liehen Kaffee, aus Kaffeebohnen bereitet; in Algerien war uns
dieser Genuss selbst in arabischen Cafés nie zu Theil geworden.
Eine Anzahl Araber lungerten auf den gemauerten Bänken umher
; einer lag, den Burnus über den Kopf gezogen, schlafend da
und glich so ganz einem Sack, dass wir gern eine Anekdote glaubten,
, die uns als vor einiger Zeit hier vorgefallen erzählt wurde. Ein
paar junge Deutsche, die Tunis flüchtig besuchen, werden auch
hier herausgeführt und einer schlägt, ohne Arges dabei zu denken,
recht derb auf ein solches Packet, das zu seinem Schrecken plötzlich
Leben gewinnt und ihn wüthend angreift. Voller Entsetzen
springt er zurück und wirft dabei noch einen Tisch voll Tassen
um. Zum Glück sind die Zustände in Tunis schon hübsch civi-
lisirt; früher hätte ein Christ, der einen Muselmann geschlagen,
sterben müssen, so aber gelang es seinen Begleitern, durch ein
paar Douros die Sache beizulegen, aber der Tourist reiste doch
schleunigst ab und soll sich vorgenommen haben in Zukunft in
mohamedanischen Städten vorsichtiger mit seinem Stock umzugehen.
Marsa liegt in éiner kleinen Einsenkung, welche das Gebiet
von Ka r th a g o von den Höhen des Kap Kama r t trennt. Die
alte Stadt scheint nie bis hierher gereicht zu haben, wenigstens
sind Spuren nicht mehr vorhanden; Landhäuser haben wohl aber
auch hier gestanden und die ganze Mulde nebst der Höhe von
Kamart hat zu der befestigten Position gehört, welche durch die
Ebene zwischen der Bahira und dem Salzsee von den Hügeln des
Binnenlandes völlig getrennt ist, denn anderenfalls hätte die Stadt
von hier aus mit Erfolg angegriffen werden können. Die Ruinen,
denen wir am anderen Tage unseren Besuch abstatteten, liegen
nur eine halbe Stunde von la Goletta entfernt auf zwei Hügeln
dicht am Meer. Einer von diesen erhöhten Punkten trägt die
Kapelle des heiligen Ludwig, der andere das heilige Städtchen
Sidi bou Said; nach der gewöhnlichen Annahme entspricht der
erstere der Byr sa, der Akropolis Altkarthagos, aber ich muss,
gestehen, dass mir, wenn ich das ganze Gebiet von Karthago
überschaue und mir die Anlage anderer Stadtburgen in Phönizierstädten
vergegenwärtige, die Ansicht von Davis wahrscheinlicher
erscheint, der die Byrsa in Sidi bou Said sucht. Aus den heute
vorhandenen Trümmern lässt sich das kaum entscheiden; die so
lange geknechteten und ausgebeuteten Ureinwohner haben als
Scipio Af r i c an us nach der Eroberung ihnen freie Hand liess,
reine Arbeit gemacht und wenii von dem punischen Karthago
etwas übrig geblieben ist, so liegt es so tief unter den Trümmermassen
der Römerstadt verborgen, dass die seitherigen Ausgrabungen
noch nichts davon ans Licht gebracht haben. Der
Hügel von St. Louis macht heute noch, wo er durch alle möglichen
Schuttmassen, durch Gewölbe und Mauerreste erhöht ist,
durchaus nicht den Eindruck eines zur Vertheidigung geeigneten
Burgberges und ist eigentlich auch zu klein, um eine der Stadt
würdige Burg zu tragen. Doch das ist eine Frage, die ich
den Archäologen üb,erlassen kann; eine Entscheidung wird sich
schwerlich treffen lassen, denn dazu müsste man den ganzen Hügel
bis aufs anstehende Gestein abräumen und das geht jetzt nicht
mehr. Neben die bescheidene Kapelle des heiligen-Ludwig,
die aber an der falschen Stelle steht, denn die Eranzosen haben,
als er starb, diesen Hügel sicher nicht in Händen gehabt hat
nämlich der Kardinal Lavigerie ein kolossales Seminar gebaut,
welches das Zentrum des Katholizismus in Nordafrika, der Sitz des
neuen Patriarchen von Karthago und Primas von Afrika werden soll.
Gleichzeitig hat er in weitem Umfange das eben wenig werthvolle
Land erworben und mit Oelbâumën und Reben bepflanzt und so
in wunderbarer Lage eine Domaine geschaffen, die einmal von
grösser Wichtigkeit werden, wird. Auch die früher halbverfallene
Kapelle ist restaurirt und für das von Abbé Bo u r gade begründete
kleine Museum sind bessere Zeiten angebrochen.
Die wenigen Reste der einst so glänzenden Stadt sind ott
genug beschrieben worden ; es sind ein paar gut erhaltene, wahr-
scheinlich römische Cisternenanlagen, und Mauerreste aus Backsteinen,
deren Abbruch nicht gelohnt haben würde, weil die
Steine sich nicht wieder verwenden ■ liessen. Sonst ist die Zerstörung
ein* so volltändige, wie ich sie nur noch einmal, auf
der Stätte des alten Syracus, gesehen. Wie diese, so hat auch
Karthago Jahrhunderte lang als Steinbruch dienen müssen. Die
Vandalen hatten nur die Mauern gebrochen, aber die Stadt, die
ja ihre Königsstadt wurde, nicht beschädigt; die Araber haben
wohl ärger gehaust, aber die Hauptmonumente standen noch fast
unversehrt, als Abu Ob e ïd Be k r i im elften Jahrhundert die
Stadt besuchte. Auch E d r i s i sah hundertundfünfzig Ja.hre
später die Tempel, das Theater und Amphitheater und die Häfen