gehaltene Fahrwege in sich kreuzenden Serpentinen hinauf, dazwischen
schlängelten sich i zahlreiche mit Buxbaum eingefasste
Pfade und die Abhänge waren mit Epheu bedeckt;
die besten Forstbäume aller Zonen waren hier angepflaiizt
und sollten auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen das algerische
Klima geprüft werden. Wir stiegen den einen
Fahrweg hinauf,» das Thor ist längst, verschwunden, in den
Epheumassen am steilen Hang trieb sich ungestört eine tolle
Kinderschaar herum. Alles ist seit Jahren sich selbst überlassen,
die Buxhecken sind zu kleinen Bäumchen geworden, den Boden
deckt der kapische Sauerklee (Oxalis cernua), der, gelegentlich
mit anderen Pflanzen eingeschleppt, ein ebenso lästige? wie schwer
zu vertilgendes Unkraut geworden ist, von Pfädchen ist keine
Spur mehr vorhanden, und die meisten Baumarten sind aus
Mangel an Pflege zu Grunde gegangen. Das macht aber gerade
auch wieder den Garten hochinteressant; es ist ein Experiment
im grossartigsten Massstabe, aus dem man erkennen kann, was
in Algerien wirklich akklimatisirbar is t, d. h. was nach dem
Anpflanzen und kurzer Pflege sich selbst überlassen werden kann,
und was zwar dem Klima sich anpasst, aber dauernder Pflege
bedarf, also immer Luxus- und Zierbaum bleibt. Es sind wenig
genug Arten, die sich als vollständig akklimatisirt erwiesen haben.
In erster Linie Eucalyptus in mehreren Arten; die seltsamen
Früchte von E. globulus, wie verkehrte Glocken aussehend, aber
mit vierkantigem grauweissem Kelch und einer seltsam regelmässig
gezeichneten quadratischen Narbe auf der Oberseite, liegen überall
herum. Junge Exemplare habe ich 'freilich nicht gesehen, aber
das mag wohl am ungeeigneten allzu harten Boden liegen. Ueber-
haupt muss man eben noch alle Eukalyptensämlinge in Kästen
ziehen, die man mit einem Gemisch von zwei Drittel Holzerde
und einem Drittel Sand 80 Cm. hoch füllt; man sät den staubförmigen
Samen im October oder November und überdeckt ihn
2—3 Cm. hoch mit Erde; er keimt in warmer Lage in 10—12
Tagen. "Im Frühjahr pflanzt man die Sämlinge in Töpfe und
bringt sie erst in Beete, wenn sie ca. 30 Cm. hoch sind; sie erfordern
häufiges Giessen oder Bewässern. Hat man sie einmal
angepflanzt, so kann man sie rascher vermehren, denn die meisten
Arten treiben, wenn man sie abschneidet, eine Masse Wurzel-
ausschläge, die schon im zweiten Jahre Bäume von 6-—7 Meter
Höhe sind. Diese australische Baumgattung hat rasch eine ganz
ungemeine Wichtigkeit für die Mittelmeerländer erlangt, wenigstens
für die westlichen, denn im Osten will sie nicht recht gedeihen;
auf Cypern, wo ein Grossgrundbesitzer Mattei Pflanzungen im
grossen Massstab unternommen hat, sind die 1878 und 1879
angelegten Saaten nach Ohnefalsch-Richter zwar ausgezeichnet
aufgegangen, begannen aber im dritten Jahre zu kümmern und
sind bis auf ganz wenige Exemplare eingegangen. In Algerien
gedeihen sie ausgezeichnet; in der Exposition permanente befindet
sich der Stamm eines vierjährigen Eucalyptus globulus, welcher
46 Fuss lang ist; er stamnit aus den berühmten -Baumschulen
des Herrn Tr o t t i e r in Maison Carree, welche die Eukalypten
millionenweise über Algerien verbreiten. Ganz abgesehen von der
specifischen Wirkung gegen das Fieber, die man ja in neuerer
Zeit vielfach bestreitet*), ist ein Baum von solcher Schnell -
wüchsigkeit, der schon in 4—5 Jahren zum Schattenspender
heranwächst und nur Wasser, aber durchaus keinen guten Boden
verlangt, in einem an hochwachsenden, Schatten gebenden Bäumen
so armen Lande wie Nordafrika gar nicht zu überschätzen und
seine Einführung ein nicht genug anzuerkennendes Verdienst des
Akklimatisationsgartens, wo 1866 das erste Exemplar von Herrn
Ramel angepflanzt wurde. Heute stehen an der Strasse nach
Aumale meterdieke Stämme, und Herr Co i d i e r hat in seiner
berühmten Eukalyptuszüchterei bei Maison Carree 120 verschiedene
Arten, vielleicht vier Fünftel der überhaupt beschriebenen Species;
die Zahl der in ganz Algerien angepflanzten Stämme belief sich
schon 1878 über zwei Millionen. Unter ihnen herrscht Eukalyptus
globulus vor, doch sieht man auch einige andere Arten häufig
und besonders in rauheren Lagen werden mit Vorliebe die frost-
*) Es scheint in der That, als ob die fieberwidrige Wirkung, die man
zweifellos an vielen Stellen beobachtet hat; nur der raschen, üppigen Vegetation,
vielleicht der dadurch vermehrten Sauerstoffproduktion zuzuschreiben
sei; ganz ähnliche Erscheinungen hat man z. B. am Niederrhein bei ausgedehnten
Korbweidenanpflanzungen beobachtet. Neu kultivirtes Land in
wärmeren Rlirhaten wird immer von Wechselfiebern heimgesucht, die aber
von Jahr zu Jahr an Heftigkeit abnehmen; manche dem Eukalyptus zugeschriebene'
klimatische Verbesserung liesse sich somit vielleicht aus der
länger dauernden Kultur und den Entwässerungsanlage!! erklären, wie z. B.
in der Gegend von Sidi bei Abbes, wo die Haupterfolge in die Zeit vor
Einführung des Eukalyptus fallen.