lange vor den Berliner Händlern eingeführt, und nehmen von den
■armen Beduinenfrauen Wolle, Ziegenhaare oder Getreide, wie diese
es handvollweise hinter dem Rücken ihrer Männer bei Seite schaffen
können. Dass ein ächter Kabyle in Algier geblieben und wohlhabend
geworden sei, habe ich nie gehört; für einen Geschäftsmann
hat er das haare Geld zu lieb und kann sich namentlich
von einem Goldstück nicht wieder trennen.
Eine eigene Korporation für sich bilden die Mzitis, die
Berber aus der Umgebung von Mansourah Und Bordsch bou
Ariridsch am Südabhang des Dschurdschura, seit alten Zeiten die'
Fruchtmesser in Algier. Ausserdem kommen neuerdings immer
häufiger marrokkanische Berber aus dem R if und selbst ächte
Sche luh lind Oasenbewohner von Tuat ; sie suchen besonders
als Erdarbeiter und beim Eisenhahnbau Beschäftigung, sind aber
nicht besonders organisirt.
• Schliesslich sind noch die Neger zu nennen, ehemalige Sklaven,
deren Zahl nicht so sehr bedeutend ist. Die Männer üben
im Widerspruch mit ihrer dunklen Färbung mit Vorliebe das
Gewerbe des Weissbinders aus oder fertigen ihre heimischen Flechtarbeiten
an, die Frauen verkaufen Brod auf den Märkten und
bedienen die Frauen in den maurischen Bädern. Ausserdem stehen
sie aber allgemein im Verdacht geheimer Künste und manche von
ihnen spielen bei den abergläubischen Maurinnen, Jüdinnen und
selbst Europäerinnen eine grosse Rolle. Endlich übernehmen
Neger und Negerinnen bei öffentlichen Aufzügen mit eben so viel
Eifer als Befähigung das Geschäft des Lärmmaehens und Spekta-
kulirens; die grosse Trommel bei einer Musikbande schlagen zu
dürfen, ist vielleicht der höchste Ehrgeiz eines Negers.
Mehr als in anderen mohamedanischen Städten tritt in Algier
das Ewig-Weibliche hervor. Die Franzosen haben nicht umsonst
seit 50 Jahren dort geherrscht. Hier sieht man nicht mehr
jene wandelnden Packete, wie in Oran, von denen man nur ein
Auge erkennen kann, schwerfällig und ängstlich über die Strasse
schleichen ; die Mau r e sk en in Algier haben es verstanden, ihr
Kostüm unbeschadet der vorgeschriebenen Verhüllung zu einem
koketten und kleidsamen zu gestalten und sie bewegen sich höchst
ungenirt auf der Strasse, mustern die Auslagen in den Schaufenstern
und kaufen selber ein. Das Kopftuch, das um die Stirne
und dann wieder über Mund und Nase 1 geführt wird, ist dünn
genug, um die meist nicht unangenehmen Züge durchscheinen zu
lassen und der umgeschlagene Haik lässt die Gestalt deutlich erkennen.
Die Pantoffeln haben sie längst abgelegt und tragen
meistens elegante französische Chaussüre. Freilich gehört, was
man auf der Strasse sieht, meist der demi-monde an. Die nach
der französischen Eroberung in Algier zurückgebliebenen Mauren
sind fast alle bettelarm; um die Töchter bekümmern sich die
Eltern kaum und schon frühzeitig werden sie hinausgestossen auf
die Strasse und müssen sich ernähren so gut sie können. Man
hat versucht, ihr Loos zu verbessern, Erziehungsanstalten für sie
gegründet und sie so gelehrig gefunden, wie man nur wünschen
konnte; aber was ist gegen die eingewurzelten Vorurtheile des
Islam zu machen? Im glücklichsten Falle haben sie bei allen
Kenntnissen einen armen Mauren geheirathet, der sie wie ein
La§tthier behandelt, die meisten sind mit ihrer Erziehung schliesslich
denselben Weg gegangen, und gerade so tief gesunken, wie
ihre unerzogenen Schwestern. Heirathen zwischen Europäern und
Mauresken sind ungemein selten (6 in 1882), sogar seltener als
Heirathen zwischen Eingeborenen und Europäerinnen, von denen
in demselben Jahre 14 zu registriren waren.
Baureste aus der Maurenzeit sind in Algier nur noch wenige
vorhanden; die Kasbah auf der Höhe, wie die Djenina, die alte
Residenz, unten am Hafen, deren Stelle heute der Gouvernementsplatz
einnimmt, sind zerstört und zahlreiche der schönsten Maurenhäuser
sind der Strassenregulirung in der Unterstadt zum Opfer
gefallen und an ihrer Stelle erheben sich moderne Miethskasernen.
Nur ein paar Häuser vornehmer'Mauren sind dadurch, dass man
sie zu öffentlichen Zwecken verwandte, erhalten geblieben. So'
die Bibl iothek, ehemals das Haus Mustapha Paschas, an einem
engen Gässchen gelegen, wo bei uns Niemand ein öffentliches
Gebäude suchen würde, und der ungeschlachte Mauerklotz dem
Gouvernementsgebäude gegenüber, den heute der Erzbischof bewohnt
und dessen Inneres allein von Allem, was ich gesehen, mit der
Alhambra verglichen werden kann. Beide sind so oft geschildert
worden, dass* ich sie nicht noch einmal zu beschreiben brauche;
unbegreiflich ist mir hur, wie man im Hofe der Bibliothek die
Bananen und Palmen dulden kann, die in einem grossen Garten
am Platz wären, hier, aber den an sich schon dunklen unteren
Gallerien, in denen sich die Alterthümer befinden, noch das bis