von den Strapazen der Nacht aus und hatte noch an kein Anspannen
gedacht; er wäre auch gerne noch länger geblieben, denn
so gut war es ihm lange nicht geworden, der Ch’lifa behandelte
ihn, da die Mauren unter sich keinen Rangunterschied kennen,
ganz wie jeden anderen Gast auch und liess ihn jede Nacht an
seinem Tische essen. Etwa eine Stunde lang mussten wir im
Schatten der Silberpappeln uns gedulden; Si Chmais, der- seinen
Mittagsschlaf den Gästen zu Ehren unterbrochen hatte, hielt
getreulich bei uns aus und mit Hülfe Miceli’s wurde eine noth-
dürftige Unterhaltung geführt. Der Platz war belebter, als bei
unserer Ankunft ; der Ch’lifa und die wohlhabenderen unter den
Einwohnern trugen, wie die Tuniser Mauren, bunte, schön gestickte
T s c h o b a s , hemdartige Kaftane, die meisten aber gewöhnliche
Burnusse; einzeln sahen wir auch Bergkabylen, Dschebalyia, aus
den Bergen der Ousseiet, die sehnigen Arme bis zur Schulter
blos, prachtvolle Bilder wilder Kraft, die mich ungemein an die
Rifpiraten in Tetuan erinnerten. Frauen waren kaum sichtbar,
die strenge Sitte siegte über die Neugierde, eine europäische
Signora zu sehen.
Endlich kamen die Pferde aus dem benachbarten Fonduk,
wir verabschiedeten uns mit herzlichem Dank von unserem freundlichen.
Wir th und dem schönen Zaghouan und fort ging es wieder
durch den engen Bazar und zum Thore hinaus. Die Seebrise,
die bis hierher deutlich fühlbar ist, hatte sich erhoben, einige
Wolken kamen am Himmel in die Höhe und so war die Rückfahrt
äusserst angenehm. Der Kutscher nahm diesmal einen
anderen Weg, der uns an einer Quelle, A in S a f s a f geheissen,
vorbeiführte. Das Wasser war leider für uns untrinkbar, aber
ein Ziegenhirt, der seine Heerde dort weidete, schaffte uns die
erwünschte Labung. Vorsichtig molk er einer von seinen Ziegen
na,ch der anderen etwas ab, keiner soviel, dass der Herr zu Hause
etwas merken konnte, und brachte uns die zusammengestohlene
Milch in einem Schlauch, Weder der Hirt • noch der Schlauch
waren allzu appetitlich, aber die Milclf schmeckte köstlich. Von
den Ziegen waren viele fast schieferblau, eine Färbung, die ich
noch nie bei Ziegen gesehen; sonst sind sie in Tunis meist rehbraun
und haben, wie die nach einer Skizze des Malers Lenz
ausgeführte charakteristische Figur zeigt, Hörner fast wie die
unseren,- nicht schraubenförmig gewundene, wie in Sicilien.
Fig. 10.
Weiterhin sahen wir zum erstenmal einen förmlichen Wald
von Arar (Callitris quadrivalvis cfr. p. 175), aber es waren lauter
dünne junge Stämmchen, aus denen man keine Citrustische hätte
machen können; weiter südlich sollen sie häufiger und stärker
sein. Auch eine Clematis, welche die Pistazienbüsche mit ihren
Blüthenmassen überwucherte, begegnete uns hier zum erstenmal.
Das Brachfeld wimmelte von Heuschrecken; wir mussten die Schirme
Vorhalten, denn die aufgeschreckten Thiere flogen uns alle Augenblicke
ins Gesicht. In Mohammedia konnten wir uns an köstlicher
Citronenlimonade erlaben, neidisch betrachtet von den Eingeborenen,
die in der sengenden Hitze noch eine Stunde warten mussten.
Dann ging es im schärfsten Trab weiter, und als der Abendschuss
von der Kasbah in Tunis fiel, tranken unsere Pferde gerade aus
dem Brunnen am Thore Bab el-Zira.
Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Die Tunise r.
Es war gerade keine freudige Botschaft, mit der unsere
Freunde in Tunis uns empfingen. Die Hoffnung, mit einer kurzen
Quarantäne in Trapani uns den Eintritt nach Sicilien erkaufen
zu können, war vereitelt; Sicilien, dessen Bevölkerung das blose
Wort Cholera wahnsinnig zu machen scheint, hatte sich ahgesperrt,
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