Eine schmale, ‘wenige Minuten breite Ebene, die sich zu den
weniger steil abfallenden ' Hügeln des linken Ufers zog, war mit
halbkugeligen Salbeibüschen so regelmässig besetzt, dass sie wie
eine Wiese zurZeit derHeuerndte aussah. Von Scheliff war keine
Spur zu sehen, er hat sich sein schmales Bett so tief und mit
so senkrechten Rändern in die Thalsohle eingefressen, dass man
es erst bemerkt, wenn man dicht daran steht und im Vorüber-
fahren wahrhaftig nicht auf den Gedanken kommt, dass hier der
Hauptstrom Algeriens sich seinen Weg vom Hochplateau in die
Ebene hinab gebahnt hat.
Endlich beim Umbiegen um eine Ecke erscheinen Häuser
vor uns und gleich darauf auf der Höhe ein Städtchen, Nbei dessen
Anblick man sich nach Italien versetzt Og lauben könnte,7 so • enoggeschlossen
hängt die weisse Häusermasse oben auf dem Hügelrücken.
Das ist Bo u khr a r i , oder, wie es gewöhnlich- genannt
wird, Bog ha r i . Hier haben erst 1829 eine Anzahl Bewohner
der Oase Laghouat, die Nebenbuhler der Mozabiten, einen Stützpunkt
für ihre Handelsgeschäfte mit dem Teil gegründet und das
neue Städtchen, das ganz in der Weise der saharischen Eestungs-
städte (Ksors) erbaut ist, einem Marabut, der an der Gründung
theil nahm, zu Ehren benannt. Da es ihnen in erster Linie um
die Sicherheit galt, siedelten sie sich etwa 200 m über der Thalsohle
an, aber seit die Franzosen die Citadelle Abd el Kaders auf der
gegenüberliegenden Höhe dauernd besetzt haben, ist auch unten
im Thal eine Europäerstadt entstanden, für deren Gedeihen der
berühmte Montagsmarkt, der bedeutendste in Algerien, die Grundlage
abgibt. Da er von zahlreichen fremden Händlern selbst aus
Europa besucht wird, ist an Hôtels kein Mangel und wenn sie
auch nur einstöckig und nicht allzu komfortabel eingerichtet sind,
ist die Verpflegung doch recht leidlich und wir waren in unserem
Hôtel du Midi sehr gut aufgehoben.
Nach kurzer Rast gingen wir hinaus, die Umgebung zu besehen.
Unser Hôtel lag am Ende des Dorfes nach Laghouat zu,
in geringer Entfernung sprang ein Felssporn vor, von dem die
Strasse einen spitzen.Hügel abschneidet. Diesen wollten wir besteigen,
aber alsbald kam uns ein Junge nachgelaufen und machte
uns darauf aufmerksam, dass die wüste mit Sandsteinbrocken unregelmässig
bedeckte Fläche ein arabischer Friedhof sei; wir
hatten die unscheinbaren Gräber gar nicht bemerkt. Der Boden
war fast ohne jede Vegetation, obwohl es, in diesem Jahre an
Regen nicht gefehlt hatte. In der Thalebene sah man noch die
unverkennbaren Spuren einer Ueberschwemmung, die in jüngster
Zeit stattgefunden haben mussté, denn der Boden war kaum getrocknet.
Trotzdem hatte der Scheliff nur ganz wenig Wasser.
Wir hörten nachher, dass ein paar Tage vor unserer Ankunft
ein schwerer wolkenbruchartiger Regen gefallen war, der die
Og anze Ebene unter Wasser ogesetzt hatte. Ein Glück, dass wir
damals nicht da waren, denn der schwere Lehmboden muss sich
dann äusserst anhänglich erweisen und ganz unpassirbar sein.
Der Scheliff fliesst in einem mindestens 40' tief senkrecht eingefressenen
Bett und es hat tüchtige Arbeit gekostet, die Fundamente
der neuen Gitterbrücke, welche nach Boghar hinüberführt,
vor Unterspülung zu schützen. Drüben dehnte sich schlechtes
Brachfeld, — die Kolonisten in Boghar scheinen sich kaum mit
Ackerbau zu beschäftigen, — nur hier und da war etwas Gerste
gepflanzt. Wir strebten dem Abhang zu, dessen eigenthümliche
i Formation wir unswon drüben aus nicht erklären konnten. Lange
schmale Felsrücken, nach beiden Seiten steil abfallend, zogen
sich stundenweit an dem Hang hin, redende Zeugen der Gewalt,
mit der die Erosion hier gewüthet. Es sind Bänke festeren Gesteins,
die im sandigen zerreiblichen Mergel lagen und der Verwitterung
Widerstand geleistet haben, während die Umgebung
auf 40—50' Tiefe hinweggefressen wurde. Sie sind also den sogenannten
»Zeugen« der Sahara völlig gleichwerthig. Diese
Wälle drücken der ganzen Umgebung von Boghar ihren Stempel
auf und beweisen, dass diese tiefe Einsenkung erst in relativ
neuerer Zeit sich gebildet haben muss, d. h. das »neuere« natürlich
in geologischem Sinne genommen, also innerhalb der gegenwärtigen
Weltepoche. Ich fand ganz analoge Bildungen später
auch an einer zweiten Stelle, welche der Einsenkung von Boghar
in vieler Beziehung ähnelt, auf der Ebene zwischen dem Zedernpik
und den Aurés, wo Batna liegt.
Die sinkende Sonne trieb uns bald nach Hause, aber die
Ausbeute war reich genug gewesen, um uns am anderen Tage
noch einmal hinüber an die Felsen zu locken. Leider wollte es
mir absolut nicht gelingen eine Versteinerung aufzufinden, welche
mir einen Anhalt zur Bestimmung des Alters dieser Schichten
geboten hätte. Die petrographische Beschaffenheit war eine sehr