Gebiete noch eine ackerbauende Bevölkerung von Mauren und
Berbern- ernährten. Die Bahn beginnt sich nun rasch zu senken,
einem Zufluss des Ouëd Scher f entlang, der eben ein unbedeutender
Bach ist, aber vor einigen Jahren einmal in Folge eines
Wolkenbruches furchtbare Verheerungen anrichtete. Durch eine
enge Schlucht im dichten Oliven wald gelangen wir in ein gewundenes
Thal, und nun erhebt sich vor uns die gewaltige Kalkmasse
des vielgipfeligen Ds c h e b e l Thaya, dem wir auch einen Besuch
zugedacht haben ; wir passiren die gleichnamige Station, dann noch
eine kurze Strecke und wir sind am Ziele. Es hatte sich mittlerweile
ein schweres Wetter zusammengezogen, es donnerte' und
blitzte und einzelne Regentropfen fielen, aber das miserabele
Wägelchen, das als Badeomnibus fungirt, brachte uns noch trocken
nach dem eine Viertelstunde entfernten Badeetablissement von
Hammam Meskhout in. —
Es gibt wenig so eigenthümliche und interessante Punkte
auf der Welt wie dieses-»Bad der Verfluchten«. Zwar in landschaftlicher,
Beziehung gibt es schönere Gegenden, als die flache,
grüne, von wenig bedeutenden Höhenzügen eingefasste Mulde,
welche sich nach Osten hin in die Ebene von Guelma verflacht
und nur nach Westen hin durch die über niedere Vorberge herüberblickenden
Kämme des Thaya einen etwas grossartigeren Zug erhält.
Aber in unendlichen Massen sprudelt hier kochendheisses Wässer
aus der Erde , so dass ein Theil einer einzigen Quelle für alle
Badebedürfnisae hinreicht und der ganze Rest einen warmen Bach
bildet, der noch bis weit hinab und selbst noch nach seiner Einmündung
in den Ouëd bou Hamdan an den ihn begleitenden
Dampfwolken zu erkennen ist. Die Hauptquelle hat 98° C., was
bei der Höhenlage dem Siedepunkt ziemlich genau „entsprechen
wird. Sie entspringt auf einem kleinen Plateau, das aus ihrem'
eignen Absatz entstanden, zusammen mit einigen anderen, deren
Wässer über den Hang hinunterfliesst und beim Erkalten einen
Travertin ausscheidet, welcher den bekannten steinernen Wasserfall
bildet. Ein Theil des Abhanges ist glänzend weiss, ein anderer
erscheint gelblich, weil die Araber der Umgegend ihren Flachs
daran rösten. Am Fusse schieben sich die Ablagerungen in den
vorbeifliessenden Ouëd Chedakr a hinein vor und bilden hier
die sonderbarsten Gestalten. Die Ablagerungen erfolgen ziemlich
schnell; Tchihatcheff gibt an, dass sie jährlich 60 ctm bis 1 m
weit vorrückten, doch ist das unmöglich richtig; da die ganze Ablagerung
von der Ausmündung der Hauptquelle bis zum Bach
keine 20 m. mächtig ist. Freilich mag . die Hauptquelle früher
an einer anderen Stelle entsprungen sein, aber seit die Franzosen
diese Gegend occupiren, hat sie doch ihre Lage nicht geändert,
und da müsste bei einer so reissend schnellen Zunahme längst der
Bach aufgedämmt oder überbrückt sein. Dass die Quellen nicht,
selten ihren Ausbruchspunkt verlegen, kann man überall beobachten.
Rings um die grosse Kaskade, in ganz besonderer Häufigkeit ayf
dem etwas tiefer gelegenen Plateau, wo sich die Militärbadeanstalt
befindet, stehen kegelförmige Felsen, bald isolirt, bald ein
paar zusammen, bald verschmolzen zu unregelmässigen Gestalten.
Sie sind aus einem ganz ähnlichen Kalksteine, gebildet, wie der,
den die Hauptquelle absetzt, und an den besser erhaltenen kann
man noch oben eine becherartige' Vertiefung sehen, aus der
früher das kochende Wasser sprudelte. Manche von ihnen sind
fünf Meter und darüber hoch, aber man kann alle Zwischenstufen
nachweisen zwischen ihn'en und den flachen Buckeln, aus deren
Spitze heute noch das- Wasser fliesst. Ihre Bildung ist die natürliche
Folge des physikalischen Gesetzes, dass kochendes Wasser
mehr feste Bestandtheile aufgelöst enthalten kann, als schon ab-
gekühltes. Sobald das hervorsprudelnde Wasser den Boden berührt
, wird es abgekühlt und lässt einen Theil der, in ihm aufgelösten
Bestandtheile fallen, und so bildet sich um die Quellöflnung
erst ein Ring, dann ein Kegel, der immer höher wird, bis endlich
das Wasser nicht mehr Kraft genug hat,'seinen Rand zu übersteigen
und sich an einer anderen Stelle einen Ausweg suchen
muss. Ueber hundert solcher Kegel stehen umher und sie bieten
namentlich Abends Im Dämmerlicht und umzogen von den Rauch-,
wolken der Kaskade einen so gespenstigen Anblick , dass man es
nur ganz natürlich findet, wenn die Araber eine grausige Legende
an sie geknüpft haben.
Einst war , so meldet die Sage, das Becken von Hammam
Meskhoutin eine Ebene von wunderbarer Fruchtbarkeit, bewohnt
von einem Araberstamme, dessen Kaid der reichste und mächtigste
Mann im ganzen Lande war. Er hatte eine Schwester von grösser
Schönheit, und da er sie keinem anderen Manne gönnte, beschloss
er, göttlichen und menschlischen Gesetzen entgegen, sie zu seiner
-eigenen Frau zu machen. Umsonst widersprachen die Frommen