denken, dass die Wälder im Süden, vorab die auf Kalkboden,
nicht entfernt die Wichtigkeit für die Regulirung des Wasserabflusses
haben, wie in unseren heimathlichen Bergen. In diesen
ist es in erster Linie die humose Bodendecke mit ihrem dichten
Moosteppich, welche 'äas Regenwasser aufsaugt wie ein Schwamm
und nur langsam wieder von sich gibt; die Bäume kommen nur
insofern in Betracht, als sie den Boden beschatten und die Bildung
der Bodendecke erleichtern. Im Süden finden sich Moose
und Flechten nur an wenigen Punkten, die genügend hoch und
dem feuchten Seewind ausgesetzt sind, und auch da bilden sie
nur selten dicke Polster; weitaus in den meisten Hochwäldern,
Eichen wie Strandkiefern, stehen die Bäume auf dem nackten
felsigen Boden und das Regenwasser schiesst eben so rasch ab wie
vom unbewaldeten Boden; ja die Buschwälder halten das Wasser
jedenfalls mehr zurück und sind in dieser Beziehung vielleicht
wichtiger als hochstämmige Forsten. In allen Mittelmeerländern
wäre ein sorgsames Aufspeichern der niederstürzenden Regen-
fluthen, die Anlage von Barragen, nicht blos von solchen grossartigen
Bauten; wie man sie eben hie und da macht und deren
Gefährlichkeit rasch hintereinander die Katastrophen von Perre-
gaux und am Sig so furchtbar deutlich gezeigt haben, sondern
auch von kleineren, die aus manchem werthlosen Ravin ohne grosse
Kosten ein Wasserreservoir schaffen könnten, vielleicht wichtiger,
als mühsame Aufforstungen.
Jedenfalls dürfen solche Fehler, wie sie früher in den alge-
rischen Forsten gemacht worden sind, nicht wiederholt werden.
Ein Erlass des Generalgouverneurs vom 12. Juni 1879 ermächtigte
die Forstbeamten, Lichtungen im Domanialwald zu 25 Centimes
den Hektar an Eingeborene zu verpachten. Nach einem Bericht
der Revue yeographique internationale *), die sich sehr viel mit
den algerischen Zuständen beschäftigt, fanden sich in einem Forstbezirk
nach den offiziellen Berichten in 1879 nur 40 solcher
Blössen, in 1880 bereits 60,- in 1881 aber 270. Eine solche
Waldverwüstung muss natürlich von schlimmen Folgen begleitet sein.
Vor allen Dingen wäre es aber nöthig, den Privaten .und
Gesellschaften, denen man grosse Walddistrikte zur Ausbeutung
überwiesen hat, schärfer auf die Finger zu sehen. Besonders vertg
1882 p. 222.
derblich für den Hochwald erwiesen sich die Eisenbahnen und
ihr Schwellenbedarf, zu dessen Deckung man fast ausschliesslich
dieZenn-Eicbe (Quercus MirbecM) verwendet. Die Gesellschaft Paris-
Lyon-Mediterranee deckt ihren Bedarf aus dem Edough bei Bone,
der ihr dazu fast in seiner ganzen Ausdehnung als Konzession überwiesen
ist; man hat es, da das Holz nichts kostet, für unnothig
gehalten, die Schwellen zu imprägniren, sie müssen nach kaum
achtjähriger Dauer ausgewechselt werden, und so sind die für
unerschöpflich gehaltenen Wälder heute schon nicht mehr im
Stande, die jährlich nöthigen 10 000 Schwellen zu liefern, und
man muss sie in den schwerer zugänglichen Forsten der kleinen
Kabylie suchen. Aehnlich wird trotz aller Gesetze in den meisten
Waldkonzessionen gewirthschäftet, selbst in den Korkeichenwäldern
soll man sich hier und da nicht scheuen, Raubbau der schlimmsten
Sorte zu treiben, unbekümmert darum, dass man so die Henne
todtschlägt, welche goldene Eier legt. Eine Besserung ist leider
bei der Machtstellung, welche die Aktiengesellschaften und das
an ihnen betheiligte Grosskapital heute einnehmen, so bald nicht
zu erwarten. Auch wäre dafür ein besonderes Gesetz nöthig, denn
der Kaiser Napoleon III. hat noch 1870 den Konzessionären ihre
Wälder, die sonst nach 90 Jahren dem Staate zurückgefallen wären,
gegen einen geringen, in zwanzig Jahresraten von 1880 an zu
zahlenden Preis (60 Fcs. der Hektar, wobei noch ein Drittel der
Oberfläche und alle Brandstellen nicht berechnet wurden) als
freies Eigenthum überlassen!
Achtes Kapitel.
A lgier u n d seine Bewohner.
Zwischen den in den vorstehenden Kapiteln geschilderten
Exkursionen hatten wir immer wieder ein paar Tage in Algier
verbummelt und so nach und nach die Stadt und das Treiben in
derselben einigermassen kennen gelernt. Hatten wir den Vormittag
über eifrig an der Ausbeute geputzt und gesichtet, so
sassen wir den Nachmittag meistens vor der Taverne Gruber, dem
besten Bierlokale Algiers, und Hessen die Blicke über das reizende
Küstenpanorama schweifen oder betrachteten uns die vorüberwandelnde
bunte Menge und bemühten uns, die fremdartigen Erscheinungen
richtig klassifiziren zu lernen. Der Sitz kam uns