Blühende, esch Sc hadra,'die Fleissige, elMar us sa, die Wohlverwahrte,
andere -— keiner so passend wie der, welchen Dr. Franck
■ zu Anfang dieses Jahrhunderts vorschlug: el Fa s s e d e h , die
Uebelrichende. Hier münden die Kloaken, und nicht nur ist die
Strömung in der Bahira sehr gering, sondern man überrieselt
auch die Felder mit dem Kloakeninhalt, was den Gemüsen ange- '
nehmer ist, als den Nasen der Anwohner. Einen Augenblick
später rollen wir in den überwölbten Bahnhof. Draussen auf
einem dreieckigen freien Platz herrscht ein buntes Treiben, aber
es ist noch vorwiegend italienisch und die Trambahnwagen, die
in geringer Entfernung halten, beweisen,_ dass die nivellirende
Civilisation auch hierher schon vorgedrungen. Eine Droschke
brachte uns zur Pension Carcassonne, doch mussten wir dort mit
einem ganz kleinen Zimmer vorlieb nehmen, da es bei der Bestellung
eine kleine Konfusion gegeben hatte. Das war gerade
kein Wunder, denn Madame Carcassonne sprach eine ganz eigene
Sprache aus schottischem Englisch, Französisch und Italienisch
gemischt und die Verständigung mit . ihr war nicht eben leicht.
Ein paar grosse kühle Zimmer wurden aber in den nächsten
Tagen frei und so nahmen wir für einen halben Monat Quartier,
nicht ahnend, dass unser Aufenthalt sich auf das Dreifache ausdehnen
sollte.
Den Nachmittag verwandte ich gleich noch zu einer kleinen
Exkursion nach den Hügeln, welche sich unmittelbar hinter Tunis
erbeben. Ich hatte nicht weit zum Thor zu gehen ; eine breite
Strasse durchschneidet von der Rire B a b - e l - Z i r a aus, an der
unsere Wohnung liegt, das Araberviertel in ziemlich gerader
Richtung; man war eben beschäftigt, sie zu pflastern. Vor dem
Thoresieht man sich, wie immer, unmittelbar dem Todtenfelde gegen-
über. Der Muhamedaner hält bekanntlich an der Auferstehung des
Fleisches fest; bei den Christen steht sie wohl auch im Glaubens-
bekenntniss und jeder' Konfirmand muss erklären, dass er sie
glaube, aber selbst der frömmste Pastor lässt es ungehindert geschehen,
dass die materiellen Bestandtheile des Leibes in Gestalt
von Gras und Milch in andere Leiber übergehen und dass
nach Ablauf einer bestimmten Reihe von Jahren die Todten
aus ihren Gräbern gerissen und in irgend- eine Ecke geworfen
werden. Wer aber auf einem muhamedanischen Friedhof einmal
sein Ruheplätzchen gefunden, der kann darauf rechnen, ungestört
'liegen zu bleiben, bis ihn der Erzengel zum Gericht ruft.
Darum dehnen sich um jede muhamedanische Stadt in weitem
Ringe die Todtenfelder, in arabischen Ländern wüst und trostlos,'
denn die schöne Sitte der Türken, auf jedes Grab eine Cypresse
zu pflanzen, kennt man im Occident nicht, die Türken
müssen sie in Innerasien unter dem Einfluss der Lehre Zoroasters
angenommen haben. Oede und verwildert lag auch der Friedhof
von Tunis; die Junisonne hatte die Vegetation nahezu vernichtet,
nur hier und da blühte noch eine Distel, aber ihre blaue
Blüthe war fast verdeckt von grüngoldenen Rosenkäfern, ziemlich
den einzigen Insekten, welche ich noch fand. Man kann den
Friedhof jetzt ungenirt betreten, die Mauer ist an vielen Punkten
zerfallen, ein Weg führt quer hinüber zu dem Fort, das die
Franzosen auf der Hügelspitze neben dem Heiligthum des S id i
bei Hassen e s c h -Sc h a d e l i erbaut haben und das Vieh
weidet auf den Gräbern. Eine Menge von Kubbahs sind in
früheren besseren Zeiten dem Andenken von tuniser Heiligen errichtet
worden, manche tragen Namen, die im Islam weit verehrt
sind, aber auch nicht eine einzige wird mehr in gutem
Stande erhalten; die oft prachtvoll skulptirten Grabsteine liegen
zerbrochen, Verfall überall wohin man blickt. An den Turbanen
auf den Grabsteinen, die weiter westlich nicht mehr Vorkommen,
erkennt man, dass das Türkenthum hier früher einen massgebenden
Einfluss ausübte. Aehnliche Friedhöfe finden sich vor allen
Thoren, ganz Tunis wird von ihnen in einem Ring eingeschnürt
und die Europäerstadt dadurch gezwungen, sich auf dem fast
im Niveau der Bahira befindlichen Schlammterrain anzusiedeln,
anstatt auf der gesunden Höhe. Aber es wird noch Jahrzehnte
dauern, bis die Franzosen es werden wagen dürfen, dem muselmännischen
Vorurtheile zu trotzen und die Todtenfelder zu bebauen.
Gleich den ersten Tag verwandten wir zu einem Ausflug
nach dem Ds c h e b e l Bou Kor ne i n, den die von Tunis nach
Hammam- e l -En f führende Bahn so bequem wie möglich
macht. Der . erste Zug geht um sechs Uhr ab, ziemlich
unnöthiger Weise, denn die Bahn ist vorläufig noeh eine Sackbahn
und der Verkehr verschwindend gering; eine Hafenanlage
:n 11 FusS' des Bou Kornein hat mit Rücksicht auf die Konzession
der italienischen Bahn unterbleiben müssen und die Fortsetzung
über die Senkung am Beginn der Halbinsel Dakhela hinüber