, an geeigneter Stelle aber die in der Literatur niedergelegten Angaben einfüge und bespreche.
Ich gehe hierbei in der Reihenfolge des Systems vor, da sich enge Bezi ehungen zwischen
der Cyclomorphose der einzelnen Formen und ihrer sys t emat i sch-genet i schen
Stel lung ergeben werden.
I. Coregoni -Reihe.
I. Longicornis-Insignis-Gruppe.
Aus dieser Gruppe habe ich Beobachtungen über jahreszeitliche Variationen an B. c. berolinensis
und B. c. longicornis machen können.
B. c. berolinensis.
(Tab. I )1).
Ich studierte die Cyclomorphose von B. c. berolinensis an märkischem Material, das vom
Scharmützel-, Wolziger-, Müggel-, Tegeler See und der Havel zwischen Wannsee und Potsdam stammte,
x) Richtige Andeutungen über Bestehen und Verlauf der Temporalvariation bei B. c. berolinensis sind schon von Hartwig
(’98, III) gemacht worden.